Den Namen eines Unternehmens mit dem Wort „bankrott“ zu verknüpfen, kann eine zulässige Meinungsäußerung darstellen. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt) im Fall von Googles Autocomplete-Funktion entschieden (OLG Frankfurt, Urteil vom 20.04.2023, Az. 16 U 10/22).
Ein Unternehmen wollte bei Google ausgelistet und aus der Suchwortvervollständigung mit dem Namen „Autocomplete“ entfernt werden. Suchte man auf Google nach dem Vor- und Nachnamen des Klägers, gelangte man auf eine Webseite, auf der es unter anderem hieß, dass der Kläger ‚auf dem Gebiet des Innenausbaus von Luxushotels tätig‘ sei. Weiter hieß es dort, man habe ein Mandat gegen die Firma und habe feststellen müssen, dass diese „bankrott“ sei. Hintergrund war: Die Steuerfahndung hatte Ermittlungen gegen das deutsche Büro der Unternehmensgruppe des Klägers, eine Hotel-GmbH, eingeleitet. Grund war der Verdacht, Gewinne würden aus dem deutschen Büro unversteuert in eine chinesische Stadt verschoben. Die Betriebskonten der Gesellschaft wurden gesperrt. Die Geschäftsführung stellte einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Erfolgloser Versuch der Auslistung
Das OLG Frankfurt entschied, dass die Verknüpfung des Namens mit dem Begriff „bankrott“ zulässig ist. Das angezeigte Suchergebnis sei „erkennbar offen und unbestimmt“, was den Zusammenhang der durch die Autocomplete-Funktion angezeigten Wörter betrifft.
„Bankrott“ ist Meinungsäußerung
Ein verständiger Internetnutzer wisse außerdem, dass die angezeigten Begriffe Ergebnis eines automatischen Ergebnisses sind, begründet der 16. Zivilsenat des OLG Frankfurt seine Entscheidung. Auch bestehe nicht unmittelbar ein Zusammenhang zwischen den von der Autocomplete-Funktion angezeigten Begriffen. Bei dem Namen einer Person beispielsweise könne es nämlich mehrere Personen mit diesem Namen geben, so dass gar kein direkter Zusammenhang hergestellt werde.
Interesses der breiten Öffentlichkeit am Zugang zu Informationen überwiegt
Das OLG Frankfurt entschied, dass der Kläger keinen Anspruch gegen Google auf Auslistung der streitgegenständlichen Ergebnislinks aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO hat. Die durch Google vorgenommene Datenverarbeitung sei zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information nach Art. 17 Abs. 3a i. V. m. Art. 6 Abs. 1lit . f, Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DSGVO erforderlich.
Begriff aus dem allgemeinen Sprachgebrauch
Ein weiteres Argument, welches das OLG Frankfurt in seinem Urteil anführt: Der normale Leser versteht unter dem Begriff „bankrott“ nicht ausschließlich Bankrott im Sinne von § 283 Strafgesetzbuch (‚Bankrott‘). Es handle sich vielmehr um einen Begriff, der im allgemeinen Sprachgebrauch Anwendung finde. Dann bedeute er nicht viel mehr, dass jemand zahlungsunfähig oder insolvent sei. Aus dem Kontext gehe klar hervor, dass sich die Äußerung auf ein Unternehmen beziehe, gegen welches ein Inkassounternehmen ein Mandat wegen unbezahlter Handwerkerrechnungen habe.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Gericht sich mit der Autocomplete-Funktion von Google befassen muss – weitere Entscheidungen könnten folgen.