Uns liegt ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Köln, Beschluss vom 11.8.2011, Az. 6 W 155 /11 vor, mit dem einem Online-Händler die Werbung mit durchgestrichenen Preisen unter bestimmten Bedingungen verboten wurde.
Der Bundesgerichtshof hatte bereits im März dieses Jahres mit Urteil vom 17.3.2011, Az. I ZR 81/09 entschieden, dass die Bewerbung von Teppichen mit einem so genannten Einführungspreis, dem jeweils ein höherer durchgestrichener Preis gegenübergestellt war, unzulässig ist. Wir berichteten.
Das Oberlandesgericht Köln hat nun klargestellt, dass es nicht nur irreführend ist, für ein Einführungsangebot zu werben, ohne dem Kunden mitzuteilen, innerhalb welcher Zeitspanne dieses Angebot wahrgenommen werden kann. Es stelle vielmehr auch eine Irreführung dar, durch die Gegenüberstellung eines „regulären“ Preises mit einem „Sonderpreis“ dem Verkehr zu suggerieren, es handle sich um eine befristete Preissenkung, obwohl der Preis in Wahrheit dauerhaft gesenkt wird.
Die Besonderheit im vorliegenden Fall war, dass der Antragsgegner auf den Vorwurf, dass seine Sonderaktion nicht die Zeitspanne angebe, innerhalb derer diese in Anspruch genommen werden könne, sich trickreich damit zu verteidigen versuchte, dass es sich dabei um gar keine zeitlich befristete Aktion handele, sondern dass er den entsprechenden Preis dauerhaft gesenkt habe.
Das Oberlandesgericht machte dem Antragsgegner bei diesem Taschenspielertrick „einen Strich durch die Rechnung“. Der Antragsteller habe (wie auch der angesprochene Verkehr) aufgrund der Ausgestaltung der Werbung zunächst von einem Sonderverkauf ausgehen müssen. Erst nach dem weiteren Vortrag des Antragsgegners sei klar geworden, dass dies jedoch nicht den Tatsachen entspreche. Daher sei die Werbung irreführend und der Verfügungsantrag auch noch dringlich.
Wie so oft, hatte der Antragsgegner im vorliegenden Fall zudem versucht, sich mit einem diffusen Rechtsmissbrauchsvorwurf gegenüber dem Antragsteller zu verteidigen. Auch diesem Ansinnen erteilte das Oberlandesgericht eine klare Absage. Insbesondere widerspreche es dem eine Charakter des Verfügungsverfahrens, zum Beleg der Vorwürfe vom Antragsgegner benannte Akten beizuziehen.
Der Beschluss lautet im Volltext:
Oberlandesgericht Köln
Beschluss vom 11.8.2001
Az. 6 W 155/11
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
Antragsteller und Beschwerdeführer,
– Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum,
Stadtwaldgürtel 81-83, 50935 Köln-gegen
Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat am 11.8.2011 unter Mitwirkung seiner Mitglieder Nolte, von Hellfeld und Dr. Kessen
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschuss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28.6.2011 im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als der Antrag des Antragstellers zurückgewiesen worden ist:
Die Antragsgegnerin hat es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zuWettbewerbszwecken im Fernabsatz mit Preisgegenüberstellungen für Kirchkerne zu werben, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Beschwerdewert: 7.500 €.Gründe:
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.
I. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Werbung gegen die Antragsgegnerin aus § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 UWG. Der Verkehr versteht die angegriffene Werbung mit dem einem regulären Preis gegenübergestellten „Sonderpreis“ dahin, dass ein „Sonderverkauf“ stattfindet und der beworbene Preis nur unter bestimmten Bedingungen, in Anspruch genommen werden kann. Die Verwendung der Begriffe „Sonderpreis“ und „regulären Preis“ lässt anders als eine Werbung mit einem durchgestrichenen Preis ohne weitere Zusätze nicht auf eine bedingungslose Preissenkung schließen.
Dieser Eindruck ist falsch, denn die Beklagte hat den Preis für die beworbenen Produkte unbefristet gesenkt und bietet die Produkte zu einem neuen „regulären“ Preis von 19,99 € an. Daher ist die Werbung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG irreführend.II. Für den auf diese Irreführung gestützten Antrag fehlt es – entgegen der Ansicht des Landgerichts – nicht an der Dinglichkeit. Der Antragsteller ist gegen die angegriffene Werbung unverzüglich – auch unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung (vgl. S. 8 der Antragsschrift) – vorgegangen. Ihm war es allerdings ohne Kenntnis der Einzelheiten der internen Preisgestaltung durch die Antragsgegnerin, die auf seine Abmahnung nicht reagiert hat, nicht möglich, den Irreführungsvorwurf zu präzisieren. Der Antragsteller musst vielmehr – wie der Verkehr (s.o.) – zunächst davon ausgehen, die Antragsgegnerin führe einen Sonderverkauf durch. Dieser durch die angegriffene Werbung hervorgerufene Irrtum kann dem Antragsteller nicht als dringlichkeitsschädlich vorgeworfen werden.
III. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG handelt. Allein der Umstand, dass der Antragsteller eine Vielzahl von Abmahnungen ausgesprochen hat, begründet diesen Vorwurf nicht; ebenso wenig kann daraus, dass der Antragsteller bei Verstößen gegen Unterlassungsverträge die dort vorgesehene Vertragsstrafe geltend macht, ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen hergeleitet werden. Soweit die Antragsgegnerin darauf verweist, der Antragsteller habe sie in zahlreichen Fällen wegen der Verletzung von Informationspflichten, die auf einer Handlung Dritter beruhen, in Anspruch genommen ist dies unerheblich, weil es sich um einen anders gelagerten Sachverhalt mit höherer geschäftlicher Relevanz handelt. Eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen, insbesondere durch die Beziehung von Akten, ist auf dieser Grundlage nicht veranlasst und widerspräche dem Eilcharakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.