Worum ging es? Ein Forenbetreiber wurde offenbar für die Beiträge eines Dritten zur Verantwortung gezogen. Darüber, ob das Urteil sachlich und rechtlich richtig ist, wollen wir uns heute ausnahmsweise einmal nicht äußern.
Eine Sache verblüfft aber: Fast alle, die dieses Urteil kritisieren, stürzen sich darauf, dass ein Betreiber eines Internetforums nach dem „Supernature“-Urteil nun auch ohne Kenntnis für fremde Beiträge hafte. Indes findet sich aber auch an gar keiner Stelle dieses Urteils irgendein Hinweis, der diesen Schluss zulässt. Es bleibt schlicht und einfach offen, ob der Forenbetreiber von den rechtswidrigen Beiträgen Kenntnis hatte. Natürlich ist es möglich, dass er sie nicht hatte. Vielleicht war es zwischen den Parteien auch gar nicht streitig. Es ist auch misslich, dass das Urteil keine Auführungen zu den Prüfungspflichten des Forenbetreibers enthält. Da dies durch das Gericht aber nicht festgestellt wurde, kann man aus dem Urteil auch keine Schlüsse für die Forenhaftung, die Rechtsprechung oder die Meinungsfreiheit insgesamt ziehen.
Auch kann man dem Urteil keinen Widerspruch zu „der Rechtsprechung des BGH“ entnehmen. Fest steht, dass der Bundesgerichtshof in einem brandneuen Urteil, das nach unserer Kenntnis im Volltext mit Begründung noch nirgendwo veröffentlicht worden ist, die Verantwortlichkeit von Forenbetreibern strenger ausgestaltet hat, als es bisher – etwa vom Oberlandesgericht Düsseldorf – getan wurde. Insgesamt zeichnet sich eine vernünftige Tendenz ab, bei „anonymen“ Rechtsverletzungen jedenfalls denjenigen (NUR für den Unterlassungsanspruch des Geschädigten) zur Verantwortung zu ziehen, der wenigstens mittelbar zur Störung beigetragen hat. Das entspricht den althergebrachten Grundsätzen der Störerhaftung. Sonst müssten anonyme Beleidigungen, Verleumdungen und Boykotte in alle Ewigkeit von den Geschädigten geduldet werden. Dass solche hier vorlagen hat indes noch keiner bezweifelt.
Heraus kommt mal wieder ein Urteil, dass auf alle nur denkbaren Sachverhalte bezogen und maßlos überschätzt wird. Das ist wahrscheinlich aus dem Umstand abzuleiten, dass es sich wieder einmal um eine spendenfinanzierte „Wollen-wir-doch-mal-sehen“-Klage handelte, die Grundsatzbedeutung für sich in Anspruch nimmt. Eigentlich zu unwichtig, um veröffentlicht zu werden. (zie)
Siehe hierzu ein lesenswertes Interview von RA Möbius in der ZEIT und eine differenziertere Betrachtung über das Urteil von Telemedicus.