Es ist eine unendliche Geschichte mit immer ähnlichen Episoden. Kapitalanlagerecht ist eines der anwaltlichen Themengebiete, in denen Kollegen mit Geschäftsinn und wenig Skrupel schnell viel Geld verdienen können.
Hohe Streitwerte,
Aufgrund der hohen Summen, die Anleger in verschiedene Investitionsmodelle, sei es zum Beispiel für die Altersvorsorge in Aktien, Fonds oder Edelmetalle investieren, warten zahlreiche lohnende, potentielle „Beratungsmandate“ nur darauf, anlässlich von – tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen – Anlagekandalen akquiriert zu werden.
Fließbandarbeit,
Zur Attraktivität dieser Art von Mandaten trägt aber nicht nur der vergleichsweise hohe Streitwert, sondern auch die Tatsache bei, dass die Abarbeitung dieser Fälle aufgrund ihrer Vergleichbarkeit keine individuell abgestimmte anwaltliche Arbeit im Einzelfall erfordert, sondern oft mithilfe von vorgefertigten Schreiben und Klageschriften gewissermaßen wie am Fließband geleistet werden kann.
und die Rechtsschutz zahlt.
Hinzukommt, dass viele Anleger eine Rechtsschutzversicherung haben, die die Kosten der anwaltlichen Beratung – unabhängig von deren Erfolg – übernehmen.
Grundvoraussetzung für den anwaltlichen Geldsegen ist aber natürlich ein – möglichst skandalträchtiger – Fall, in dem – möglichst viele – Anleger außergerichtlich beraten oder bestenfalls in einem Gerichtsverfahren vertreten werden möchten. Existiert ein solcher Fall nicht, setzt der findige “Anlegerschutzanwalt” alles daran, einen solchen zu schaffen.
Falsche Betrugsvorwürfe als Mandantenwerbung
In einem aktuellen Fall hatte eine uns bereits aus zahlreichen anderen Fällen bekannte “Anlegerschutzkanzlei” in einer über den Presse Service DGAP über eine erstinstanzliche Entscheidung eines Landgerichts zulasten eines Edelmetallhändlers berichtet und ihm „betrügerische“ Verhaltensweisen vorgeworfen.
Ganz im Sinne einer fürsorglichen Kundeninformation ließ man es sich nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass man gerne bereit sei, vermeintlich geschädigte Anleger zu vertreten. „Kostenlose Erstberatung“ inklusive.
Was die Kanzlei geflissentlich verschwieg war der nicht uninteressante Aspekt, dass die Entscheidung zwischenzeitlich vom Hanseatischen Oberlandesgericht insoweit mit deutlichen Worten korrigiert worden war: An den Betrugsvorwürfen war nichts dran. Diese über zulässige Unternehmenskritik weit hinausgehende Herabsetzung wollte sich der Händler verständlicherweise nicht gefallen lassen.
Während die angeschriebenen Provider die rechtswidrigen Pressemitteilungen nach Aufforderung aus Ihren Portalen umgehend entfernten, hatte es die Kanzlei selbst nicht so eilig, darauf hinzuwirken, dass die Pressemitteilung an allen Veröffentlichungsstellen verschwindet.
Kanzlei muss falsche Pressemitteilung auch auf Drittseiten beseitigen
Das Landgericht Hamburg folgte der Antragstellerin in ihrer Auffassung, dass diese Art der Berichterstattung (Mandantenwerbung) unzulässig war und rechtswidrig in das (Unternehmer-)persönlichkeitsrecht des Händlers eingriff. Die Kanzlei musste danach nicht nur die unmittelbar beauftrage DGAP zur Löschung der Veröffentlichung anhalten, sondern hätte auch eigenverantwortlich die weiteren Veröffentlichungsstellen prüfen und gegebenenfalls zur Beseitigung auffordern müssen.
LG Hamburg erlässt einstweilige Verfügung
Die nach erfolgloser Abmahnung beantragte einstweilige Verfügung wegen rechtswidriger, da herabsetzender Werbung, erließ die zuständige Kammer umgehend (LG Hamburg, Beschluss v. 28.2.2018, Az. 312 O 43/18). Bei Zuwiderhandlung droht der Kanzlei ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Streitwert wurde, da es sich „nur“ um Ableger der Originalmeldung handelte, mit moderaten 24.000,00 € festgesetzt.
Rechtsanwalt Arno Lampmann von der Kanzlei LHR:
“Rechtsanwälte, die sich den Anlegerschutz auf die Fahnen geschrieben haben, bedenken oft nicht, dass rechtswidrige, unwahre Werbung im Finanzbereich hohen Schaden verursachen kann, der nicht von der anwaltlichen Vermögenshaftpflicht abgedeckt wird. Umso erfreulicher ist es, dass die Gerichte die Belange der betroffenen Unternehmen ernst nehmen, und solche rechtswidrigen Maßnahmen umgehend unterbinden. Auch im eigenen Interesse der rechtswidrig werbenden Kollegen.“
Offenlegung: Unsere Kanzlei hat die Antragstellerin vertreten.