Das Oberlandesgericht München hat sich in einer Entscheidung mit dem Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters bei einer zweigliedrigen GmbH und der Einziehung von Gesellschafteranteilen befasst (OLG München, Urteil v. 16.06.2021, Az. 7 U 7279/20).
In dem Fall ging es um eine GmbH, deren Geschäft die Beteiligung an Projektgesellschaften zur Entwicklung und Realisierung von Bauvorhaben sowie die Erbringung aller damit zusammenhängenden Dienstleistungen ist. Ihr Stammkapital betrug 25.000 Euro und war voll eingezahlt. Die GmbH-Satzung der Beklagten enthielt keine Regelung zum Ausschluss eines Gesellschafters oder zur Einziehung der Anteile eines Gesellschafters. Der Alleingesellschafter der GmbH veräußerte an einen Dritten 50 Prozent der Anteile an der beklagten GmbH an seinen Sohn und einen Dritten, W. G.
Klage auf Ausschluss aus der GmbH
In der Folge übernahm ein Nebenintervenient in Vollzug einer Urkunde eines Notars den Geschäftsanteil des Dritten. Der Sohn des Alleingesellschafters reichte daraufhin eine Klage ein. Er verlangte darin, dass der der Beklagte aus der Wohnbaugesellschaft mbH ausgeschlossen und sein Geschäftsanteil an dieser Gesellschaft nach Wahl des Klägers gegen Zahlung einer der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Abfindung eingezogen wird. Alternativ sollte der Kläger für befugt erklärt werden, die Abtretung des Geschäftsanteils des Beklagten an sich, die Gesellschaft oder einen Dritten herbeizuführen.
Ausschluss wegen unzumutbaren Verhaltens eines Gesellschafters
Das Oberlandesgericht München urteilte, dass der Gesellschafter W. G. ausgeschlossen und sein Geschäftsanteil eingezogen wird. Das OLG München ermächtigte einen der Gesellschafter, gemäß § 46 Nr. 8 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die Gesellschaft bei der Ausschlussklage zu vertreten. Das OLG München begründete seine Entscheidung damit, dass das Verhalten des ausgeschlossenen Gesellschafters sein Verbleiben in der Gesellschaft unzumutbar mache. Deshalb solle er im Wege der Ausschlussklage durch ein entsprechendes Gestaltungsurteil aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
Gesellschafterausschluss bei zweigliedriger GmbH ungeklärt?
Der Kläger trug vor, es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage, da bislang höchstrichterlich nicht geklärt sei, ob in einer zweigliedrigen GmbH ein Gesellschafter selbst auf Ausschluss des anderen klagen könne oder ob dies von Seiten der Gesellschaft zu erfolgen habe. Laut OLG München kann jedoch „nach ganz herrschender Meinung der eine Gesellschafter eine Klage auf Ausschließung des anderen Gesellschafters erheben“. Es bedürfe der Erhebung der Ausschließungsklage durch die Gesellschaft nicht notwendigerweise, damit ein Ausschließungsurteil gegen den jeweils anderen Gesellschafter erwirkt werden könne.
Klage auf Beschlussfeststellung entscheidend für Erhebung einer Ausschlussklage
Daraus könne, so das OLG München, jedoch nicht gefolgert werden, dass einer Klage auf Feststellung, dass ein Klageerhebungsbeschluss von der Gesellschafterversammlung gefasst wurde, das Rechtsschutzbedürfnis fehle, wenn wie vorliegend in einer Gesellschafterversammlung über den Klageergebungsantrag abgestimmt worden sei. Etwas anderes gelte nur, wenn nach Erhebung einer Ausschließungsklage durch einen Gesellschafter einer zweigliedrigen GmbH Anfechtungsklage erhoben werde unter Berufung auf die Erga-Omnes-Wirkung des vom Gesellschafter erwirkten Gestaltungsurteils (OLG Düsseldorf, Urteil v. 22.10.1998, Az. 6 U 78/97).
Würde angenommen, dass eine auf Beschlussfeststellung gerichtete Klage unzulässig ist, würde nämlich verhindert, dass Rechtsklarheit über die Berechtigung der Gesellschaft zur Erhebung einer Ausschlussklage geschaffen werde. Ein Klageerhebungsbeschluss der Gesellschafterversammlung sei aber materiell-rechtliche Voraussetzung für eine durch die Gesellschaft selbst erhobene Ausschlussklage. Durch eine Verweigerung einer gerichtlichen Entscheidung über die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung würde ansonsten die Erhebung einer Ausschließungsklage verwehrt.
Dass ein Gesellschafter einer Wohnbau-GmbH wegen unzumutbarem Verhalten ausgeschlossen wird, kommt nicht alle Tage vor. Umso interessanter sind die Ausführungen, die das OLG München hier zum Gesellschafterausschluss macht, da sie für eine Vielzahl von GmbH-Streitigkeiten Relevanz besitzen.