Ganz anders sieht es in China aus. In der südchinesischen Millionenmetropole Shenzhen endete vergangene Woche die erste Testphase für das öffentliche Wlan-Netz auf den städtischen U-Bahnstrecken. An 86 Stationen und in 170 Zügen können zukünftig jeweils bis zu 360 Fahrgäste schnell und kostenlos ins Internet gelangen. Shenzhen ist die erste chinesische Stadt, die flächendeckend den drahtlosen Internetzugang im öffentlichen Transportnetz anbietet. Das Wlan-Netz ersetzt das unterirdisch unzuverlässige mobile Internet 3G/4G, entlastet das Mobilfunknetz und erspart den Nutzern Zeit und Geld. Damit reiht sich Shenzhen ein in die Liste von Metropolen weltweit, die begriffen haben, welche Bedeutung das kostenlose, einfach zugängliche Internet hat: In den Innenstädten von New York, Moskau, Singapur, Tokio, London ist kostenloses Surfen längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Auch die Städte Beijing und Shanghai wollen es der Millionenstadt Shenzhen gleichtun. Die Vorbereitungen für den Aufbau von Wlan-Netzen im öffentlichen Nahverkehr laufen dort auf Hochtouren. Dass in der Innenstadt aller drei aufgezählten chinesischen Städte die öffentlichen Wlan- Hotspots bereits Normalität sind, brauche ich da fast nicht zu erwähnen. An fast jeder Straßenecke, in jedem Einkaufszentrum, Restaurant oder Hotel hat man die Möglichkeit, kostenlos und schnell ins Internet zu gelangen. Ein Segen für viele Menschen im Zeitalter der Smartphones, Tablets und Notebooks. Auch ich selbst nutzte während meines mehrjährigen Shanghai-Aufenthaltes häufig das draht- und kostenlose Internet in der Stadt.
Zurück in Deutschland fühlte ich mich fast wie ein chinesischer Tourist. Der fragt nämlich bekanntlich als erstes: Wie komme ich am schnellsten ins Internet? In Deutschland ist das in der Tat eine gute Frage.
Wie steht es um das öffentliche Wlan-Netz in Deutschland?
Wie sieht es zum Beispiel in meiner Umgebung aus? Am Marienplatz in München gibt es seit neuestem tatsächlich den ersten Hotspot der Stadt. Um dort ins Internet zu gelangen, akzeptiert man die Nutzungsbedingungen und kann bis zu einer Stunde am Stück kostenlos surfen. Spätestens zum Münchner Oktoberfest sollen in der Innenstadt weitere Hotspots entstehen. Ideal also für den (chinesischen) Touristen. Doch nach einer Langzeitlösung für Einheimische klingt das nicht. Was haben da andere deutsche Städte zu bieten? Viele deutsche Städte haben in den vergangenen Jahren Konzepte für öffentliches Wlan entwickelt. Das Netzwerk „Public Wifi“ in Berlin und Potsdam ist Vorbild für das Projekt in München. In der Bundeshauptstadt können Besucher mit Smartphones, Tablets und Laptops 30 Minuten pro Tag kostenlos surfen, danach wird das Gerät gesperrt. Bislang steht das öffentliche Netz an mehr als 60 Stellen zur Verfügung, 40 weitere sollen in den kommenden Monaten dazu kommen. Dies sind zwar deutlich weniger als im U-Bahnnetz der Stadt Shenzhen, doch Deutschland scheint darum bemüht, im öffentlichen Internetzugang aufzuholen. Das wird auch dringend Zeit, denn selbst im Vergleich mit seinen europäischen Nachbarn hinkt Deutschland hinterher. Wer zum Beispiel mit der Bahn in den Niederlanden oder Frankreich unterwegs ist, kann sich sofort und kostenlos mit seinen Geräten in das Internet einloggen. Dagegen bietet die Deutsche Bahn lediglich 30 Minuten kostenloses Surfen an einigen Hotspots an. Danach muss man zahlen. Und nur an einem der 22 deutschen Flughäfen kann man derzeit uneingeschränkt kostenlos ins Internet gelangen.
