Der Süßwarenhersteller Storck hat seine Bonbon-Tüten für die Konsumenten irreführend gestaltet. Das hat das Kammergericht Berlin entschieden.
Statt die Pflichtangaben über Fett und Zucker zuerst zu nennen, deklarierte er in einer ins Auge springenden Tabelle zunächst die Vitamine und Nährwerte.
Weil die Leserichtung in Europa von links nach rechts ist, müsse die Produktaufmachung die Pflichtangaben linksbündig angeben. Mache man das umgekehrt, wie bei den streitgegenständlichen Bonbons, müsse es wohl Absicht sein.
Das Voranstellen der Vitaminangaben auf Bonbontüten ist für die Konsumenten irreführend
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen die August Storck KG wegen der Aufmachung der Verpackung von „Nimm2“ Orangen- und Zitronenbonbons geklagt.
Die vom Süßwarenhersteller abgedruckten Nährwerttabellen seien unzulässig, da sie die Vitaminangaben an prominenter Stelle machten und die eigentlich hervorzuhebenden Pflichtangaben über Zucker und Fett erst an nachgeordneter Stelle folgten.
Konkret gab es auf der Verpackung zwei nebeneinanderstehende Tabellen. Die linke zeigte die Vitamine an, die rechte die vor dem Kauf abschreckenden Fette. Laut vzbv verstoße diese Gestaltung gegen die europäische Lebensmittelinformationsverordnung.
Das Kammergericht Berlin schloss sich dieser Auffassung an (KG Berlin, Beschluss v. 05.09.2019, Az. 5 U 2/19) und wies damit die Berufung Storcks gegen das Urteil des Landgerichts zurück. Ein potenzieller Käufer würde die Verpackung nicht wie ein Buch von vorne bis hinten lesen. Vielmehr würde er sein Augenmerk auch bei mehreren nebeneinanderstehenden Tabellen zunächst auf die linke richten. Das KG führte in seiner Urteilsbegründung mit scharfen Worten aus, dass der Beklagte dies nicht nur ebenso sehe, sondern sogar beabsichtige.
Der Süßwarenkonzern berief sich auf Platzmängel, das Gericht wies die Argumentation mit klaren Worten zurück
Die Gestaltung der Verpackung verstoße gegen Art. 34 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Diese enthält konkrete Vorgaben für das Format und die Reihenfolge der Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackungen. Dieser Verstoß sei auch geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen und sei deshalb kein Bagatellfall. Das befand das Gericht und teilte nicht die Rechtsauffassung der Berufung, wonach der Hersteller aufgrund von Platzmängeln den Verordnungsvorgaben nicht gerecht werden konnte. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern bei einer rechteckigen Verpackung Platzmangel einen Einfluss auf die Reihenfolge haben kann. „Dies gilt auch für zwei nebeneinanderstehende Tabellen: beim Vertauschen der Tabellen wird exakt der gleiche Raum ausgefüllt.“ Tatsächlich ist es ein Verlegenheitsargument, dass der Konzern wegen Platzmangel rechts die Vitamintabelle und links die Tabelle mit den Pflichtangaben platzieren musste.
Vzbv fordert Ampelfarbe-Kennzeichnung
Nur mit einer leicht verständlichen Nährwertkennzeichnung könne man das Bewusstsein der Konsumenten hinsichtlich einer ausgewogenen Ernährung steigern. Das will die Bundesregierung ab 2020 mit Einführung des sog. Nutriscore erreichen, einer fünfstufigen Farb- und Buchstabenskala zur Nährwertkennzeichnung von Produkten. Die vzbv setzt sich für eine verpflichtende Einführung des Nutriscore ein, obwohl es bisher EU-rechtlich allenfalls freiwillig eingeführt werden kann.