Spielerleihe gibt es doch nur im Fußball!
Zumindest sind es die Schlagzeilen aus dem Fußball, die den Kampf um die besten Nachwuchs -Talente mit horrenden Summen beschreiben. Leihgeschäfte dienen aber lange nicht mehr nur dazu, junge Fußballprofis mit mehr Spielpraxis zu versorgen.
Vielmehr ist es eine lukrative Geschäftsidee geworden, dadurch den Verein besser zu vermarkten und zusätzliche Gewinne zu erzielen.
Das alles klingt doch ganz danach, als könnte diese Unternehmenskonzept im Esport auch gut funktionieren – oder?
Unterschied zwischen Spielerleihe und Spielertransfer
Es gibt verschiedene Geschäftsmodelle, den Handel mit Talenten auszugestalten. Die gängigsten sind die Spielerleihe und der Spielertransfer. Man spricht von einem Spielertransfer, wenn ein Vertragssportler einen Vereinswechsel vornimmt, weil er zuvor aus einem noch laufenden Vertrag aufgrund der Zahlung einer Ablösesumme „herausgelöst“ wird.
Die Spielerleihe unterscheidet sich dazu dadurch, dass der Vertragssportler aus seinem Verein nicht „herausgelöst“, sondern lediglich an einen anderen Verein verliehen wird.
Je nach Sportart ist die Ausgestaltung der Leihverträge komplex und ideenreich. Weitgehend ist es jedoch so, dass es drei Akteure gibt – den Sportler; den Verein, bei dem der Sportler unter Vertrag steht und der den Sportler verleiht („Verleiher“); den Verein, der den Sportler leiht („Entleiher“). Während der Spielerleihe wird das Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher ruhend gestellt und zugleich ein befristetes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher geschlossen. In der Regel muss der verliehene Spieler beim abgebenden Verein mindestens noch ein Kalenderjahr über den vereinbarten Zeitraum der Leihe unter Vertrag stehen, damit er nicht „vereinslos“ wird.
Es werden gewöhnlich junge Spieler verliehen, die der Verleiher durch eigene Jugendarbeit aufgezogen hat, die aber noch nicht gut genug sind, um eine Stammposition zu besetzen. Beim Entleiher können sie dann Spielpraxis sammeln und bereits Eigenerwerbung betreiben. Aber Achtung! Der Sportler hat auch beim Entleiher keinen Anspruch auf Einsatz im Spiel-, sondern lediglich auf Teilnahme im Trainingsbetrieb.
Ein prominentes Beispiel ist der Verteidiger Achraf Hakim, der im Sommer 2018 für zwei Jahre von Real Madrid an Borussia Dortmund 09 verliehen wurde. Ende Juni 2020 endet seine Leihzeit. Zu seinem Bedauern, denn beim BVB war der marokkanische Nationalspieler sogar Stammspieler und durfte alle Pflichtspiele absolvieren. Bei seinem Stammverein Real Madrid hat er zwar die Jugendausbildung genoßen, im Erwachsenenbereich aber nur die Auswechselbank gewärmt.
Vorteile der Spielerleihe
Vorteile für den Verleiher:
- muss kein Gehalt zahlen, während Spieler verliehen
- zusätzliche Einnahmequelle durch Leihgebühr
- Spieler erhält Spielpraxis und kehrt „stärker“ zurück
- Flexibilität in der Besetzung
Vorteile für den Sportler:
- Spielerfahrung und Spielpraxis
- „Eigenwerbung“ und Aufmerksamkeiti
- in der Regel höhere Gehaltszahlung
Vorteile für den Entleiher:
- Bedarfsdeckung
- keine Verpflichtung nach Ende der Vertragslaufzeit (es sei denn vereinbart)
- finanzielle Ersparnisse, da keine neuen Spieler „gekauft“ werden müssen
Spieleragenturen und Lizenzverträge im Esport
Das Geschäftsmodell der Spielerleihe ist auch im Esport angekommen. Es hat sich jedoch etwas von der „klassischen“ Ausgestaltung abgewandelt etabliert. Denn im Esport ist es so, dass der Esportler während seiner Leihe nicht bereits bei einem Verein oder Team unter Vertrag steht, sondern lediglich bei einer Spieleragentur (in der klassischen Spielerleihe wäre es die Rolle des „Verleihers“). Diese Agentur erwirbt durch Einstellungsvertrag mit dem Spieler seine Persönlichkeits- und Vermarktungsrechte. Durch Anweisung kann sie dann bestimmen, für welchen Verein oder welches Team der Esportler nun spielen soll. Zwischen der Agentur und dem Vertragspartner (hier dem „Entleiher“) entsteht ein Lizenzvertrag über den Spieler, der selbst kein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung hat, weil die Agentur ihm weiterhin sein Gehalt zahlt.
Für die Agentur hat diese Geschäftsidee die Vorteile, dass sie die besten Talente gebündelt unter Vertrag halten und diese anschließend nach Bedarf vermitteln kann. Durch die Lizenzierung der Persönlichkeitsrechte entsteht ihre Einnahmequelle.
Spielerleihe im Esport dient Marketingzwecken
Im Esport hat sich dieses Modell zunächst durchgesetzt, weil die Vereine bzw. Entleiher den Esport an sich erst einmal „testen“ wollen. Dadurch, dass sie keine eigenen Spieler unter Vertrag nehmen und einstellen, tragen sie auch kein Risiko. Die Lizenzgebühr zahlen sie in der Regel aus dem Marketingbudget, sodass Esport lediglich der Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit dient.
Natürlich kennt auch Esport das Konzept der Spielerleihe. Er hat es nur an seinen eigenen Bedürfnisse angepasst. Der Esportler sollte also keinesfalls direkt Parallelen zur klassischen Spielerleihe des Fußballs ziehen. Das Geschäftsmodell etabliert sich gerade noch in das Ecosystem, sodass auch an dieser Stelle hohe Vorsicht bei der Vertragsausgestaltung geboten ist.