Eine solche Einigung ist auch in der Auseinandersetzung zwischen dem NDR und Carsten Maschmeyer zustande gekommen. Das diesbezügliche, gegenseitige Entgegenkommen erfordert aber eine genauere Betrachtung.
Zur Vorgeschichte:
Der NDR hatte in seiner Sendung Panorama vehement und wiederholt in sehr kritischer Haltung über Carsten Maschmeyer in seiner Rolle als Gründer des Finanzdienstleisters AWD berichtet. In diesen Berichterstattungen wurde Carsten Maschmeyer wiederholt als „Drückerkönig“ bezeichnet und es wurden Recherche-Ergebnisse präsentiert, nach welchen sich zahlreiche Kleinanleger durch den Finanzdienstleister AWD betrogen fühlten.
Maschmeyer wehrte sich gegen den NDR mit vielfältigen Mitteln
mit Diese Vorwürfe wollte Carsten Maschmeyer nicht auf sich sitzen lassen und wehrte sich mit seinen Mitteln: Er beantragte, nachdem er mit seinem Vorhaben, die Berichterstattung vor Ausstrahlung zu verhindern, gescheitert war, über seinen Hamburger Medienanwalt Matthias Prinz eine einstweilige Verfügung nach der nächsten, um die unliebsame Berichterstattung zu unterbinden. Zwischenzeitlich waren so 18 verschiedene Verfügungsverfahren vor den Landgerichten Köln und Berlin anhängig. Maschmeyers Anwalt machte die Ansprüche auch unmittelbar gegenüber verschiedenen, an den Beiträgen beteiligten Journalisten geltend, welche Abmahnschreiben an ihre Privatadressen zugestellt bekamen und zudem von Wirtschaftauskunfteien telefonisch eingehend über ihre Beschäftigungsverhältnisse befragt wurden. Außerdem versuchte Carsten Maschmeyer sich ebenfalls über die Presse zur Wehr zu setzen, indem er der ihm offensichtlich nahestehenden BILD-Zeitung Interviews gab, in welchen er „die Dinge gerade rücken“ wollte.
Der NDR nahm den Fehdehandschuh dankbar auf
NDR Auf die juristischen Schritte setzte sich der NDR wiederum mit seinen, journalistischen Mitteln zur Wehr: Die Vorwürfen wurden in neuen Beiträgen wiederholt und mit neuen Bildern visualisiert, soweit die Veröffentlichung von Bildmaterial bereits gerichtlich untersagt worden war. Die NDR-Macher zeigten sich dabei durchaus kreativ, indem sie die erfolgreichen, gerichtlichen Untersagungen von Bildmaterial durch das Online-Stellen eines eigenen Films mit dem Titel „Judge´s Cut – reloaded“ auf spitzfindige Art und Weise dokumentierten: Der Film zeigte das Bildmaterial, welches an den gerichtlich untersagten Stellen jeweils geschwärzt wurde und kommentierte diese Stellen entsprechend.
Auch Carsten Maschmeyer läutete die nächste Runde in der Auseinandersetzung auf seine Art ein: Er kündigte an, prüfen zu lassen, ob das Verhalten der Panorama-Redakteure, insbesondere des federführenden Reporters Christoph Lütgert, möglicherweise strafrechtlich relevant sei. Der im Raume stehende Vorwurf beinhaltete die strafrechtlichen Tatbestände der Nötigung und der politischen Verdächtigung. Die WELT wusste darauf in ihrer Online-Ausgabe von einem Kreuzzug von Carsten Maschmeyer gegen den NDR zu berichten.
Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) schaltete sich ein
Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) sah sich aufgrund des Verhaltens von Carsten Maschmeyer dann sogar dazu gezwungen für die beteiligten Journalisten und die grundsätzliche Pressefreiheit eine Lanze zu brechen und veröffentlichte eine Stellungnahme zu der Auseinandersetzung, in welcher ausgeführt wurde, dass Carsten Maschmeyer mit dem Vorgehen gegen einzelne Journalisten und der Prüfung strafrechtlicher Schritte die Pressefreiheit und die Demokratie bedrohe. Carsten Maschmeyer wurde durch den DJV ausdrücklich aufgefordert sofort mit den presse- und strafrechtlichen Nachstellungen aufzuhören.
„Deal“ zwischen NDR und Maschmeyer
Diese ausufernde Auseinandersetzung wurde dann durch folgende Mitteilung des NDR vom 08.07.2011 beendet:
„Der NDR und Herr Carsten Maschmeyer haben sich darauf geeinigt, sämtliche Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der NDR-Berichterstattung über Herrn Maschmeyer nicht mehr weiter zu verfolgen.“
Im Rahmen dieses presserechtlichen „Deals“ wurden nicht nur sämtliche Gerichtsverfahren beendet, auch der Film „Judge´s Cut – reloaded“ wurde aus dem Internet genommen. Das weitere gegenseitige Entgegenkommen bei dieser Vereinbarung stellt sich aber als etwas ungleichgewichtig verteilt dar: Der NDR darf zukünftig lediglich keine Bilder des Privathauses von Carsten Maschmeyer zeigen, ansonsten darf das Bildmaterial weiter gesendet werden, soweit dies journalistisch geboten ist. Außerdem darf der NDR das eigene Filmmaterial nicht an andere Fernsehanstalten weitergeben. Carsten Maschmeyer muss dafür seinen sehr aktiven Medienanwalt im Zaume halten und keine weiteren juristischen Schritte mehr über diesen einleiten. Das damit durchaus kleinere Entgegenkommen des NDR ist wohl dem Umstand geschuldet, dass man die künftige Berichterstattung ohne juristisches Sperrfeuer aus Hamburg vornehmen kann und dementsprechend ein kleines Zugeständnis verkraften kann, da nach der Vereinbarung ja grundsätzlich der ganz überwiegende Teil des Bildmaterials weiter veröffentlicht werden darf und Carsten Maschmeyer in diesem Zusammenhang auch weiterhin als „Druckerkönig“ bezeichnet werden darf.
Auf diese Weise kann sich der NDR nunmehr wieder vollumfänglich seinen journalistischen Pflichten widmen und die juristischen Vorgänge getrost vergessen.
Der Deal hat aber in seinen Auswirkungen auch einen großen Vorteil für Carsten Maschmeyer. Durch die Einigung wurde kein weiteres Benzin ins Feuer gegossen, welches das Ansehen des einstigen Vorzeige-Unternehmers, beliebt in Gesellschaft und Politik, weiter beschädigen konnte. So kann Maschmeyers Medienberater Christoph Walter nun in Ruhe daran arbeiten, dass angekratzte Image von Carsten Maschmeyer wieder aufzupolieren. Und das ist ja immerhin besser als nichts.