Oftmals wird im Rahmen von gerichtlichen Markenstreitigkeiten ein Patentanwalt beauftragt. Nach der bisherigen Rechtsprechung wurden Patentanwaltskosten in Markensachen grundsätzlich übernommen. Das OLG Frankfurt hat jetzt entschieden, dass die Beauftragung eines Patentanwalts unter Umständen überflüssig ist und somit Kosten dieses trotz Prozesssieg nicht erstattet werden müssen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. August 2023 – 6 W 24/20).
Die Parteien hatten eine markenrechtliche gerichtliche Auseinandersetzung über Unterlassungs- und Folgeansprüche. Im Zuge der Streitigkeit wurde ein Patentanwalt von der obsiegenden Partei (Kläger) beauftragt, der diverse Einwendungen gegen den Rechtsbestand der Klagemarke sowie behauptete absolute Schutzhindernisse überprüfen sollte. Der Kläger beantragte beim Landgericht Frankfurt die Kostenfestsetzung für die erste Instanz, die Verfahrens- und Terminsgebühren für den Rechtsanwalt- sowie den beauftragten Patentanwalt um-fasste. Gegen diese Gebühren richtete sich der Beklagte, da seines Erachtens Patentanwaltskosten nicht erstattungsfähig seien.
Zentrale Norm § 140 Abs. 4 MarkenG
Zentrale Norm ist der § 140 Abs. 4 MarkenG (§ 140 Abs. 3 MarkenG aF): „Von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, sind die Gebühren nach § 13 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten.“
Danach sind bei Kennzeichenstreitsachen grundsätzlich die durch einen hinzugezogenen Patentanwalt verursachten Kosten zu erstatten. Diese Norm ist jedoch nicht uneingeschränkt anzuwenden, sondern muss richtlinienkonform ausgelegt werden.
Bisher vertretene Ansicht des Gerichts
Nach der bisher herrschenden und auch vom OLG Frankfurt vertretenen Ansicht war § 140 Abs. 4 MarkenG als eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung zu verstehen. Folglich war auch eine Einschränkung des § 140 Abs. 4 MarkenG durch § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, der fordert, dass Kosten in einem Verfahren zweckendsprechend und notwendig sind, damit sie der unter-liegenden Gegenseite auferlegt werden können, nicht möglich. Im Ergebnis konnte zu jeder Kennzeichenstreitsache ohne weiteres ein Patentanwalt hinzugezogen werden und die Kos-ten mussten von der unterliegenden Partei erstattet werden.
Prozesskosten müssen „zumutbar“ und „angemessen“ sein
Aufgrund eines zwischenzeitlich ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs (Beschluss vom 28.04.2022 – C-531/20) und dem daran anschließenden Urteil des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 13.10.2022 – I ZB 12/20), hat das OLG Frankfurt nun seine Rechtsprechung geändert. Der § 140 Abs. 4 MarkenG muss vor dem Hintergrund der der Europarichtlinie 2004/48/EG zu Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, welche fordert, dass Verfahren nicht unnötig „kostspielig“ (Art. 3 Abs. 1 RL 2004/48/EG) und Prozesskosten „zumutbar und angemessen“ (Art. 14 RL 2004/48/EG) sein müssen, ausgelegt werden. D.h. eine uneingeschränkte Anwendung des § 140 Abs. 4 MarkenG ist nicht mehr möglich. Daraus folgt, dass die Beauftragung eines Patentanwalts nur dann erstattungsfähig ist, wenn die Mitwirkung dieses für die zweckdienliche Rechtsverfolgung notwendig ist. Im Rahmen des § 140 Abs. 4 MarkenG ist also unter Berücksichtigung des Einzelfalls zu prüfen, ob die der obsiegenden Partei durch die Beauftragung des Patentanwalts entstandenen Kosten zumutbar und angemessen sind.
Wann ist die Beauftragung des Patentanwalts „zumutbar“ und „angemessen“?
Die Zumutbarkeit von entstandenen Prozesskosten ist anhand der zu § 91 ZPO entwickelten Grundsätze zu prüfen. Danach ist maßgeblich, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Beauftragung des Patentanwalts (kostenauslösende Maßnahme) zum damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte. Die Beauftragung ist immer dann sach-dienlich, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig ist. Im Falle der Sachdienlichkeit ist die Auferlegung der Patentanwaltskosten der unterliegen-den Partei zuzumuten.
Im vorliegenden Verfahren wurde der Patentanwalt beauftragt, um Einwendungen gegen den Rechtsbestand der Klagemarke sowie behauptete absolute Schutzhindernisse zu prüfen. Die typischen Aufgabengebiete des Patentanwalts sind Recherchen zum Registrierstand oder zur Benutzungslage einer Marke. Die beauftragte Arbeit fiel demnach in das Aufgabengebiet des Patentanwalts. Die hier vorliegende Besonderheit ist, dass der Kläger von einem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz gerichtlich vertreten wurde. Das Gericht hat entschieden, dass eine Beauftragung eines Patentanwalts dann nicht notwendig ist, wenn die von diesem gewünschte Tätigkeit auch vom bereits beauftragten Rechtsanwalt vorgenommen werden kann. Davon ist im Fall eines Fachanwalts für gewerblichen Rechtsschutz unproblematisch auszugehen, da diese Fachanwaltschaft auch das Recht der nationalen und internationalen Marken umfasst (§ 14h Nr. 3 FAO). Das Gericht ist jedoch noch weiter gegangen und geht davon aus, dass es bei Kennzeichenstreitsachen, bei denen es sich nicht um naturwissenschaftliche oder technische Sachverhalte handelt, oftmals entbehrlich sei einen Patentanwalt hinzuziehen, da es genügend Anwälte gebe, die über besondere Sachkunde im Kennzeichenrecht verfügen und daher auch in der Lage sind Mandanten in kennzeichenrechtlichen Angelegenheiten ein-gehend zu beraten. Die Komplexität oder Bedeutsamkeit der Sache reicht nicht aus um die Beauftragung eines Patentanwalts zu rechtfertigten.
Was bedeutet dieses Urteil für Sie?
Wenn Sie eine markenrechtliche Frage oder Streitigkeit haben, sind unsere Fachanwälte für gewerblichen Rechtsschutz kompetente Ansprechpartner, um sie zu fachkundig unterstützen. Aufgrund des umfangreichen Wissens ist eine Beauftragung eines Patentanwalts i.d.R. nicht notwendig und es entstehen deutlich weniger Kosten für Sie.