Ein Kollege macht mich gerade auf eine ältere Entscheidung des BGH (BGH, Urteil vom 25. 6. 1974 – VI ZR 18/73) aufmerksam.
Nach einem Gespräch über die Haftungsrisiken und Belehrungspflichten bei der Mandatsbearbeitung hatte ich darauf hingewiesen, dass mich das alles deshalb nichts angehe, da ich nie Fehler mache. Der Kollege gab mir zwar selbstverständlich uneingeschränkt Recht, wies mich aber auf eine Entscheidung des BGH hin, nach der der Rechtsanwalt sogar dann haftet, wenn seine Rechtsauffassung richtig ist, das Gericht dennoch anders (falsch) entscheidet.
„Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Irrtums ist es Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegenzuwirken (so BGH, Urt. v. 17. 9. 1964 – III ZR 215/63 = NJW 64, NJW Jahr 64 Seite 2402 = LM Nr. 9 zu § 839 [G] BGB = VersR 64, VERSR Jahr 64 Seite 1171, VERSR Jahr 64 Seite 1172). Daher muß er alles vorbringen, was die Entscheidung günstig beeinflussen kann (vgl. Schultz, MDR 65, MDR Jahr 65 Seite 264). Hierzu können auch Rechtsauffassungen gehören (vgl. Müller, MDR 69, MDR Jahr 69 Seite 896)“
Neben der Tatsache, dass sogar Richter nicht vollkommen zu sein scheinen, teilt damit unser höchstes (Zivil-)gericht mit, dass Rechtsanwälte nicht nur schlauer als Richter sein müssen, sondern auch noch für deren Fehler mithaften.
Das ist natürlich nichts Neues. Auffällig ist daher allenfalls, dass man Selbstkritik von Richtern für gewöhnlich eher selten erlebt, die Fehlbarkeit aber offenbar dann sogar besonders hervorgehoben wird, wenn es darum geht, deren Folgen jemand anderem in die Schuhe zu schieben.
Diese Rechtsprechung auf den Punkt gebracht hat übrigens bereits Dieter Hildebrandt:
„Es hilft nicht, das Recht auf seiner Seite zu haben. Man muss auch mit der Justiz rechnen.“
(la)