Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.
Tun sie nämlich doch. Jedenfalls, soweit es um Anwälte geht.
Im Mai 2013 ging es um einen Streit zwischen zwei Rechtsanwälten darum, ob es einen wettbewerblich relevanten Verstoß darstelle, wenn im Impressum die Berufshaftpflichtversicherung nicht genannt werde.
Juli 2013 entschied das Kammergericht Berlin, dass die nicht hervorgehobene Angabe auf einer Rechtsanwaltsseite “Zugelassen an allen deutschen Landgerichten und Oberlandesgerichten“ keine irreführende Werbung mit einer Selbstverständlichkeit sei.
In beiden Fällen lehnten die angerufenen Gerichte einen Wettbewerbsverstoß zulasten des klagenden Kollegen (mit einer recht dünnen Begründung) ab. Bei Lektüre der Entscheidungen beschleicht den Leser daher das Gefühl, dass die Gerichtsentscheidungen weniger der konsequenten Rechtsanwendung, sondern eher der Motivation geschuldet waren, sich nicht von Rechtsanwälten instrumentalisieren zu lassen, die Kollegen eins auswischen wollen.
Aktuell berichtet der Kollege Rechtsanwalt Fuschi von einer Abmahnung eines Kollegen. Der wirft ihm vor, auf seinem XING-Profil kein ordnungsgemäßes Impressum bereitzuhalten.
Mitbewerberbegriff ist weit auszulegen
Der Einwand des Kollegen Fuschi, dass ein Anspruch bereits deshalb nicht bestehe, da er mit dem abmahnenden Kollegen nicht in einem Wettbewerbsverhältnis stehe, da er lediglich angestellter Rechtsanwalt sei, dürfte vor dem Hintergrund des weit zu fassenden Mitbewerberbegriffs zweifelhaft sein. Für eine geschäftliche Handlung ist es auch, anders als der Kollege offenbar meint, nicht erforderlich „marktschreierisch“ aufzutreten. Die irgendwie geartete Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs reicht hierzu aus.
Ob XING-Profile ein Impressum benötigen, ist ungeklärt
Allerdings ist es, wie der Kollege Thomas Schwenke zu Recht bemerkt, zur Zeit nicht eindeutig geklärt, ob Profile auf der XING-Plattform als eigenständige Telemedien zu qualifizieren sind und ein eigenständiges Impressum haben müssen.
Eine Abmahnung setzt ein konkretes Wettbewerbsverhältnis voraus
Es steht auch nicht jeder Rechtsanwalt in Deutschland mit allen anderen deutschen Rechtsanwalt in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis. Dies ist nur der Fall, wenn beide im gleichen örtlichen Markt, also zum Beispiel innerhalb der gleichen Stadt oder bundesweit um Kundschaft bemühen. Den Ausführungen des Kollegen zufolge kommt der Abmahnende Rechtsanwalt jedoch nicht aus der gleichen Stadt (München), sondern aus „sonstwo-keine-Ahnung-Hinter-Hugel-Dupfingen“ in Baden-Württemberg.
Rechtsanwälte erhalten in eigenen Angelegenheiten keine Kostenerstattung
Was Herr Fuschi nicht mitteilt, ist, ob der Kollege für seine Abmahnung auch die entsprechenden Rechtsanwaltskosten nach RVG erstattet verlangt. Ein solches Begehren wäre in jedem Fall unbegründet, da der BGH bereits 2006 entschieden hat, dass ein Rechtsanwalt, der in eigenen (wettbewerbsrechtlichen) Angelegenheiten tätig wird, für eine außergerichtliche Tätigkeit keine Kostenerstattung verlangen kann (BGH, Urteil v. 12.12.2006, Az. VI ZR 175/05).
Hoffentlich ist der Kollege so nett und hält die Leserschaft auf dem Laufenden, was das weitere Schicksal der Abmahnung bzw. des Rechtsstreits angeht. Es dürfte nämlich spannend werden. (la)
Update 13. und 14.2.2014: RA Winter mahnt weitere Kollegen ab: „#challengeaccepted – Abmahnwelle unter Anwälten wegen fehlenden Impressums auf XING?“
Update 24.2.2014: „XING-Abmahnung: Der (unzulässige) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist da“
Update: 7.5.2014: „Krähen unter sich IV – Rechtsanwalt erwirkt gegen Kollegen eine einstweilige Verfügung wegen unzureichendem Impressum vor dem LG Stuttgart„