Das Gericht nahm wegen der gesellschaftlichen Assoziation des Namens mit dem organisierten Drogenhandel und Drogenterrorismus des kolumbianischen Medellín-Kartells einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten an.
Bezugspunkt für einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und gute Sitten
Das Gericht musste hauptsächlich die Frage klären, ob die Entscheidung des EUIPO, den Namen „Pablo Escobar“ als gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten verstoßend anzusehen, rechtmäßig war. Da die Definition der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten innerhalb der EU durch die unterschiedliche kulturelle Prägung der Mitgliedstaaten unterschiedlich beurteilt werden könne, reiche es für einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 lit. f der Unionsmarkenverordnung (UMV) als absolutes Eintragungshindernis aus, dass zumindest in einem Mitgliedstaat ein entsprechender Verstoß vorliegen würde.
Das Gericht führte zunächst aus, dass nicht lediglich das potenzielle Zielpublikum für die unter der Marke vertriebenen Produkte einzubeziehen sei, da auch die Öffentlichkeit, die nicht an den Produkten interessiert sei, mit der Marke in Berührung kommen könnten. Hier wurde wegen der historischen Verbindung zu Kolumbien und der damit verbundenen besonderen Vertrautheit mit der Persönlichkeit Pablo Escobar auf die Beurteilung der spanischen Öffentlichkeit abgestellt. Dabei dürfe weder die bloße Mehrheit, noch besonders gleichgültige oder besonders sensible Teile der Öffentlichkeit maßgeblich sein, sondern vernünftige Personen mit durchschnittlicher Empfindlichkeit und Toleranzschwelle. Diese Verkehrskreise würden nach Ansicht des Gerichts die Figur Pablo Escobars im Widerspruch zu den unteilbaren und universellen Werten der Union, namentlich die Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Solidarität sowie Grundsätze von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, wahrnehmen. Hieraus ergebe sich ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten.
Keine Selbstbindung des EUIPO
Die Antragstellerin meinte, die Eintragung der Marke „Pablo Escobar“ sei geboten, da das EUIPO in der Vergangenheit schon Namen anderer krimineller historischer Figuren wie „Bonnie and Clyde“, „Al Capone“ oder „Che Guevara“ als Unionsmarken eingetragen habe, die ebenso wie Pablo Escobar ein Teil der Popkultur geworden seien. Durch die Verweigerung der Eintragung verstieße die Behörde gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und Gleichbehandlung.
Das Gericht stellte hingegen klar, dass die Entscheidung des EUIPO im Einklang mit der gesetzlichen Grundlage des Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV im Lichte der Auslegung durch die europäischen Gerichte erfolgte und nicht daran gebunden sei, welche Entscheidungen in anderen Fällen ergangen seien und insofern keine Selbstbindung bestehe.
Unschuldsvermutung zugunsten Pablo Escobar unerheblich
Schließlich sah die Antragstellerin die Unschuldsvermutung zugunsten des im Jahr 1993 verstorbenen Pablo Escobar, der nie wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe verurteilt wurde, durch die ablehnende Entscheidung des EUIPO verletzt.
Das EuG erläuterte hierzu, dass das EUIPO in ihrer Begründung zur ablehnenden Entscheidung klar dargelegt habe, dass Escobar zeit seines Lebens zwar nie verurteilt wurde, durch die Inszenierung seiner Person in Literatur, Filmen und Serien jedoch in der öffentlichen Wahrnehmung dessen ungeachtet unzweifelhaft als krimineller Drogenboss wahrgenommen werde. Allein auf diese Wahrnehmung komme es bei der Entscheidung an. Die Unschuldsvermutung aus Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sah das Gericht folglich nicht als verletzt an.
Die Entscheidung des EuG zeigt, welche Hindernisse der Eintragung einer Unionsmarke entgegenstehen können. Die Unterschiede bei der Definition der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten in den verschiedenen Mitgliedstaaten müssen stets berücksichtigt werden, da sie auf das gesamte Gebiet der EU „ausstrahlen“ können. Antragsteller, die eine Unionsmarke eintragen lassen wollen, sollten sich deshalb im Vorfeld rechtlich durch auf das Markenrecht spezialisierte Rechtsanwälte beraten lassen.