Ausgerechnet am High-Tech-Standort Deutschland ist die Situation von offenen Wlan-Netzen ernüchternd: Bisher dominieren kommerziell betriebene Wlan-Netze, die eine Anmeldung erfordern, nur eingeschränkt funktionieren. Warum ist das so? Warum entwickelt sich gerade in Deutschland der freie Zugang zum Internet so zaghaft? Auf der Suche nach einer Antwort stoße ich auf den juristischen Begriff der „Störerhaftung“.
Was ist die Störerhaftung?
Der Begriff der Störerhaftung wird im Zivil-, Verwaltungs- und Internetrecht angewandt. Für meine Frage ist die Störerhaftung im Internetrecht von Bedeutung. Der Bundesgerichtshof BGH definierte in einer wegweisenden Entscheidung 2004 die Störerhaftung so:
„Störer ist derjenige, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes beiträgt und kann daher als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.“
Einfacher: Eine Person haftet für eine Rechtsverletzung auch dann, wenn sie die Verletzung nicht persönlich begangen hat. Es genügt, wenn die Person die Verletzung in irgendeiner Weise ermöglicht oder gefördert hat, auch ohne ihr Wissen. Diese Person ist dann ein „Störer“. Als Laie überrascht mich diese Erkenntnis sehr. Warum sollte man für Taten haften, die man nicht selbst begangen hat? So einfach wie absurd kann es nicht sein, denke ich und lese weiter:
„Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist.“
Ein echter „Störer“ ist also jemand, der die Rechtsverletzung nicht verhindert hat, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Er hat dann seine „Prüfungspflichten“ verletzt.
Doch welche Prüfungspflichten muss der mögliche Störer einhalten? Das scheint die große Frage zu sein: Bisher haben sich die Gerichte in ihrer Rechtsprechung noch nicht darin geeinigt. Jedes Gericht urteilt scheinbar anders zu den Prüfungspflichten der Störerhaftung. Eine wegweisende Entscheidung für die Prüfungspflichten von Privatpersonen, die offene Wlan-Netze anbieten, traf der Bundesgerichtshof 2010.
Die BGH-Entscheidung „Sommer unseres Lebens“
Der Song „Sommer unseres Lebens“ war vom Wlan-Anschluss des Beklagten aus auf einer Tauschbörse illegal zum Herunterladen angeboten worden. Der Beklagte, also der Wlan-Inhaber, war in der fraglichen Zeit jedoch im Urlaub. Ist er ein Störer? Ja, entschied der BGH:
„Privatpersonen können auf Unterlassung, nicht dagegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, wenn ihr nicht ausreichend gesicherter WLAN-Anschluss von unberechtigten Dritten für Urheberrechtsverletzungen im Internet genutzt wird.“
Der Beklagte, der die Rechtsverletzung gar nicht selbst begangen hatte, wurde zum „Störer“. Weil er seinen Internetzugang nicht ausreichend gesichert hatte, ermöglichte er einer fremden Person ohne Absicht und Wissen einen Rechtsverstoß. Deswegen musste der beklagte Wlan-Inhaber die Abmahnkosten tragen und sich dazu verpflichten, sein „störendes Verhalten“ in Zukunft zu unterlassen.
Wer einen Internetzugang anbietet, haftet also für das, was andere damit anstellen, sofern er seine Prüfungspflichten nicht erfüllt. Bei Wlan-Anschlüssen kann eine Prüfungspflicht das ausreichende Absichern durch Passwörter sein, lerne ich. Das „Sommer unseres Lebens“-Urteil stellte die Grundsätze auf für die Störerhaftung von Privatpersonen bei offenen Wlan-Netzen. Seitdem gilt: Wer nicht haften will für die Rechtsverletzungen, die andere durch seinen Wlan-Anschluss begehen, muss sein Wlan ausreichend absichern.
