BGH: Abmahnung nach Schubladenverfügung für den Verletzer kostenlos

Der BGH hat mit Urteil vom 07.10.2009, I ZR 216/07, entschieden, dass es für eine Abmahnung, die erst nach Erlass einer Verbotsverfügung ausgesprochen wird, keinen Aufwendungsersatzanspruch gibt. Für den Gläubiger, der eine Schubladenverfügung erwirkt, steigt das Kostenrisiko damit erheblich.

Aus § 12 Abs. 1 UWG könne die Erstattung der Abmahnkosten nur dann verlangt werden, wenn die Abmahnung vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens ausgesprochen werde. Dies ergebe sich aus dessen Wortlaut, Zweck und Entstehungsgeschichte insbesondere in Bezug auf die Geschäftsführung ohne Auftrag, bei der es darauf ankommt, dass eine Abmahnung im Interesse des Schuldners liegt. Dieses Interesse besteht nach Ansicht des BGH für den Abgemahnten nicht:

Zwar erhält der Schuldner auch durch die nachgeschaltete Abmahnung Gelegenheit, eine den Streit beilegende Unterwerfungserklärung abzugeben. Diese Möglichkeit stünde ihm aber auch offen, wenn ihm die Verbotsverfügung sogleich zugestellt würde. Entscheidend sei, dass der Schuldner den Rechtsstreit im Falle der nachgeschalteten Abmahnung durch eine Unterwerfungserklärung nicht mehr vermeiden kann.

Zweck der Abmahnung ist es, dem Schuldner, der sich nicht streitig stellt, eine Möglichkeit zu geben, den Streit kostengünstig beizulegen. Die nachgeschaltete Abmahnung vermittelt eine solche kostengünstige Möglichkeit nicht. Ist bereits eine einstweilige Verfügung gegen den Schuldner erlassen worden, ist es für den Schuldner am kostengünstigsten, wenn ihm die Verfügung zugestellt wird und er gegen diese Verfügung Kostenwiderspruch einlegt oder eine Unterwerfungserklärung abgibt. Ein auf die Kosten beschränkter Widerspruch des Schuldners hat in der Regel zur Folge, dass die für den Erlass der Verbotsverfügung entstandenen Kosten nach § 93 ZPO vom Gläubiger zu tragen sind. Denn der Schuldner eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs, der vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens nicht abgemahnt wurde, wird grundsätzlich so behandelt, als habe er keine Veranlassung zur Klage gegeben.

Unabhängig davon, wie der Schuldner reagiert, liegt die nach Erlass der Beschlussverfügung ausgesprochene Abmahnung nicht in seinem Interesse.

Die Schubladenverfügung wird in der Regel aus taktischen Gründen erwirkt: Der Gläubiger lässt, ohne dass der Schuldner davon etwas erfährt, seinen Anspruch gerichtlich prüfen und hat bei Erlass die Gewissheit, dass er seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen kann. Die Abmahnung erfolgt dann nur noch, um Kosten zu vermeiden. Bornkamm – ähnlich Teplitzky – hält dies für eine Unsitte, da dem Schuldner mangels Abmahnung kein rechtliches Gehör gewährt werde.

Der Schuldner kann nach der Abmahnung durch Abgabe einer Unterlassungserklärung erreichen, dass der Gläubiger auf den gesamten Kosten des Verfügungsverfahrens sitzen bleibt.  Nach dem Urteil des BGH gibt es nun für den Gläubiger zwei unwillkommene Szenarien: Mahnt er nach einer Schubladenverfügung ab, bekommt er die Kosten der Abmahnung unabhängig von der Reaktion des Schuldners keinesfalls erstattet. Mahnt er nicht ab, droht ihm, durch ein sofortiges Anerkenntnis des Gegners die Kosten des Verfügungsverfahrens tragen zu müssen.

Eine Schubladenverfügung ist damit aufgrund des enormen Kostenrisikos nur in sehr speziellen Konstellationen zu erwägen. Wer erst einmal abmahnt, ist auf der sicheren Seite (ca). Zum Urteil

Die mobile Version verlassen