Mit Beschluss vom 8.8.2022 hat das OLG Frankfurt entschieden, dass Zwangsmittel bei erkennbarer Unvollständigkeit einer Auskunft gerechtfertigt sind, wenn der zur Auskunft Verpflichtete nicht alle zumutbaren Nachforschungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat.
Ein Anspruch auf (ergänzende) Auskunftserteilung besteht nicht mehr, wenn der Schuldner eine formell ordnungsgemäße Auskunft erteilt hat. Ob die erteilte Auskunft richtig oder falsch ist, muss gegebenenfalls im Verfahren über die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung geklärt werden. Bei erkennbarer Unvollständigkeit fehle es jedoch an einer formell ordnungsgemäßen Auskunft.
Keine vollständige Auskunft über Vorlieferant
Dem Urteil lag der folgende Sachverhalt zugrunde:
Mit einstweiliger Verfügung vom 3.12.2021 hatte das LG Frankfurt dem Antragsgegner untersagt, Schuhe mit einer Gestaltung in den Verkehr zu bringen, die in den Schutzbereich einer Farbpositionsmarke der Antragstellerin fällt. Zudem hat es dem Antragsgegner aufgegeben, „schriftlich unter Vorlage entsprechender Einkaufs- und Verkaufsbelege Auskunft über Name und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer …“ zu erteilen.
Im Parteibetrieb war die einstweilige Verfügung am 22.11.2021 dem Antragsgegner zugestellt worden. Er hat mit Schreiben vom 11.1.2022 und mit Schriftsatz vom 30.3.2022 Auskünfte erteilt. Allerdings hielt die Antragstellerin diese Angaben für unzureichend. Auf Antrag der Antragstellerin hat das LG gegen den Antragsgegner ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000 € verhängt. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat es nicht abgeholfen. Auch die Beschwerde des Antraggegners vor dem OLG blieb erfolglos.
In der vorliegenden Entscheidung betont das OLG Frankfurt, dass das LG zu Recht angenommen habe, dass der Antragsgegner über den Vorlieferanten der Schuhe keine vollständige Auskunft erteilt hatte. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners habe er der Auskunftsverpflichtung nicht durch eine Negativerklärung genügt (OLG Frankfurt, Beschluss v. 8.8.2022, Az. 6 W 41/22) .
Zumutbaren Nachforschungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft- Zwangsvollstreckung gem. § 888 ZPO gerechtfertigt
Weiter führte das Gericht aus, dass es bei erkennbarer Unvollständigkeit an einer formell ordnungsgemäßen Auskunft fehle. Dann könne der Auskunftsanspruch von der Partei auch im Wege der Zwangsvollstreckung gem. § 888 ZPO weiterverfolgt werden.
Vorliegend habe der Antragsgegner die ihm zumutbaren Nachforschungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, denn eine bloße telefonische Nachfrage genüge in der Regel nicht. Besonders gilt dies dann, wenn eine mündliche Verständigung aufgrund von mangelnden Sprachkenntnissen des Gesprächspartners nicht möglich ist. Vielmehr seien die in Betracht kommenden Lieferanten schriftlich um Überprüfung zu bitten, welche Schuh-Modelle der Rechnung zugrunde lagen und ob es die streitgegenständlichen waren. Bei in Deutschland ansässigen Unternehmen genüge es, wenn das Schreiben in deutscher Sprache verfasst wird, so das Oberlandesgericht. Zu beachten sei darüber hinaus, dass wenn das Schreiben nicht in angemessener Zeit beantwortet werde, der Antragsgegner erneut nachfragen müsse. Der Auskunftsanspruch gehe zwar nicht so weit, dass Nachforschungen bei Dritten vorzunehmen sind, um unbekannte Vorlieferanten erst zu ermitteln. Sind hingegen – wie hier – die möglichen Vorlieferanten bekannt, sind Zweifel jedoch durch Nachfrage bei den Lieferanten aufzuklären.
Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt
Auch konnte der Antragsgegner sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör berufen, weil das Landgericht zunächst nicht seinen Schriftsatz vom 30.3.2022 berücksichtigt habe. Aus den dargelegten Gründen sei das Zwangsmittel auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Schriftsatz vom 30.3.2022 zu verhängen. Außerdem habe das Landgericht den Schriftsatz jedenfalls bei der Entscheidung über die Nichtabhilfe berücksichtigt.