Die Klägerin machte gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einer Urheberrechtsverletzung geltend. Die Klägerin gab die Planung eines Mehrfamilienhauses, welches 6 bis 12 Eigentumswohnungen haben sollte in Auftrag. Leider konnte das Gebäude aufgrund von Insolvenz nicht von ihr fertig gestellt werden. Also wurde die Beklagte selbst tätig und stellte das Gebäude mittels der Pläne der Klägerin fertig. Die Klägerin sah hierin eine Urheberrechtsverletzung durch die Beklagte. Sie vertrat die Ansicht, bei dem in ihrem Auftrag geplanten und entworfenen Objekt handele es sich um ein Werk der Baukunst, das urheberrechtlichen Schutz genieße. Das Bauwerk rage deutlich aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens heraus.
Das Landgericht Mannheim (LG Mannheim, Urteil v. 22.06.2012, Az. 7 O 410/11) wies die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Planungsleistungen nicht die Annahme eines urheberrechtlich geschützten Werkes der Baukunst rechtfertigten. Hiergegen wendete sich die Berufung der Klägerin. Das Landgericht habe rechtsirrig die urheberrechtliche Schutzfähigkeit der Entwürfe verneint. Die Beklagten trugen vor, das Bauwerk weise keine einem Urheberrechtsschutz zugänglichen Merkmale auf.
Bauwerk muss aus Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragen
Die Berufung der Klägerin hatte ebenso keinen Erfolg. Zunächst erläuterte das Gericht, dass die Klägerin nicht als Urheberin in Betracht komme. Dies sei derjenige, der für die der Klägerin den Plan erstellt habe, weil dieser die schöpferische Leistung erbringe. Die Klägerin könne jedoch aus ihren Nutzungsrechte Schadensersatzanspruch geltend machen. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheide aber deshalb aus, weil das in den Plänen wiedergegebene und nach ihnen ausgeführte Wohnhaus nicht urheberrechtlich geschützt sei.
Das Gericht erklärte, welche Bauwerke geschützt seien:
„Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG sind geschützte Werke auch Werke der Baukunst, soweit sie persönlich geistige Schöpfungen sind (§ 2 Abs. 2 Urhebergesetz). Dabei sind Werke der Baukunst bereits als Entwürfe geschützt. Voraussetzung ist allerdings, dass die individuellen Züge, die das Bauwerk als persönlich geistige Schöpfung qualifizieren, bereits im Entwurf ihren Niederschlag gefunden haben. Auf die Art und Weise ihrer Darstellung im Entwurf, stellt die Klägerin zu Recht nicht ab. Maßgeblich ist daher die Schutzfähigkeit des im Plan dargestellten Bauwerks. Ist das auf den Plänen wiedergegebene und danach auszuführende Bauwerk schutzfähig, dann dürfen die Pläne nur mit Zustimmung des Urhebers ausgeführt werden. Denn die Ausführung eines Baus durch einen Anderen nach den Entwürfen des Urhebers ist urheberrechtlich als Vervielfältigung i.S. des § 16 UrhG zu werten und bedarf daher dessen Zustimmung.“
Die für eine persönlich geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordere, dass das Bauwerk nicht nur das Ergebnis eines rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstelle, sondern dass es aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausrage. Werke der Baukunst könnten beispielsweise geprägt durch ihre Proportionen, Größe, Einbindung in das Gelände, die Umgebungsbebauung, Verteilung der Baumasse, konsequente Durchführung eines Motivs und Gliederung einzelner Bauteile wie der Fassade oder des Daches sowie dadurch, dass alle einzelnen Teile des Bauwerks so aufeinander bezogen sind, dass sie zu einer Einheit verschmelzen, sein. Die Bejahung einer persönlichen geistigen Schöpfung und der dafür notwendigen Individualität setze aber voraus, dass die Lösung über die Bewältigung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung der einschlägigen technischen Lösungsmittel hinausgehe.
Als Beispiele urheberrechtlich geschützter Bauwerke nannte das Gericht: Schlösser, Museen, Theater, Regierungsgebäuden, Unternehmenszentralen oder Denkmäler. Bei Zweckbauten ließe sich die schöpferische Höhe eher selten bejahen.
Die detailreichen Schilderungen der Klägerin überzeugten das Gericht nicht
Die Klägerin meinte, der Architektur des streitgegenständlichen Objekts erreiche eine schöpferische Höhe durch den Rücksprung über dem stabilen zweigeschossigen Sockel:
„Bei der Verwendung eines Rücksprungs bei einem Haus mit geneigtem Dach handle es sich um einen ungewöhnlichen „Kunstgriff“. Durch die Auflösung des Baukörpers nach oben hin durch zwei versetzte Pultdachflächen werde das Gebäude in seiner Gesamtanmutung weiter aufgelockert, wodurch es nach oben hin noch leichter wirke. Dies werde insbesondere durch die Verwendung von Hochfenstern, die hierzulande ungewöhnlich seien, unterstützt. Durch ihre besondere Anordnung der Fassade werde eine Balance zwischen Horizontalität und Vertikalität erreicht. Die Hochfenster seien an den meisten Stellen in Vierergruppen angeordnet, und zwar so eng beieinander, dass sich daraus eine zusammenhängende Figur ergebe. Mit dem so erreichten Kontrast zwischen der Figur der Fenstergruppe und der verbleibenden zusammenhängenden Wandfläche werde eine klare Gliederung der Fassade erreicht, die im deutlichen Gegensatz zu den üblichen Lochfassaden stehe, in denen die Fenster mehr oder weniger verstreut seien, ohne eine kompositorische Ordnung erkennen zu lassen. Unterstützt werde dies durch den Hohlraum der Balkonnischen. Die drei einander abwechselnden vertikalen Figuren würden verklammert durch die horizontalen Balkonbrüstungen, die zu diesem Zweck als schlichte bügelförmige Bänder behandelt würden. Im Zusammenspiel entstehe ein ausbalanciertes, rhythmisch durchkomponiertes Gesamtbild.“
Dem Gericht reichte dies jedoch nicht.
Urheberrecht in allen Sparten des Alltags zu finden
Wir empfehlen an dieser Stelle den Link zu den Urteil des OLG Karlsruhe zu nutzen, in dem sich Zeichnungen des Bauwerks befinden und selbst zu urteilen. Ich würde es genauso sehen, wie das Gericht. Für einen Urheberrechtler mag dieses Urteil nicht überraschend sein. Es ist aber schön zu sehen, dass das Urheberrecht in den unterschiedlichsten Formen in unserem Alltag auftaucht. (jr)
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