Das erklärt schließlich, warum in Deutschland fast alle privaten Wlan-Anschlüsse mit Passwörtern gesichert sind – auch darüber wundern sich chinesische Touristen gerne.
Aber wie sieht es in Restaurants, Hotels und öffentlichen Einrichtungen aus?
Dazu finde ich eine Stellungnahme für den nordrheinwestfälischen Landtag von Herrn Dr. Reto Mantz, Richter am Landgericht Frankfurt am Main:
„Zur Störerhaftung eines Betreibers eines öffentlich zugänglichen WLANs hat der BGH bisher nicht explizit Stellung genommen.“
Weiter heißt es: „Nach dem Wortlaut von § 8 TMG und den entsprechenden Regelungen des TKG (und auch der allgemeinen Auffassung in der juristischen Literatur) ist § 8 TMG auf WLAN-Betreiber anzuwenden. Es wäre daher anzunehmen, dass die bisherige Rechtsprechung zu Access Providern 1:1 auf WLAN-Betreiber angewandt wird.“
Doch was steht im „TMG“? Und wo liegt der Unterschied zwischen „WLAN-Betreibern“ und „Access Providern“?
Das Telemediengesetz TMG § 7 und § 8
§ 7 Allgemeine Grundsätze
(1) Diensteanbieter sind für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich.
(2) Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 sind nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen. Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen bleiben auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 8 bis 10 unberührt. Das Fernmeldegeheimnis nach § 88 des Telekommunikationsgesetzes ist zu wahren.§ 8 Durchleitung von Informationen
(1) Diensteanbieter sind für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie
1. die Übermittlung nicht veranlasst,
2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und
3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben.
Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer seines Dienstes zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.
(2) Die Übermittlung von Informationen nach Absatz 1 und die Vermittlung des Zugangs zu ihnen umfasst auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung dieser Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.
Nach §8 des Telemediengesetzes haften „Diensteanbieter“ nicht für Rechtsverletzungen von anderen, die ihre Dienste nutzen, sind also keine „Störer“. Das ist der sogenannte Haftungsauschluss im TMG. Im Klartext bedeutet das: Der Deutschen Telekom kann egal sein, wenn ihre Kunden über ihre Telekom-betriebenen Wlans illegale Downloads anbieten. Denn die Deutsche Telekom ist nur ein Diensteanbieter. Offenbar ist nicht jeder Betreiber von offenen Wlans ist gleich ein Störer. Er muss dazu seine Prüfungspflichten verletzt haben oder darf nicht unter den Haftungsausschluss im TMG fallen.
Doch nach meinem Verständnis definiert §8 des Telemediengesetzes nicht nur kommerzielle Anbieter wie die Deutsche Telekom als Diensteanbieter. Auch Cafés, Restaurants und Hotels sollten Diensteanbieter sein, alle genannten Eigenschaften treffen auf sie zu. Für Rechtsverletzungen ihrer Gäste dürften sie deshalb nicht verantwortlich sein. Außerdem scheinen Cafés nicht vergleichbar mit einem Privathaushalt wie aus dem „Sommer unseres Lebens“-Urteil. Die Prüfungspflicht, nämlich das Sichern mit Passwörtern, dürfte damit auch nicht für sie gelten, meine ich.
Aber warum findet man in Deutschland trotzdem so selten offene Wlan-Netze? Zu meiner großen Überraschung finde ich dazu die Antwort von Herrn Dr. Mantz:
„Tatsächlich fallen auch diese WLAN-Betreiber (wie Cafés, Hotels, gemeinnützige Vereine) unter den Wortlaut des § 8 TMG. Die Rechtsprechung wendet § 8 TMG allerdings auf diese Betreiber bisher nicht an.“
Da ist er, der Knackpunkt. Per Definition sind Cafés, Hotels und gemeinnützige Vereine tatsächlich ebenso Diensteanbieter wie die Deutsche Telekom. Aber die bisherige Rechtssprechung sieht das nicht so. Wie sieht sie es dann?
„Die Instanzrechtsprechung wendet § 8 TMG nach derzeitigem Stand auf WLAN-Betreiber als „nichtklassische“ Provider nicht an, sondern greift auf die zu Privatpersonen im BGH-Urteil „Sommer unseres Lebens“ aufgestellten Grundsätze zurück. Im Urteil „Sommer unseres Lebens“ hatte der BGH insbesondere eine sichere Verschlüsselung von WLANs gefordert. Auf die „nichtklassischen” Provider ist der BGH in seiner Urteilsbegründung praktisch nicht eingegangen.“
Wer ist klassischer, wer nicht-klassische Wlan-Betreiber?
Wie Privatpersonen haften, die offenes Wlan anbieten, wissen wir nun aus dem erwähnten BGH-Urteil zum „Sommer unseres Lebens“.
Dann gibt es die „klassischen Access-Provider“ wie die Deutsche Telekom, die kommerziell und in großem Umfang Internetanschlüsse anbieten. Sie sind für die vermittelten Inhalte nicht verantwortlich und haften nicht für Rechtsverletzungen, beispielsweise illegale Downloads, ihrer Nutzer.
Zum anderen gibt es die Gruppe der „nicht-klassischen Provider“. Dazu gehört jeder, der ein offenes Wlan anbietet, das sich an die Öffentlichkeit richtet. Dabei ist egal, ob das Angebot kostenpflichtig (z.B. im Hotspot-Modell der Deutschen Bahn) oder kostenlos (in Cafés, Hotels, Bibliotheken, an Universitäten) erfolgt.
Die „nicht-klassischen“ Provider werden bisher wie Privatpersonen behandelt. Sie müssen bestimmte Prüfungspflichten erfüllen, um nicht für Rechtsverstöße anderer zu haften. Aber wie diese Pflichten konkret aussehen, ist nicht einheitlich festgelegt. Deshalb herrscht für nicht-klassische Anbieter das absurde Risiko, für Straftaten haften zu müssen, die sie nicht selbst begangen haben.
Die Folgen der uneinheitlichen Rechtsprechung in der „Störerhaftung“
Nur: Wer will schon für die Fehler fremder Personen haften? Um eben das nicht tun zu müssen, sichern Privatpersonen ihre Internetzugänge ab. Kein Wunder, dass auch kleine Cafés oder Gemeinden lieber kein Risiko eingehen – und kein offenes Wlan anbieten. Denn bisher ist unklar, wann genau sie als „nicht-klassischer Provider“ haften müssen. Deshalb lehnen zum Beispiel auch viele Gemeinden die Errichtung von Hotpsots an öffentlichen Plätzen ab. Die nicht einheitliche Rechtsprechung in der „Störerhaftung“ erschwert den Aufbau von offenen Wlan-Netzen. Und so kommt es, dass Deutschland im Aufbau freier Wlan-Netze anderen Ländern weit hinterher hinkt.
Eine gesetzliche Klarstellung ist dringend nötig
Wie man das Problem lösen könnte? Mit gesetzlicher Klarstellung. Eine Gleichstellung von nicht-klassischen Providern wie Cafés mit klassisch kommerziellen Providern wie der Deutschen Telekom könnte den offenen Wlan-Aufbau endlich erleichtern. Dazu müsste der Gesetzgeber das Telemediengesetz ändern und präzisieren. Er müsste klarstellen, dass auch nicht-klassische Provider unter den Haftungsausschluss des § 8 TMG fallen.
