Das ewige Problem mit der Widerrufsfrist – 14 Tage, 4 Wochen, 1 Monat oder noch länger?
Der Ärger beginnt meist schon bei der Frage, wie eine richtige Widerrufsbelehrung auszusehen hat, um Abmahnungen der Konkurrenz zu vermeiden. Lange Zeit wurde insbesondere darüber gestritten, wie lange die Frist zu sein hat, innerhalb derer der Verbraucher den Widerruf erklären kann. 14 Tage, 4 Wochen, 1 Monat oder noch länger?
Mit der Begründung, dass eine Widerrufsbelehrung auf einer Website keine Belehrung in Textform im Sinne des Paragraphen 146b BGB entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2010 (BGH, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 66/08 – Holzhocker), dass dem Verbraucher insbesondere auf der eBay-Plattform ein Widerrufs recht mit einer Frist von einem Monat anstelle von 14 Tagen eingeräumt werden müsse.
„eBay“-Gesetz schafft Abhilfe = 1 Monat
Nicht zuletzt diese eBay-Problematik hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, insbesondere den § 355 BGB so zu ändern, dass eine unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilte Widerrufsbelehrung einer solchen bei Vertragsschluss gleichsteht, wenn der Unternehmer den Verbraucher gemäß Artikel 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch unterrichtet hat. Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 11.6.2010 ist es somit möglich, die Widerrufsfrist auch auf der eBay-Plattform mit einem Monat anzugeben.
Oder doch nicht?
Wer nun gedacht hat, dass das Konfliktpotenzial unter Onlinehändlern wenigstens in Bezug auf diesen Punkt ausgeräumt wäre, liegt gehörig daneben.
Wir müssen einen unserer Mandanten aktuell gegen eine Abmahnung/ Klage eines Mitbewerbers verteidigen, in der behauptet wird, dass die Einräumung einer einmonatigen (also längeren und für den Verbraucher günstigeren) Widerrufsfrist bei eBay vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Gesetzesänderung unzulässig sei, da, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen, zwingend mit einer Frist von 14 Tagen belehrt werden müsse.
Unzulässiger Vorteil durch besseren Kundenservice?
Der Kläger führt in seiner Klageschrift aus, dass sich unser Mandant dadurch Vorteile gegenüber seinen Mitbewerbern verschaffe, indem er anstelle eines zweiwöchigen Widerrufsrechts den Verbraucher durch die Einräumung einer Frist von einem Monat die Möglichkeit gebe, das erworbene Produkt länger zu testen und/oder eine aktuelle Preisentwicklung zu beobachten. Dies stelle einen Vorteil dar, der bei gesetzeskonformer Anwendung des Widerrufsrechts nicht entstehen könne.
Unseres Erachtens offenbart der Kläger damit ein Missverständnis des Wesens des Wettbewerbs und der Funktion des Wettbewerbsrechts.
Die Behauptung des Klägers, dass unser Mandant sich damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Mitbewerbern verschaffe, die ihren Kunden kürzere Fristen setzen, mag sogar zutreffen. Das trifft indessen auf viele geschäftliche Handlungen, wie zum Beispiel auf das Angebot eines zuvorkommenderen Kundenservices, das Verlangen günstigerer Preise oder die Sicherstellung von dem schnelleren Versand der Produkte als die Konkurrenz zu. Es liegt aber in der Natur des Wettbewerbs als solchem, dass Unternehmen zueinander in Konkurrenz stehen und es dadurch regelmäßig dazu kommt, dass die Handlung des einen Unternehmens diesem einen Vorteil verschafft, während ein anderer Unternehmer dadurch benachteiligt wird. Solange dies auf dem Boden der Legalität geschieht, ist es nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, diesbezüglich Gleichheit herzustellen.
Jedenfalls kann die Gewährung einer längeren Frist unseres Erachtens keinen spürbaren Wettbewerbsverstoß im Sinn des § 3 UWG bedeuten, da dem Verbraucher, dessen Schutz die Vorschriften zum Widerrufsrecht dienen sollen, dadurch keinerlei Nachteil entsteht.
Das Gericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf Ende Mai 2012 bestimmt. Wir sind gespannt.
Um die Parteien des Rechtsstreits nicht irgendwie erkennbar zu machen, verzichten wir darauf, nähere Angaben, insbesondere zum Gerichtsstand zu machen. Wir werden aber natürlich weiter über den Fall berichten. (la)
Update vom 27.3.2013:
Nachdem das Landgericht Bochum die Klage abgewiesen hatte, hat das Oberlandesgericht Hamm nun auch die Berufung des Abmahners zurückgewiesen. Die schriftlichen Gründe liegen noch nicht vor. Wir werdend das Urteil veröffentlichen, sobald wir es haben.
