E-Mail-Werbung mit double-opt-in war bisher zulässig
Die Vorteile dieser Werbeform liegen auf der Hand. Mithilfe von E-Mails können Kunden und solche, die es noch werden wollen kostengünstig, schnell und effektiv mit den gewünschten Informationen versorgt werden. Einziger Nachteil dieser Werbeform war bisher, dass sie vom Gesetzgeber zu Gunsten der Verbraucher stark reglementiert ist. Gem. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ist zwingende Voraussetzungen für den Versand von E-Mail-Werbung die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten dazu. Bis vor kurzem war insbesondere auch vor dem Hintergrund höchstrichterlicher Rechtsprechung zum Thema Einwilligung zu Werbung durch Verbraucher (BGH, Urteil v. 10.02.2011 Az. I ZR 164/09 – double-opt-in) wohl einhellige Meinung, dass der Nachweis der Einwilligung des jeweiligen Verbrauchers zwar schwierig, aber nicht unmöglich sei.
Insbesondere die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs wurde bisher so verstanden, dass es für den Nachweis des Einverständnisses erforderlich aber auch ausreichend sei, dass der Werbende die konkrete Einverständniserklärung jedes einzelnen Verbrauchers vollständig dokumentierte und durch durch eine Bestätigungsmail im elektronischen double-opt-in-Verfahren sicherstellte, dass der Verbraucher die Werbung auch tatsächlich haben möchte.
Was bedeutet „double-opt-in“?
Beim „double-opt-in“ stimmt der interessierte Verbraucher beim Werbenden auf dessen Webseite unter Angabe der E-Mail-Adresse einer bestimmten Art von Werbung zu (single-opt-in). Um sicherzustellen, dass der Eintrag auch tatsächlich von demjenigen stammt, dem die E-Mail-Adresse zuzuordnen ist, wird an diese E-Mail-Adresse eine Nachricht mit einem Bestätigungslink geschickt. Erst nach dem Anklicken dieses Links in der E-Mail wird die Adresse endgültig in den Verteiler für den Versand aufgenommen.
Die meisten Händler legten keine besonderen Wert auf die Dokumentation des ersten Eintrags für einen Newsletter oder eine E-Mail-Werbung, da man davon ausging, dass die erste Bestätigungsmail, mit der das double-opt-in-Verfahren eingeleitet wird, noch nicht als Werbung im Rechtssinne zu verstehen sei und der Verbraucher daher dazu noch keine Einwilligung erteilen müsse.
Bestätigungs-E-Mail als unzulässige Werbung
Ende September hat das Oberlandesgericht München indes entschieden, dass bereits die Bestätigungsmail im Rahmen des double-opt-in unzulässige Werbung darstellt, wenn eine ausdrückliche Einwilligung nicht nachgewiesen werden kann (OLG München Urteil. v. 27.09.2012, Az. 29 U 1682/12).
Das Urteil hat ein großes Echo bei Fachleuten ausgelöst, wobei einige die Praxisferne des Urteils beklagen, während andere darauf hinweisen, dass die Sach- und Rechtslage wohl schon immer so gewesen sei und die Instanzgerichte ähnliche Fälle auch bereits ähnlich entschieden hätten. Die lesenswerten Stellungnahmen dazu finden Sie hier:
OLG-Entscheidung ist folgerichtig
Obwohl die Entscheidung merkwürdig anmutet, ist sie doch folgerichtig. Bereits die erste Bestätigungsmail ist grundsätzlich als Werbung anzusehen. Das ergibt sich nach Auffassung des Oberlandesgerichts München daraus, dass der Versender schon mit der Bestätigungsmail das Ziel der Absatzförderung verfolge. Schließlich solle mit der Bestätigung die Einwilligung in weitergehende Werbemaßnahmen erlangt werden. Dies könne bereits als Werbung für den Newsletter angesehen werden.