Die aktuelle politische Lage zur „Störerhaftung“
Auch in der Politik werden die Forderungen nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit immer lauter. Zahlreiche Internetaktivisten fordern schon längst die Abschaffung der Störerhaftung im Internetrecht. Besondere Aufmerksamkeit zog zum Beispiel die gemeinnützige Initiative Freifunk auf sich, als sie 2012 die „Freedom Fighter Box“ verschenkte, mit der man anonym und kostenlos
ins Internet gelangt. Sie umging die deutsche Störerhaftung über einen schwedischen VPN-Anbieter, in Schweden existiert die Störerhaftung nicht. Mit dem Freifunk-Wlan kann sich jeder ohne Registrierung oder Passwort verbinden. In der Nachbarschaft kann jeder einen eigenen Freifunk-Router aufstellen, um so das Freifunk-Netzwerk weiter aufbauen. Inzwischen kooperiert Freifunkt mit dem Berliner „Public Wifi“ – Projekt. Um das Haftungsrisiko von Betreibern solcher Projekte zu beschränken, stellten die Länder Berlin und Hamburg im vergangenen Herbst einen Antrag im Bundesrat. Noch wartet man die Ergebnisse ab.
Der Bundesregierung ist die Problematik der Störerhaftung bekannt: Der Koalitionsvertrag sieht sogar die Abschaffung der Störerhaftung für Betreiber von offenen Wlan-Netzen vor. Im August will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel einen Gesetzentwurf einreichen, der die Störerhaftung lockern soll. Zwar noch nicht für Privatpersonen, was auf große Kritik von Netzaktivisten stößt. Doch die Lockerung wäre immerhin ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Einer anderen Meinung sind die Gegner des neuen Gesetzentwurfs. Sie kritisieren die Konsequenzen für die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, sollte die Störerhaftung abgeschafft werden. Nach Einschätzungen von Experten wie Dr. Mantz ist diese Kritik unbegründet:
„Es ist nicht damit zu rechnen, dass die Schaffung von Rechtssicherheit durch Klarstellung sowie der weitere Aufbau von öffentlich zugänglichen WLANs einen nennenswerten Einfluss auf die zivil- und strafrechtliche Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen haben werden. Dies liegt zum einen daran, dass sich öffentlich zugängliche WLANs für Filesharing in der Regel nicht gut eignen. Zum anderen ist zu beobachten, dass sich die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken ohnehin in einen praktisch nicht verfolgbaren Bereich verlagert.“
Für freie Internetzugänge ohne Störerhaftung
Und so bleibt es dabei: Klare Regeln für die Störerhaftung müssen her. Regeln, die möglichst vielen Menschen den freien Zugang zum Internet ermöglichen. Dafür müssten öffentliche Einrichtungen ebenso wie Privatpersonen endlich bedenkenlos ihre Internetzugänge mit anderen teilen können. Für alle Menschen unserer Gesellschaft sollte das Internet frei zugänglich sein, unabhängig davon, ob sie in der Stadt oder auf dem Land wohnen, Geld für teure Internetverträge ausgeben können oder nicht. Der freie Zugang zum Internet sollte auch in Deutschland zur Selbstverständlichkeit werden.
Der Aufbau von öffentlichen Wlans liegt auch im wirtschaftlichen Interesse der Städte und Kommunen, die damit spürbar an Attraktivität gewinnen könnten, zum Beispiel für Touristen. Die Erfolge des Berliner „Public-Wifi“- Projektes sprechen für sich. Allein im ersten Halbjahr gab es 250.000 Zugriffe auf das Netz – Missbrauchsfälle seien bisher nicht bekannt. Doch um in ganz Deutschland freies Internet an öffentlichen Plätzen anbieten zu können, brauchen wir mehr Rechtssicherheit in der Störerhaftung. Dann hätten auch hier neue Ideen für den Aufbau offener Wlans eine Chance: Die Stadt New York will ihre 9670 alten Telefonzellen in neue Wlan-Hotspots umwandeln. Flächendeckend freie Internetzugänge für alle! Wann Deutschland wohl so weit ist?
Auf der anderen Seite der Welt, in der chinesischen Hauptstadt Beijing, fahren inzwischen die ersten Busse mit freien Wlan-Zugängen durch die Stadt. (he)
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