Mandanten teilen uns aktuell vermehrt mit, dass die Bewertungsplattform Trustpilot offenbar ihre Prüfprozedur nach Meldung von rechtswidrigen Bewertungen geändert hat.
Trustpilot springt auf KI-Zug auf
In einer Textbaustein-E-Mail führt Trustpilot aus:
Wenn eine Bewertung aus diesem Grund gemeldet wird, bitten wir Bewerter nun nicht mehr um Nachweise zu ihrer Erfahrung. Stattdessen schicken wir die Bewertung durch unsere neue Erkennung Software, die verschiedene Faktoren analysiert.
Nur wenn die Software feststelle, dass der Inhalt oder der Bewerter verdächtig sind, werde die Bewertung offline gestellt. Wenn nicht, dann bleibe die Bewertung online:
Die Entscheidung von Trustpilot, auf automatisierte Systeme umzusteigen, ist wahrscheinlich der hohen Anzahl von Beanstandungen geschuldet. Sie steht jedoch in einem kritischen Licht, insbesondere wenn man sie im Kontext der Anforderungen der deutschen Rechtsprechung betrachtet.
Automatisierte Prozesse vs. rechtliche Anforderungen
Nach deutschem Recht ist ein Hostprovider verpflichtet, bei einem konkreten Hinweis auf einen möglichen Rechtsverstoß die Beanstandung dem Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Der Bundesgerichtshof hat hierzu klargestellt, dass, sollte keine Stellungnahme erfolgen, die beanstandete Bewertung unter der Annahme der Berechtigung der Beanstandung zu löschen ist (BGH, Urteil v. 9.8.2022, Az. VI ZR 1244/20).
Ein aktueller Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg hat diese Anforderungen weiter konkretisiert (OLG Hamburg, Beschluss v. 8.2.2024, Az. 7 W 11/24). In diesem Beschluss wurde festgestellt, dass ein Bewerteter die Löschung einer Bewertung verlangen kann, wenn der Portalbetreiber dem Bewerteten nicht die Möglichkeit gibt, das Vorliegen eines geschäftlichen Kontaktes zu überprüfen.
Siehe unseren Bericht dazu hier:
Fazit
Die Praxis von Trustpilot, Beschwerden lediglich durch eine Software analysieren zu lassen, wird den höchstrichterlichen Anforderungen an die Prüfungspflichten von Plattformbetreibern nicht ansatzweise gerecht.
Praxistipp
Was auf den ersten Blick nach einem schlauen Schachzug von Trustpilot aussieht, um der Meldeflut von rechtswidrigen Bewertungen Herr zu werden, könnte sich als schmerzhafter Bumerang erweisen.
In mehreren Entscheidungen haben Gerichte nämlich bereits festgestellt, dass bereits die bloße Verletzung von Prüfungspflichten ausreicht, um einen Unterlassungsanspruch des Betroffenen auszulösen. Der Vortrag des Bewerteten gilt nämlich als zugestanden, wenn der Betreiber des Bewertungsportals bei den Bewertern nicht die gebotenen Nachforschungen anstellt.
Beispielhaft sei auf die von unserer Kanzlei erstritten Entscheidung des Thüringer Oberlandesgericht aus dem Jahr 2019 verwiesen:
Betroffene, die eine solche E-Mail von Trustpilot erhalten, brauchen somit nichts weiter zu tun, als diese dem Gericht vorzulegen. Eine Klage oder ein Antrag auf einstweilige Verfügung dürfte damit ohne weiteres durchgehen. Dies insbesondere deshalb, da sich Trustpilot offensichtlich ganz bewusst den Prüfungspflichten verschließt und damit sogar vorsätzlich handelt.