Diese Argumente sind sich insbesondere vor dem Hintergrund des weiten europäischen Verständnisses des Werbebegriffes schwer zu widerlegen. Wenn der Verbraucher sein Einverständnis zur Werbung nicht erteilt hat, ist nicht einzusehen, weshalb für eine Bestätigungs-E-Mail, die auf die endgültige Zustimmung zur Zusendung von E-Mail-Werbung abzielt, andere Maßstäbe anzulegen sein sollten, als an eine erstmalig versandte E-Mail, die dem Verbraucher den Empfang einer solchen E-Mail-Werbung initiativ nahelegt. Und dass Letzteres jedenfalls unzulässig ist, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Wäre die erste Bestätigungsmail keine Werbung, könnte sie zudem ungefragt massenweise verschickt werden. Das würde zu einem großen Missbrauchspotenzial führen.
Der Gesetzgeber ist schuld
Die Schuld daran, dass die Durchführung von E-Mail-Werbung vor diesem Hintergrund mit hohen Risiken belastet ist, liegt aber nicht beim Oberlandesgericht München. Der Senat hat nämlich lediglich die strengen Vorgaben des Gesetzgebers zur E-Mail-Werbung konsequent umgesetzt.
Was der Gesetzgeber bei den strengen Regelungen zur Zulässigkeit von E-Mail-Werbung unseres Erachtens übersehen hat, ist die faktische Schwierigkeit (Unmöglichkeit) des Beweises des Einverständnisses des so beworbenen Verbrauchers. Ein gerichtsfestes Einverständnis müsste der Werbende vor diesem Hintergrund somit sicherheitshalber schriftlich einholen. Das wiederum würde aber natürlich das Instrument der E-Mail-Werbung ad absurdum führen.
Fazit:
Wir haben unsere Mandanten daher auch bisher immer nur darauf hinweisen können, dass E-Mail-Werbung ein nicht unerhebliches unternehmerisches Risiko birgt, auch wenn das double-opt-in-Verfahren noch so sorgfältig durchgeführt wird. Wenn es darauf ankommt, kann der Unternehmer die Einwilligung des Adressaten schlicht nicht beweisen.
Wir auf Nummer sichergehen will, muss daher auf die Werbung per E-Mail verzichten.
Wenn sich das Gesetz nicht ändert, wird das auch so bleiben. Es sei denn, der BGH sorgt für Klärung. Da das OLG München die Revision zugelassen hat, wird der BGH die Gelegenheit haben, sich mit dem double-opt-in in der E-Mail-Werbung zu befassen. Ingo Jung vermutet, dass der BGH jetzt wie schon in anderen Fällen eine politisch-juristische Lösung zum Erhalt dieses „Geschäftsmodells“ finden könnte und der Bestätigungs-E-Mail die Werbeeigenschaft wieder abspricht.
Der Bundesgerichtshof könnte helfen
Die Lösung könnte darin liegen, den Erhalt einer Bestätigung E-Mail im Rahmen eines double-opt-in-Verfahrens für den Empfänger für zumutbar zu halten, soweit sich die Bestätigungsmail tatsächlich auf die Bestätigung beschränkt und nicht bereits selbst werbenden Inhalt hat (so schon AG München, GRUR-RR 2007, 128, darauf Bezug nehmend LG Essen, GRUR 2009, 353, 354).
Soweit ersichtlich, wäre das die einzige Möglichkeit, die E-Mail-Werbung in ihrer heutigen Form zu retten. Diese Lösung hätte aber, wie oben bereits erwähnt, auch ein erhebliches Missbrauchspotenzial zur Folge.
Aktuell gilt, dass Werbende den Anmeldeprozess sorgfältiger den je protokollieren sollten, um sicherzustellen, dass die einzelnen Schritte im Streitfall vor Gericht so genau wie möglich dokumentiert werden können. Kommt es zum Streit, hat der Werbende vor Gericht zur Zeit schlechte Karten. (la)
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