OLG Düsseldorf: Bei Verwertungsverzicht eines Schutzrechts – kein Schadensersatz bei markenrechtswidriger Verwendung

Schadnesersatz Öko-Test Marke

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Jeder Schadensersatzanspruch setzt eine Vermögenseinbuße beim Verletzten voraus.

Erklärt der Inhaber eines Schutzrechts zu irgendeiner Zeit den Verzicht auf dessen monetäre Verwertung, kann ihm durch dessen rechtswidrige Nutzung kein Schaden entstehen.

Denn wie soll ein zu beziffernder Schaden entstehen, wenn zu einem vorherigen Zeitpunkt der objektive Wert der Nutzung mit Null angesetzt wurde, indem der Verletzte auf jegliche kommerzielle Nutzung seines Ausschließlichkeitsrechts verzichtet hat?

Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil v. 19.11.2020 Az. I-20 U 152/16) entschied für diesen Fall: Kein Schadensersatz bei markenrechtswidriger Verwendung des ÖKO-TEST Labels.

Werbung mit dem ÖKO-TEST Label

Die Klägerin ist Herausgeberin des bundesweit erscheinenden ÖKO-TEST-Magazins, welches neben allgemeinen Verbraucherinformationen insbesondere Waren- und Dienstleistungstest veröffentlicht. Zudem ist die Klägerin seit vielen Jahren Inhaberin verschiedener ÖKO-TEST Labels, die dem markenrechtlichen Schutz unterliegen. Sie gestattet Herstellern getesteter Produkte grundsätzlich die Werbung mit dem ÖKO-Test Label, sofern diese einen unentgeltlichen Lizenzvertrag abgeschlossen haben.

Nun testete die Klägerin eine Zahncreme und bewertete diese mit „sehr gut“. Die Beklagte, Herstellerin des Produktes, wollte sodann zur Bewerbung ihres Produktes dieses Testergebnis veröffentlichen. Dazu schloss sie mit der Klägerin einen Lizenzvertrag ab, der sie zur Nutzung des zu dem damaligen Zeitpunkt aktuellen ÖKO-TEST Labels ermächtigte.

Später erlangte die Klägerin Kenntnis vom Vertrieb der Zahnpasta auf weiteren Webseiten.

Die Verpackung des Produktes wurde durch eine andere Aufschrift sowohl bildlich als auch inhaltlich verändert und entsprach nicht mehr der Verpackung des ursprünglich getesteten Produktes. Außerdem befand sich das streitgegenständliche Test-Label weiterhin auf der Verpackungsvorderseite.

Daraufhin mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Ein Grund dafür sei die nicht berechtigte Verwendung des streitgegenständlichen ÖKO-TEST Labels aufgrund des Lizenzvertrages.

OLG Düsseldorf: Verurteilung zur Unterlassung

Ein Unterlassungsanspruch bestehe nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. c Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV). Danach gewähre die Gemeinschaftsmarke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht, welches ihm gestattet, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen. Dies betreffe solche Waren, die nicht denen ähnlich sind, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen sei, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt sei und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ausnutze oder beeinträchtige. Eine Klagemarke sei bekannt, wenn sie über einen gewissen Grad an Bekanntheit beim maßgeblichen Publikum verfüge – es genüge, wenn ein bedeutender Teil des maßgeblichen Publikums das Zeichen kenne.

Die Klägerin veranstaltet schon seit vielen Jahren Warentests und gestattet Herstellern der getesteten Produkte die Verwendung des ÖKO-TEST-Labels. So trete dem Verbraucher das Label auf einer großen Zahl von Produkten im täglichen Leben entgegen.

Die zudem erforderliche rechtsverletzende Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen oder ähnlichen Zeichens, setze voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise die Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen (GRUR 2015, 1214 Rn. 32 – Goldbären).

Durch das Anbringen des Test-Label auf der Verpackung der Zahncreme sei ein hochgradig ähnliches Zeichen benutzt worden. Irrelevant sei bei der Bewertung der Ähnlichkeit, dass die Beklagte das Label nicht als Marke, sondern als Testsiegel benutze – denn eine bekannte Marke kann auch durch eine nicht markenmäßige Verwendung verletzt werden.

So müsse eine gedankliche Verknüpfung mit der Klagemarke angenommen werden, weil der Verkehr annimmt, es handele sich um ein Produkt welches getestet wurde.

Kein Schadensersatzanspruch trotz Verurteilung zur Unterlassung

Jeder Schadensersatzanspruch setzt das Vorliegen einer Vermögenseinbuße voraus. § 14 Abs. 6 Markengesetz (MarkenG.) regelt den Anspruch des Inhabers auf Ersatz des Schadens durch die markenrechtswidrige Verwendung:

„Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet.“

Zur Bemessung des Schadensersatzes könne sowohl der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erziele, als auch der Betrag, den er als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen herangezogen werden.

Doch ungeachtet der unterschiedlichen Berechnungsmöglichkeiten, habe immer eine Vermögenseinbuße beim Verletzten vorzuliegen. Biete der Inhaber der Marke für alle Nutzungen eine unentgeltliche Lizensierung an und verzichte damit vollständig auf eine monetäre Verwertung seiner Ausschließlichkeitsrechte, könne sich aus diesen Umständen kein Schaden – eine unfreiwillige Vermögenseinbuße – ergeben. Das zeige vor allem, dass ein objektiver Wert der Nutzung nicht zu beziffern sei. Die Berechnung könne nur stattfinden, wenn die Parteien für die Nutzung eine Lizenzgebühr vereinbart hätten, so dass das Vermögen des Verletzten bei jeder Zuwiderhandlung um die entgangene Lizenzgebühr gemindert sei.

Zur Ermittlung des objektiven Wertes gehöre insbesondere ein festzustellender verkehrsmäßig üblicher Wert der Benutzungsberechtigung in Anlehnung an tatsächlich vereinbarte Lizenzen. Verzichte – wie hier – der Verletzte gänzlich auf die kommerzielle Nutzung seiner Ausschließlichkeitsrechte, könne der objektive Wert der Nutzung nur mit Null betitelt werden (OLG Hamm, Urteil v. 13.06.2017, Az. 4 U 72/16).

Kein Schadensersatz bei markenrechtswidriger Verwendung des ÖKO-TEST Labels

Man könnte grundsätzlich meinen, jede markenrechtswidrige Verwendung löst einen Anspruch auf Schadensersatz aus.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf zeigt: Dem ist nicht so – hat ein Rechtsinhaber auf die kommerzielle Verwertung seiner Rechte verzichtet, kann keine Berechnungsmethode herangezogen werden, um die Schadenshöhe festzusetzen.

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