Immer häufiger stößt man in den letzten Jahren in Social Media auf Fotos, auf denen Falschparker an den Pranger gestellt werden. Doch wie legal ist es, unabhängig von einer Veröffentlichung des Fotos, einen Falschparker zu fotografieren? Der Verwaltungsgerichtshof Ansbach hat jetzt entschieden, dass Falschparker fotografieren erlaubt ist.
Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hatte Verwarnungen gegen Personen ausgesprochen, die Falschparker abgelichtet hatten. Die Betroffenen klagten dagegen. Sie hatten die Fotos von ordnungswidrig fahrenden Fahrzeugen mitsamt Anzeigen an die zuständige Polizei übersandt. Die Fahrzeuge standen zum Beispiel im absoluten Halteverbot oder regelwidrig auf Fußgängerwegen.
Verwarnungen wegen Fotos von Parksündern
Das LDA ist im Freistaat Bayern neben dem Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz für Datenschutzfragen zuständig und überwacht die Einhaltung des Datenschutzrechts im nicht-öffentlichen Bereich in Bayern.
Zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich
Das VG Ansbach hatte zu entscheiden, ob die Übermittlung der Fotos eine rechtmäßige Datenverarbeitung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f der Datenschutz-Grundverordnung darstellt. Danach ist eine Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn diese zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist. Voraussetzung ist dabei, dass „die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt“.
Persönliche Betroffenheit des Fotografen erforderlich?
Die Verwarnten konnten mit den Fotos das ordnungsmäßige Parken dokumentieren und ihr berechtigtes Interesse, dass sich andere an Verkehrsregeln halten, verfolgen. Dem gegenüber steht allerdings das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Halter der fotografierten Fahrzeuge. In dem Verfahren wurde um zwei Fragen gestritten: Zum einen, ob für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung eine persönliche Betroffenheit des Anzeigenerstatters durch die Parkverstöße erforderlich ist. Und zum anderen, ob für eine Anzeige die bloße schriftliche oder telefonische Schilderung eines Sachverhalts unter Angabe des Fahrzeugkennzeichens genügt. Dann nämlich wäre die Anfertigung einer Bildaufnahme und deren – womöglich auch unverschlüsselte – Übermittlung überflüssig.
Mögliche Betroffenheit Unbeteiligter
Das LDA war der Ansicht, dass mit den Fotos in vielen Fällen Daten erhoben werden, die über den reinen Parkvorgang hinausgehen. So können zum Beispiel andere Fahrzeuge oder Personen mit abgelichtet werden.
Informationelle Selbstbestimmung vs. Dokumentation
Die Kläger hingegen beriefen sich auf die Polizei, welche ihnen den Hinweis gegeben hatte, die Parksituation durch Fotoaufnahmen möglichst genau zu dokumentieren. Zudem werde durch das Anfertigen von Fotos die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten vereinfacht. Ordnungsämter in der Republik nehmen schon lange Fotos von falsch parkenden Fahrzeugen zum Beweis auf, auch wenn dabei andere Fahrzeuge mit abgelichtet werden.
Die Urteilsgründe sind noch nicht bekannt (VG Ansbach, Urteile v. 02.11.2022, Az. AN 14 K 22.00468, AN 14 K 21.01431). Gegen die Urteile können die Kläger Antrag auf Zulassung zur Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof stellen.
Neubewertung von Fotoaufnahmen im öffentlichen Raum?
Der LDA-Präsident, Michael Will, erklärte, sobald die Urteilsgründe vorlägen, werde man „ein besonderes Augenmerk darauf richten, ob die Entscheidung durch die besonderen Umstände der vorliegenden Fälle bestimmt wurde oder ob damit eine für den Datenschutz kritische Neubewertung der Nutzung von Fotoaufnahmen im öffentlichen Raum wie z.B. nach der Rechtsprechung zum Einsatz von Dashcams eingeleitet wird“. Das LDA werde Abstimmungsgespräche mit den zuständigen Ordnungsbehörden, insbesondere der Polizei, aufnehmen. Dabei solle geklärt werden, „welche Angaben bei einer Anzeigeerstattung wegen Falschparkens verlangt werden und welcher Kommunikationsweg hierfür genutzt werden sollte“.
Mit der Entscheidung aus Bayern ist die Rechtsfrage noch lange nicht abschließend geklärt, allein schon, da es in Deutschland in jedem Bundesland eine eigene Datenschutzbehörde gibt, die Dinge zuweilen unterschiedlich bewerten, wobei Bayern zuweilen eine Sonderrolle einnimmt. Die Datenschutzbehörden stimmen sich in der Datenschutzkonferenz ab, dem Gremium der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder. Die nächste Datenschutzkonferenz findet vom 22. bis 24. November 2022 in Bonn statt.