Die Onlinehändler unter unseren Lesern werden sie kennen: Die Probleme, die das vom Gesetzgeber für Verbraucher vorgesehene Widerrufsrecht mit sich bringen.
Das ewige Problem mit der Widerrufsfrist – 14 Tage, 4 Wochen, 1 Monat oder noch länger?
Der Ärger beginnt meist schon bei der Frage, wie eine richtige Widerrufsbelehrung auszusehen hat, um Abmahnungen der Konkurrenz zu vermeiden. Lange Zeit wurde insbesondere darüber gestritten, wie lange die Frist zu sein hat, innerhalb derer der Verbraucher den Widerruf erklären kann. 14 Tage, 4 Wochen, 1 Monat oder noch länger?
Mit der Begründung, dass eine Widerrufsbelehrung auf einer Website keine Belehrung in Textform im Sinne des Paragraphen 146b BGB entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2010 (BGH, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 66/08 – Holzhocker), dass dem Verbraucher insbesondere auf der eBay-Plattform ein Widerrufs recht mit einer Frist von einem Monat anstelle von 14 Tagen eingeräumt werden müsse.
„eBay“-Gesetz schafft Abhilfe = 1 Monat
Nicht zuletzt diese eBay-Problematik hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, insbesondere den § 355 BGB so zu ändern, dass eine unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilte Widerrufsbelehrung einer solchen bei Vertragsschluss gleichsteht, wenn der Unternehmer den Verbraucher gemäß Artikel 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch unterrichtet hat. Mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 11.6.2010 ist es somit möglich, die Widerrufsfrist auch auf der eBay-Plattform mit einem Monat anzugeben.
Oder doch nicht?
Wer nun gedacht hat, dass das Konfliktpotenzial unter Onlinehändlern wenigstens in Bezug auf diesen Punkt ausgeräumt wäre, liegt gehörig daneben.
Wir müssen einen unserer Mandanten aktuell gegen eine Abmahnung/ Klage eines Mitbewerbers verteidigen, in der behauptet wird, dass die Einräumung einer einmonatigen (also längeren für den Verbraucher günstigeren) Widerrufsfrist bei eBay vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Gesetzesänderung unzulässig sei, da, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen, zwingend mit einer Frist von 14 Tagen belehrt werden müsse.
Unzulässiger Vorteil durch besseren Kundenservice?
Der Kläger führt in seiner Klageschrift aus, dass sich unser Mandant dadurch Vorteile gegenüber seinen Mitbewerbern verschaffe, indem er anstelle eines zweiwöchigen Widerrufsrechts den Verbraucher durch die Einräumung einer Frist von einem Monat die Möglichkeit gebe, das erworbene Produkt länger zu testen und/oder eine aktuelle Preisentwicklung zu beobachten. Dies stelle einen Vorteil dar, der bei gesetzeskonformer Anwendung des Widerrufsrechts nicht entstehen könne.
Unseres Erachtens offenbart der Kläger damit ein Missverständnis des Wesens des Wettbewerbs und der Funktion des Wettbewerbsrechts.
Die Behauptung des Klägers, dass unser Mandant sich damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Mitbewerbern verschaffe, die ihren Kunden kürzere Fristen setzen, mag sogar zutreffen. Das trifft indessen auf viele geschäftliche Handlungen, wie zum Beispiel auf das Angebot eines zuvorkommenderen Kundenservices, das Verlangen günstigerer Preise oder die Sicherstellung von dem schnelleren Versand der Produkte als die Konkurrenz zu. Es liegt aber in der Natur des Wettbewerbs als solchem, dass Unternehmen zueinander in Konkurrenz stehen und es dadurch regelmäßig dazu kommt, dass die Handlung des einen Unternehmens diesem einen Vorteil verschafft, während ein anderer Unternehmer dadurch benachteiligt wird. Solange dies auf dem Boden der Legalität geschieht, ist es nicht Aufgabe des Wettbewerbsrechts, diesbezüglich Gleichheit herzustellen.
Jedenfalls kann die Gewährung einer längeren Frist unseres Erachtens keinen spürbaren Wettbewerbsverstoß im Sinn des § 3 UWG bedeuten, da dem Verbraucher, dessen Schutz die Vorschriften zum Widerrufsrecht dienen sollen, dadurch keinerlei Nachteil entsteht.
Das Gericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung auf Ende Mai 2012 bestimmt. Wir sind gespannt.
Um die Parteien des Rechtsstreits nicht irgendwie erkennbar zu machen, verzichten wir darauf, nähere Angaben, insbesondere zum Gerichtsstand zu machen. Wir werden aber natürlich weiter über den Fall berichten. (la)