Beschreibende Elemente bei Beurteilung von Verwechslungsgefahr im Markenrecht nicht per se unbeachtlich

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Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Beschluss auf dem Gebiet des Markenrechts bestätigt, dass bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von Kennzeichen beschreibende Elemente nicht von vorneherein als Kriterium ausgeschlossen sind.

Beschreibenden Elementen komme im Markenrecht dennoch nach wie vor grundsätzlich nur eine geringe Unterscheidungskraft zu. Dies gelte auch bei zusammengesetzten Kennzeichen.

Marmeladenmarken und Konfitürenkennzeichen

Im Vorfeld der Entscheidung hatte eine Vertreiberin von Konfitüren, Gelees und weiteren Lebensmitteln im Herbst 2015 eine Marke unter der Bezeichnung „YOOFOOD“ beim deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) angemeldet. Allerdings hatte eine konkurrierendes Unternehmen, welches ebenfalls auf dem Gebiet des Lebensmittelverkaufs tätig ist, bereits 2014 die Marke „YO“ eintragen lassen. Dieses reagierte prompt, allerdings blieben sowohl der Widerspruch vor dem DPMA gegen erstgenannte Eintragung, als auch die darauffolgende eingelegte Beschwerde vor dem Bundespatentgericht ohne Erfolg (BPatG, Beschluss v. 10.08.2019, Az. 28 W (pat) 591/17). Erbost wandte man sich im Wege der Rechtsbeschwerde nun an höchste Stelle in Gestalt des Bundesgerichtshofes.

YOOFOOD, YOO FOOD oder FOOD von YOO?

Dieser hob den Beschluss des Bundespatengerichts auf, und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung an dieses zurück (BGH, Beschluss v. 09.07.2020, Az. I ZB 80/19). So habe das das Gericht zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr zwischen den streitigen Marken „YO“ und „YOOFOOD“ im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint. In der Vorschrift heisst es:

(1) Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,

2. wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden;

Grundsätzlich sind bei der Beurteilung einer solchen Verwechslungsgefahr alle relevanten Umstände des Einzelfalls heranzuziehen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist in Ansehung ihres Gesamteindrucks nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Zeichen auf die angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit genügt dabei regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche, wobei auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen ist. In diesem Zusammenhang sind insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente ausschlaggebend.

Das Bundespatentgericht hatte unter Zugrundelegung dieser Vorgaben zunächst angenommen, dass der inländische (also deutsche) Durchschnittsverbraucher die Wortsilbe „YOO“ der angegriffenen Marke in erster Linie wie „Joo“ ausspreche, so dass von einer phonetischen Annäherung auszugehen sei. Die zusätzliche Silbe „FOOD“ grenze die angegriffene Marke dann aber deutlich gegenüber dem Kurzwort „YO“ ab. Es bestünden auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Publikum die Wortsilbe „YOO“ wegen des beschreibenden Gehalts der weiteren Silbe „FOOD“ als – jedenfalls gedanklich – trennbaren, eigenständigen Bestandteil ansehe, der ihren Gesamteindruck präge. Eigenständigkeit innerhalb einer Einwortmarke komme primär solchen beschreibenden Ausdrücken zu, die lediglich einen ohnehin evidenten Umstand zum Ausdruck bringen, beispielsweise das mit der Marke gekennzeichnete Produkt konkret benennen (etwa „Reis“ oder „rice“, „Saft“ oder „juice“). Bei einem Warenoberbegriff wie dem Ausdruck „FOOD“ liege eine gedankliche Aufspaltung allerdings aus Sicht eines objektiven Betrachters ferner. Aufgrund dieser Erwägungen kamen die Richter zu dem Schluss, dass die Wortsilbe „YOO“ keine prägnante Wirkung hinsichtlich des Gesamteindrucks entfalte. Deshalb sei von einer Verwechslungsgefahr hinsichtlich des konkurrierenden „YO“ nicht auszugehen.

Dieser Auffassung schloß sich der BGH im Ergebnis allerdings nicht an, und bejahte eine Verwechslungsgefahr. So handele es sich vorliegend um ein aus einem prägnanten (im vorliegenden Fall das „YOO“) und einem lediglich beschreibenden („FOOD“) Wortelement zusammengesetztes Wort, das allerdings durch das „Zusammenziehen“ keinen Gesamtbegriff mit erkennbarem neuem Bedeutungsgehalt bilde. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das unterscheidungskräftige Wortelement („YOO“) das Zeichen prägt, weil der andere Zeichenbestandteil im konkreten Fall als bloßer Sachhinweis vernachlässigt werden kann. Beschreibenden, nicht unterscheidungskräftigen Bestandteilen einer zusammengesetzten Marke sei, auch wenn sie bei der Beurteilung nicht von vornherein außer Betracht bleiben, im Allgemeinen ein geringeres Gewicht bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit zuzuschreiben. Dagegen komme Bestandteilen mit einer größeren Unterscheidungskraft, die auch den von dieser Marke hervorgerufenen Gesamteindruck eher dominieren können, auch eine größere Bedeutung zu.

Schließlich habe das Bundespatentgericht bei der Prüfung, ob das Wortelement „YOO“ die angegriffene Marke prägt, einen wichtigen Erfahrungssatz aus dem Markenrecht bezüglich des Wortanfangs unberücksichtigt gelassen: Demnach wird den ersten Buchstaben oder Silben eines Wortes grundsätzlich ein größeres Gewicht zugesprochen als den nachfolgenden Wortbestandteilen, weil der Verkehr dem Beginn eines Wortzeichens im Allgemeinen größere Aufmerksamkeit schenkt. Was zuerst kommt, prägt zuerst!

Fazit

Auch am vorliegenden Fall zeigt sich wieder: In den meisten Beurteilungsfragen muss nach den Umständen des Einzelfalls unter Heranziehung gewisser etablierter Standards entschieden werden. Im Rechtsstreit vor dem BGH waren diese Standards die Unterscheidungskraft beschreibender Elemente, sowie die gesteigerte Prägnanz des Wortanfangs eines Zeichens. Grundsätzlich sind die Möglichkeiten einer Verwechslungsgefahr breit gefächert, es empfiehlt sich daher – sowohl aus Unternehmer- als auch Verbrauchersicht – juristschen Rat auf dem Gebiet des Markenrechts einzuholen. Diverse Ratgeber rund um die Thematik der Anmeldung von Marken und Ähnlichem finden Sie daher hier:

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