Die NPD hat es erneut versucht: Die Ausstrahlung eines – gelinde gesagt – „provokanten“ Wahlwerbespots im ZDF. Diesmal jedoch nicht mit einem brennenden Scheiterhaufen und einem vertriebenen „Heiko Maaslos“ wie bei der Bundestagswahl 2017.
Zur anstehenden Europawahl beabsichtigte die NPD einen Werbespot im ZDF veröffentlichen zu lassen, der die angeblichen Folgen der „willkürlichen Grenzöffnung 2015“ aufzeigen sollte. Das ZDF verweigerte die Ausstrahlung und das Bundeverfassungsgericht gab dem Sender Recht. Der Tatbestand der Volksverhetzung sei erfüllt.
Nachdem die NPD dem öffentlich-rechtlichen TV-Sender ZDF einen Werbespot unter anderem mit der Formulierung „Migration tötet“ eingereicht hatte, lehnte der Sender die Ausstrahlung ab. Die NPD wollte mit einem Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Ablehnung vorgehen – dies jedoch vergeblich. Nach Auffassung des BVerfG erfülle der Werbespot den Tatbestand der Volksverhetzung (BVerfG, Beschluss v. 27. 4.2019, Az. 1 BvQ 36/19).
Bereits das VG Mainz und das OVG Koblenz wiesen den Antrag zurück
Das BVerfG entschied in letzter Instanz. Vor ihm hatten bereits das Verwaltungsgericht Mainz und das Oberverwaltungsgericht Koblenz dem Sender Recht gegeben. Letzteres hatte in der Begründung im Beschwerdeverfahren angegeben, der Bericht mache
„in Deutschland lebende Ausländer in einer Weise bösartig verächtlich, die ihre Menschenwürde angreift und geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“.
Die NPD fordert zur „Schaffung von Schutzzonen“ auf
In dem Video der NPD war von einer „unkontrollierbaren Massenzuwanderung“ die Rede, durch die Deutsche „fast täglich zu Opfern ausländischer Messermänner“ würden. Ebenso wurde zur „Schaffung von Schutzzonen“ als Orte, an denen Deutsche sich sicher fühlen sollten, aufgerufen. Die Formulierung „Migration tötet“ sei laut Aussage der NPD in einer Pressemitteilung böswillig missverstanden und eine fernliegende Deutung sei vorgenommen worden.
Dies sah das BVerfG jedoch anders. Dass die mit dieser Aussage im Kontext stehende Schaffung der Schutzzonen, keine andere Deutung zulasse als eine volksverhetzende und die von der Partei vorgebrachten Deutungen fernliegend seien, habe das Oberverwaltungsgericht nachvollziehbar begründet. Ferner sei nicht erkennbar, dass die Verwaltungsgerichte in ihren Entscheidungen den Schutzgehalt der Meinungsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verkannt hätten.
Pflicht zur Ausstrahlung gilt nicht bei schwerwiegenden Verstößen gegen die allgemeinen Gesetze
Der öffentlich-rechtliche und private Rundfunk ist bei der politischen Meinungsbildung zur Ausstrahlung von Werbesendungen zur Wahlkampfführung verpflichtet. Die Pflicht ergibt sich beim ZDF auch bzgl. der Wahlen der Abgeordneten aus der Bundesrepublik Deutschland für das Europäische Parlament aus Paragraph 11 des ZDF-Staatsvertrags.
Die Pflicht gilt jedoch unter anderem dann nicht, wenn der Inhalt offenkundig und schwerwiegend gegen die allgemeinen Gesetze verstößt (§ 11 Abs. 2, Alt. 2 ZDF-Staatsvertrag). Da nun ebenso vom BVerfG der Tatbestand einer Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB als erfüllt angesehen wurde, kann das zweite deutsche Fernsehen nicht zur Ausstrahlung des Fernsehwahlwerbespots verpflichtet werden.
Die innere Haltung einer Partei ist nicht maßgeblich
Diesen Aspekt berücksichtigte die NPD nun und änderte den Werbespot – mit Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht gab einem erneuten Eilantrag der NPD statt, bei dem die Partei diesmal die ARD verpflichtet sehen wollte, ihren Wahlwerbespot zur Europawahl auszustrahlen.
Wie das Gericht richtig herausstellte, sei bei der Prüfung nicht die Partei, sondern alleine der Spot selbst zu bewerten. Die „innere Haltung oder die parteiliche Programmatik“ der NPD sei laut Bundesverfassungsgericht nicht maßgeblich.
Somit gilt für jede Partei, unabhängig von ihrer (bisherigen) Gesinnung: Bevor öffentlich-rechtliche Sender die Ausstrahlung eines Wahlwerbespots verweigern dürfen, muss bei etwaigen Vorwürfen eines Verstoßes gegen allgemeine Gesetze mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können, dass es sich um einen solchen handelt – so formulierte es auch das höchste Gericht. Schließlich wird die Meinungsfreiheit in Deutschland groß geschrieben und kann nur so gewährleistet werden.