Was man nicht alles im anwaltlichen Alltag so erlebt. Heute rief der Gegner in einer äußerungsrechtlichen Sache in unserer Kanzlei an. Offenbar war ihm unsere Unterlassungs- und Schadensersatzklage heute zugestellt worden.
Nicht ganz dicht im Oberstübchen
„Guten Tag, mein Name ist Müller (Name geändert), der schlechte Mensch der zum Landgericht soll. Ich wollte nur mitteilen, dass ich vom Professor bescheinigt bekommen habe, dass ich nicht ganz dicht im Oberstübchen bin, weil ich immer Leute beleidige. Ich hab das schriftlich. Die Klage können Sie daher vergessen. Teilen Sie das dem Gericht mit oder soll ich die mal eben anmailen? Die schmeißen die Klage dann sofort weg“.
Dieser fröhlichen Einleitung folgte ein ebenso betont höfliches Gespräch ganz ohne Beleidigungen über die weitere Vorgehensweise. Mit dem Vorschlag, das Verfahren nun einfach „zurückzuziehen“, waren wir natürlich nicht einverstanden.
Verrückte juristische Probleme
Dennoch ist es juristisch hoch interessant, wie äußerungsrechtiche Ansprüche bei betreuten Menschen gehandhabt werden. Vorausgesetzt, Herr Müller steht wirklich unter Betreuung und hat mit seinem Anruf nicht nur versucht, uns zu einer Klagerücknahme zu bewegen, stellen sich jetzt einige Probleme.
Ähnlich wie bei Kindern könnte wahrscheinlich eine außergerichtlich geforderte Unterlassungserklärung nur von einem Vertreter abgegeben werden. Oder ist eine ansonsten rechtswidrige Äußerung bei einem Betreuten ähnlich wie im Strafrecht schlicht nicht sanktionierbar? Könnte der Schuldner überhaupt je eine Vertragstrafe verwirken, was ja schuldhaft geschehen müsste? Müsste der Betreuer dann zahlen? Muss der Betreuer mit ins Rubrum? Müsste Müller bei fortgesetzten Straftaten eingewiesen werden? Fragen über Fragen.
Wir werden weiter über den Fall berichten. (la)
(Bild: © Werner Heiber – Fotolia.com)