Als einen Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht von Boris Becker hat das Oberlandesgericht Karlsruhe einen Beitrag von Oliver Pocher eingestuft (OLG Karlsruhe, Urteil vom 28.11.2023, Az. 14 U 620/22).
Der Entscheidung ging ein längerer Rechtsstreit voraus. Die Vorinstanz war in ihrer Entscheidung noch zu dem Ergebnis gelangt, der Pocher-Beitrag verletze nicht Persönlichkeitsrechte des früheren Tennisprofis Boris Becker (LG Offenburg, Urteil vom 15.11.2022, Az. 2 O 20/21).
In einem Fernsehsegment wurde ein ironischer Spendenaufruf mit dem Titel „Make Boris rich again“ inszeniert. Dabei erhielt Boris Becker unwissentlich Geld im Rahmen eines fingierten Modepreises während der Sendung.
Obwohl er den „Fashion Brand Award 2020“ ohne Verdacht entgegennahm und sich sogar per Videoschalte bedankte, deren Ausschnitte gezeigt wurden, war ihm nicht bewusst, dass es sich um einen Teil des satirischen Beitrags handelte.Persönlichkeitsrechten verletzt.
Vorwurf der Täuschung
Eine Einwilligung in die Veröffentlichung von Filmaufnahmen sei nicht erfolgt, jegliche diesbezügliche Willensäußerung des Klägers durch Täuschung bewirkt. Der Beitrag erfülle ferner nicht die Anforderungen an ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Kunsturhebergesetz (KUG), weshalb dieser ohne Einwilligung nicht hätte veröffentlicht werden dürften.
Beckers Anwalt forderte den Beklagten zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf und verlangte die Löschung des Films auf den Präsenzen des Beklagten in sozialen Medien.
Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht bei Bildnissen von Personen
Das OLG Karlsruhe urteilte nun, dass bei der Frage, ob ein Bildnis einer Person dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen ist (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG) eine Abwägung stattzufinden hat. Im Rahmen dieser Abwägung seien der Informationswert des Bildnisses und der begleitenden Wortberichterstattung und die Umstände der Gewinnung des Bildnisses mit dem Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten abzuwägen.
Bloße Abgrenzung zu Schmähkritik reicht nicht
Dass eine Wortberichterstattung, die angegriffen wird, bloß zulässig ist und keine Schmähkritik darstellt, genügt nach Auffassung des OLG Karlsruhe nicht, um eine Bebilderung ohne die Einwilligung des Betroffenen zu rechtfertigen. Das LG Offenburg hatte in der Vorinstanz die Auffassung vertreten, der Pocher-Beitrag lasse weder Formalbeleidigung noch Schmähkritik erkennen.
Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht bei Berichterstattung und Satire
Dabei ist es für das OLG Karlsruhe auch nicht entscheidend, ob eine mit einem bebilderten Beitrag vermittelte Information der objektiven Berichterstattung, der Teilnahme am Meinungsbildungsprozess oder der satirischen Unterhaltung zuzurechnen ist. Dies führe bei der Abwägung „nicht zu einer unterschiedlichen Gewichtung“, entschied das OLG Karlsruhe.
Täuschung kann zu Überwiegen des Persönlichkeitsrechts führen
Wenn ein Ereignis, das abgebildet wird, auf die Täuschung über die beabsichtigte Verwendung von Aufnahmen zurückzuführen ist und der Informationsgehalt der Berichterstattung und eines Bildnisses in Bezug auf das öffentliche Interesse an der abgebildeten Person gering ist, kann das Persönlichkeitsrecht bei der Abwägung überwiegen.
Ferner entschied das OLG Karlsruhe, dass es nicht darauf ankomme, ob Becker den Sender oder die Produktionsfirma in Anspruch hätte nehmen können. Da der Beklagte sich nicht darauf berufe, seine Social-Media-Auftritte nicht selbst zu verantworten, sei seine Passivlegitimation auch insofern gegeben. Becker habe in der mündlichen Verhandlung zutreffend darauf hingewiesen, dass es zwischen dem Beklagten und der Produktionsgesellschaft Vertragsbeziehungen geben müsse.
Revision nicht zugelassen
Das Urteil des OLG Karlsruhe, welches die Revision nicht zugelassen hat, ist vorläufig vollstreckbar.