Brandeinsonline hat im Dezember 2011 ein lesenswertes Interview mit dem Rechtswissenschaftler Karl-Nikolaus Peifer über die Überforderung des Rechts, das Unwesen von Abmahnungen und die kleine Münze geführt.
Den Ausführungen Herrn Peifers ist aus meiner Sicht nicht viel hinzuzufügen. Er legt unaufgeregt und ohne moralischen Zeigefinger zutreffend dar, dass die Rechtswirklichkeit sich von der Rechtstheorie im Urheberrecht mittlerweile soweit entfernt hat, dass beide nicht mehr zueinander passen.
Rechtstheorie und -praxis passen nicht mehr zueinander
Sehr schön finde ich vor allem, wie Herr Peifer anhand der Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Urheberrechts erklärt, weshalb die aktuelle Situation soviel Konfliktpotenzial birgt. Früher hatten “ normale“ Menschen mit dem Urheberrecht schlicht gar nichts zu tun während heutzutage im Internet sogar Kinder täglich gröbste Verstöße gegen das Urheberrecht begehen. Herr Pfeiffer zeigt aber auch auf, weshalb die Diskussion darüber, ob der massenhafte Downloads von Musik und Filmen überhaupt einen messbaren Schaden bei den Rechteinhabern auslöst, rechtlich völlig irrelevant ist.
Können Juristen nicht mehr vermitteln?
Allein eine kleine Ungenauigkeit stört mich ein wenig. Diese kann aber auch bei der Fertigung des Interviews entstanden sein. Herr Peifer sagt unter anderem das Folgende:
„Denken Sie an die Abmahnungen der Musikindustrie, verbunden mit Gebühren von oft rund 1000 Euro für den einmaligen Download von Dateien. Das können wir als Juristen nicht mehr vermitteln.“
Daran stört mich erstens, dass diese Aussage schlicht falsch ist. Denn Tauschbörsennutzer werden nicht für den Download, sondern wegen der Tatsache abgemahnt, dass in peer-to-peer-Netzwerken mit dem Download auch gleichzeitig ein Upload und damit eine nicht mehr kontrollierbare Verbreitung bzw. Vervielfältigung des geschützten Werks einhergeht.
Eine kleine Ungenauigkeit einem Interview wäre aber natürlich nicht das Problem. Vielmehr stört mich daher, dass diese Aussage von einem der renommiertesten Urheberrechtler in Deutschland stammt, der damit eine falsche Vorstellung vieler Leute perpetuiert, die daraus aus ihrer Sicht konsequenterweise den Schluss herleiten, dass das entsprechende Vorgehen der Rechteinhaber völlig überzogen sei.
An dieser Stelle hätte Herr Peifer zur Lösung des von ihm dargestellten Problems, dass die Menschen die Regelungen des Urheberrechts schlicht nicht mehr nachvollziehen können, selbst beitragen und die tatsächlichen Vorgänge insbesondere bei der Nutzung von Tauschbörsen erläutern können.
Ich gehe nämlich davon aus, dass viele Menschen die Rechteinhaber viel besser verstehen könnten, wenn sie die Tragweite der verfolgten Rechtsverletzungen in tatsächlicher Hinsicht besser einschätzen könnten und nicht unter anderem von der Politik immer wieder gesagt bekämen, dass „Massenabmahnungswellen“ wegen Nichtigkeiten durchs Land brandeten.
Der Satz: „Das können wir als Juristen nicht mehr vermitteln“ stimmt daher meines Erachtens auch nicht. Jedenfalls dann, wenn man es noch nicht einmal versucht.