Das Landgericht Frankenthal hat sich in einem aktuellen Urteil zur Beweislast bei negativen Bewertungen auf Ärzteportalen geäußert. Nach Ansicht der Kammer muss grundsätzlich der klagende Arzt darlegen, dass die entsprechenden Beiträge falsch sind.
Allerdings trifft auch das Bewertungsportal selber die Pflicht, gewisse Tatsachen zur Aufklärung im Rahmen einer sekundären Darlegungslast vorzutragen.
Zivilkammer zieht zeterndem Zeitgenossen Zahn
Ausgangspunkt des Rechtsstreits vor dem Frankenthaler Landgericht war eine in aller Deutlichkeit verfasste, negative Bewertung eines anonymen Patienten über dessen Kieferorthopäden. In dieser kommentierte der Autor den Besuch bei seinem Arzt des Nichtvertrauens wie folgt:
Ich fühlte mich während der Behandlungszeit immer sehr unwohl, wenn ich einen Termin dort wahrzunehmen hatte. Ich halte (…) für einen extrem schlechten Arzt, weil ich fand den Umgang mit mir als Patient eine Katastrophe! Meiner Meinung nach ein ganz furchtbarer Mensch.
Mit harschen Worten und fragwürdigem Satzbau war es hier allerdings noch nicht getan. Erbost vergab der Verfasser auch Schulnoten zu der Leistung des Doktors:
Behandlung: 6,0 Angst Patienten: 5,0
Aufklärung: 5,0 Wartezeit Praxis: 3,0
Vertrauensverhältnis: 5,0 Betreuung: 4,0
genommene Zeit: 5,0 Entertainment: 2,0
Freundlichkeit: 5,0 Kinderfreundlichkeit: 6,0
Praxisausstattung: 4,0
Besagter Kieferorthopäde wollte diese Bewertung indes nicht auf sich sitzen lassen, und verlangte von dem Ärzteportal die Löschung des Beitrags. Seiner Meinung nach hatte eine Behandlung des Patienten nie stattgefunden, entsprechend unzutreffend seien daher dessen Aussagen. Nachdem sich das Bewertungsportal mit Bitte um eine konkretere Begründung an den Patienten gewandt hatte, übersandte dieser folgende Antwort:
Im Einwand von Herrn Kläger werde ich dazu aufgefordert, Anknüpfungstatsachen zu nennen. Dies habe ich bewusst nicht gemacht, da Tatsachen im Zweifel für einen Patient nicht beweisbar sind. Sehr wohl darf ich jedoch meine Meinung äußern … Alles was ich hier erlebt habe, möchte ich nicht im Detail schildern, es war eine Katastrophe…. Beweisdokumente sind beigefügt.
Der Name der Patienten sowie das genaue Datum der Behandlung waren allerdings auf den Unterlagen geschwärzt worden. In der Folge entfernte der Betreiber der Seite lediglich den Satz „Meiner Meinung nach ein ganz furchtbarer Mensch“ am Ende des Beitrages, während der Rest im Netz gelassen wurde. Hiergegen reichte der Zahnarzt nun Unterlassungsklage vor dem Frankenthaler Landgericht ein.
LG Frankenthal: Bewertungsportal muss nachbohren
Die Kammer gab dem Kläger im Ergebnis Recht, und verpflichtete das Portal zur Herausnahme des strittigen Beitrags (LG Frankenthal, Urteil v. 18.9.2018, Az. 6 O 39/18). Nach Ansicht der Richter treffe zwar zunächst denjenigen, der eine negative Bewertung entfernen lassen möchte, die primäre Beweislast. So müsse der betroffene Arzt detailliert darlegen, warum der Beitrag im Einzelnen unzutreffend und rechtswidrig ist. Darüber hinaus bestehe aber auch eine sekundäre Darlegungspflicht des Bewertungsportals. Dies folge aus dem Umstand, dass der Beweis negativer Tatsachen für den Arzt besonders schwierig sei.
Diese Pflicht habe der Betreiber der Internetplattform nicht ausreichend beachtet. Die von dem Patienten eingeholten Begründungen reichten letztlich nicht aus. Dieser habe lediglich seine subjektiven Empfindungen dargelegt, ohne direkte Anknüpfungspunkte zu nennen, die die Bewertung hätten untermauern können. Aus diesem Grund müsse davon ausgegangen werden, dass eine Behandlung des Verfassers tatsächlich nie stattgefunden hat.
Fazit: Zähne zeigen!
Der Fall zeigt: Soll ein negativer Beitrag von einem Bewertungsportal gelöscht werden, muss der Arzt selber darlegen, inwiefern dieser im Einzelnen unrichtig ist. Hilfe darf er allerdings von der Plattform erwarten. Diese muss konkrete Tatsachen aufzeigen, zu denen der Betroffene dann Stellung nehmen kann. Andernfalls steht dem Arzt ein Unterlassungsanspruch auf Löschung der Bewertung zu. Seiten wie Jameda und co. erfreuen sich großer Bekanntheit, negative Kritiken können daher durchaus weitreichenden Einfluss auf die Kundschaft eines Arztes haben. Es empfiehlt sich daher, derartige Beiträge aus dem Netz nehmen zu lassen. Die Portale selber werden in diesem Zusammenhang nach den Grundsätzen der Störerhaftung verpflichtet – wir berichteten:
Übrigens ist in Einzelfällen darüber hinaus auch die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches denkbar. Voraussetzung ist hier allerdings, dass dem Arzt tatsächlich ein messbarer wirtschaftlicher Nachteil entstanden ist. Mehr zu der Thematik finden sie hier: