Fotoagentur getty startet Online-Abmahnwelle

Wie Spiegel-Online berichtet, soll die Bildagentur getty images eine „Abmahnwelle“ gestartet haben. Hintergrund: Viele Webseitenbetreiber machen die Bilder bzw. Fotos auf ihren Seiten nicht selbst, sondern suchen sich das Material aus dem Internet zusammen. Da kommt es vor, dass auch Bilder dabei sind, an denen getty Rechte hält.

Was viele (immer noch) nicht wissen: Die unlizensierte Nutzung von Lichtbildern ist eine Urheberrechtsverletzung mit möglicherweise teuren Folgen. Der Streit- bzw. Gegenstandswert wird von den Gerichten mit 6.000,00 Euro pro Lichtbild angesetzt, der Schadensersatz nach der so genannten Lizenznanalogie kann sich – auch bei einfachen Schnappschüssen – auf bis zu 450,00 Euro pro Lichtbild belaufen.

Sobald getty images einen Verstoß feststellt, werden die Verletzer offenbar zunächst ohne Anwalt angeschrieben und zur Kasse gebeten. Dass getty pro Bild Beträge von bis zu mehreren tausend Euro verlangt, liegt daran, dass sich der Schadensersatz nach der Lizenzanalogie berechnet, die dem Verletzer den Betrag auferlegt, den „bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte, wenn beide die im Zeitpunkt der Entscheidung gegebene Sachlage gekannt hätten“. Kann getty also darlegen, dass bereits Nutzungsvereinbarungen mit bestimmten Vergütungssätzen existieren, so können diese auch von unberechtigten Nutzern verlangt werden. Da der Spiegel oft über die angebliche Geldschneiderei durch Abmahnungen berichtet, wäre es hier angebracht gewesen, darauf hinzuweisen, dass diese Kosten durch getty zunächst nicht verursacht werden, da die Verletzer direkt angeschrieben werden. Stattdessen fallen scheinbar skandalträchtige Sätze wie:

„Getty Images scheint systematisch das Internet nach nicht lizenziertem Bildmaterial zu durchforsten.“

Ach.

Auch der Hinweis, zahlreiche Nutzer seien unberechtigterweise angeschrieben worden, da sie die Rechte vorher gekauft hätten, überzeugt als Aufhänger für die vermeintliche Skandal-Story nicht. Denn Lizenzverträge werden für einen bestimmten Zeitraum für eine ganz bestimmte Nutzungsart geschlossen. Da liegt es nahe, dass viele Internetuser über die Grenzen der Erlaubnis hinaus Nutzungshandlungen vorgenommen haben. Dafür spricht der niedrige „Kaufpreis“ von 151,25 €, den Herr Keilmann, der sich angeblich auch schon „auf seinen Prozess freut“, bereits gezahlt haben will. Den Widerspruch zu den von getty verlangten Lizenzgebühren von 2.000,00 Euro klärt jedenfalls keiner auf.

Das Landgericht Düsseldorf hat zu der Berechnung des Schadensersatzes kürzlich Stellung genommen (LG Düsseldorf, Urteil v. 19.03.2008, Az. 12 O 416/06). Dabei hat es die Anwendbarkeit von bestehenden Tarifwerken zur Bestimmung der Schadensersatzhöhe (hier die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing) bejaht, dem Urheber einen 50% Zuschlag wegen mehrfacher Nutzung des Fotos, sowie einen 100% Zuschlag auf den Schadenersatz wegen Nichtnennung des Urhebers gewährt. Im Ergebnis kostete jedes Foto den Nutzer 300,00 €.

Der Slogan „Spiegelleser wissen mehr!“ mag ja stimmen. Aber vom Spiegellesen kommt das sicher nicht…(la) Zum Urteil

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