Der für das Presserecht zuständige VI. Zivilsenat des BGH hat laut einer Pressemitteilung vom 21.06.2011 entschieden, dass die ehemalige Sprecherin der Tagesschau, Eva Hermann, durch eine von ihr als rechtsverletzend wahrgenommene Berichterstattung des „Hamburger Abendblatts“ vom 07.09.2007 entgegen der überwiegenden Ansicht der Vorinstanzen gerade nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt ist.
Was zuvor geschehen war
Eva Hermann hatte als Autorin das umstrittene Buch „Das Prinzip Arche Noah – warum wir die Familie retten müssen“ veröffentlicht. In einer diesbezüglichen Pressekonferenz äußerte sich Frau Hermann wie folgt:
„Wir müssen den Familien Entlastung und nicht Belastung zumuten und müssen auch ´ne Gerechtigkeit schaffen zwischen kinderlosen und kinderreichen Familien. Wir müssen vor allem das Bild der Mutter in Deutschland auch wieder wertschätzen, das leider ja mit dem Nationalsozialismus und der darauf folgenden 68er-Bewegung abgeschafft wurde. Mit den 68ern wurde damals praktisch alles das – alles was wir an Werten hatten – es war ´ne grausame Zeit, das war ein völlig durchgeknallter hochgefährlicher Politiker, der das deutsche Volk ins Verderben geführt hat, das wissen wir alle – aber es ist eben auch das, was gut war – das sind die Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft. Es durfte nichts mehr stehen bleiben.“
Das „Hamburger Abendblatt“ nahm diese Äußerungen am darauf folgenden Tag zum Anlass, u. a. wie folgt zu berichten:
„Das Prinzip Arche Noah“ sei wieder ein „Plädoyer für eine neue Familienkultur, die zurückstrahlen kann auf die Gesellschaft“, heißt der Klappentext.“ Die Autorin, „die übrigens in vierter Ehe verheiratet ist, will auch schon festgestellt haben, dass die Frauen „im Begriff sind, aufzuwachen“, dass sie Arbeit und Karriere nicht mehr unter dem Aspekt der Selbstverwirklichung betrachten, sondern unter dem der „Existenzsicherung“. Und dafür haben sie ja den Mann, der „kraftvoll“ zu ihnen steht. In diesem Zusammenhang machte die Autorin einen Schlenker zum Dritten Reich. Da sei vieles sehr schlecht gewesen, zum Beispiel Adolf Hitler, aber einiges eben auch sehr gut. Zum Beispiel die Wertschätzung der Mutter. Die hätten die 68er abgeschafft, und deshalb habe man nun den gesellschaftlichen Salat. Kurz danach war diese Buchvorstellung Gott sei Dank zu Ende.“
Frau Hermann fühlte sich durch diese Berichterstattung falsch zitiert und schwerwiegend in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Sie verklagte das „Hamburger Abendblatt“ auf Unterlassung, Richtigstellung und auf Zahlung einer Geldentschädigung.
Die Vorinstanzen, das Landgericht Köln (LG Köln – Urteil vom 14. Januar 2009 – 28 O 511/08) und auch das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln – Urteil vom 28. Juli 2009 – 15 U 37/09) gaben Frau Hermann weitestgehend Recht und gingen dementsprechend von einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch die Berichterstattung aus.
Berichterstattung war zulässig
Der BGH hat nunmehr mit Urteil vom 21.06.2011 (BGH – Urteil vom 21. Juni 2011 – VI ZR 262/09, noch nicht veröffentlicht) diesen Prozess mit einem kräftigen und donnernden Faustschlag auf den Tisch beendet. Neben der Tatsache, dass er die Rechtsprechung der beiden Vorinstanzen mit Nachdruck korrigiert hat, hat er insbesondere Frau Hermann und ihrem Anliegen einen massiven Riegel vorgeschoben.
Der BGH führt in seinem Urteil aus, dass es zwar grundsätzlich zutreffe, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht am eigenen Wort umfasse und den Einzelnen davor schütze , dass ihm Äußerungen zugeschrieben werden, die er nicht getan hat und die seine Privatsphäre oder den von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen. Den Spannungsbogen weiter ziehend, fährt der BGH fort, dass der grundrechtliche Schutz dabei nicht nur gegenüber Fehlzitaten wirke, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung.
Nach Aufzeigen dieser presserechtlichen Grundsätze, auf welche sich Frau Hermann berufen wollte, setzt der BGH zu einem „Finale Furioso“ in der Form einer schallenden Backpfeife für Frau Hermann an:
„Die Beklagte [das „Hamburger Abendblatt“] hat die Äußerung der Klägerin [Eva Hermann] aber weder unrichtig noch verfälscht oder entstellt wiedergegeben. Die Äußerung lässt im Gesamtzusammenhang betrachtet gemessen an Wortwahl, Kontext der Gedankenführung und Stoßrichtung nur die Deutung zu, die die Beklagte [das „Hamburger Abendblatt“] ihr beigemessen hat.“
Ein deutlicherer richterlicher Hinweis als in dieser Form ist schwer vorstellbar. Durch das vorherige Aufzeigen der Grundsätze des an und für sich starken Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, durch das Frau Hermann ihr Vorgehen gegen das „Hamburger Abendblatt“ gestützt sah, und die nachfolgende Entscheidung, dass Frau Hermann aufgrund ihrer äußerst umstrittenen, vorherigen Aussagen durch die Berichterstattung des „Hamburger Abendblatt“ gerade nicht falsch, entstellt oder auch nur verfälscht wiedergegeben wurde, zeigt der BGH mit Nachdruck auf, dass Frau Hermann – aufgrund ihres eigenen, vorherigen Verhaltens – eine solche Berichterstattung ertragen muss.
Vereinfacht ausgedrückt: Wer sich wie Frau Hermann in der Öffentlichkeit äußert, darf sich nachher auch nicht wundern und schon gar nicht beschweren, wenn entsprechend über ihn berichtet wird. Da helfen auch alle Vorgaben der Rechtsprechung zum Persönlichkeitsrechtsschutz nicht mehr. Schön, dass es den BGH gibt. (ha)