Neuer Schufa-„Service“: Chance durch „CheckNow“?

Schufa CheckNow

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Die Schufa – ohne sie geht fast nichts in unserem Land.

Dabei kommt sie weder im Grundgesetz vor noch wird sie von Einrichtungen unseres Gemeinwesens getragen. Sie ist „eine privatwirtschaftliche Wirtschaftsauskunftei in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft“ – und als solche nicht anders zu behandeln als andere Privatunternehmen.

Eigentlich.

Denn ihre Macht ist weit größer als die vergleichbarer Unternehmen des Mittelstands, die rund 1000 Personen beschäftigen und 200 Millionen Euro pro Jahr umsetzen.

Die Schufa greift tief in den Alltag der Menschen ein. „Wir schaffen Vertrauen“, bewirbt sich die Firma selbst, die „kreditrelevante Informationen zu 66,3 Millionen Personen und 4,3 Millionen Unternehmen“ auf ihren Servern gebunkert hat. Für viele schafft die Schufa damit jedoch vor allem eins: Probleme.

Entscheidend – und intransparent

Jetzt ist es freilich nicht die Schuld der Schufa, wenn Menschen Schulden haben. Und es ist sicher auch im Interesse der Privatwirtschaft, dass Rechnungen für erbrachte Leistungen bezahlt werden. Letztlich ist das auch im Interesse des Sozialstaats, der diejenigen auffängt, die dazu – aus welchen Gründen auch immer – zeitweilig nicht in der Lage sind. Kritik entzündet sich auch gar nicht an der Prüfung von Kreditwürdigkeit als solcher, sondern an der als intransparent empfundenen Berechnung einer Kennzahl, die jedem Schufa-„Kunden“ zugeteilt wird: der Schufa-Score. Wer einen schlechten Score hat, bekommt oftmals keine Mietwohnung und keinen Kredit. Auch der neue Handyvertrag steht und fällt mit dem ominösen Score. Entscheidend und intransparent – eine brisante Mischung.

Neue Chance vorbei am „Score“?

Daher hat die Schufa sich nun etwas einfallen lassen. Wer mit seiner Bewertung nicht einverstanden ist, kann den Gegenbeweis antreten. Dazu muss sie oder er der Schufa Einblick aufs Bankkonto geben. Das neue Kontrollverfahren mit dem hippen Namen „CheckNow“ bietet damit Personen mit negativer Bewertung die Chance, ihre Bonität durch Offenlegung der Kontobewegungen kurzfristig zu verbessern. Das ist die eine Seite der Medaille, die als verbraucherfreundlich angesehen werden kann.

„CheckNow“ – and lost forever?

Andererseits gibt die betreffende Person – unter dem Druck des Scores und der damit verbundenen prekären Situation – hochsensible persönliche Daten aus der Hand, deren Nutzung zwar nach geltenden Datenschutzregeln erfolgen soll, doch die Selbstverpflichtung, dass sich alle Beteiligten immer daran halten, ist – bei aller guten Absicht – im Zweifel nicht viel wert. Zudem können auf dieser breiten Datenbasis Investitionsentscheidungen oder nur die Anschaffung langlebiger und kostspieliger Konsumgüter auch erschwert werden. Möglicherweise legt ja die Akut-Überprüfung des Kontos nahe, dass eine weitere Ratenfinanzierung des Autos für den Verkäufer Risiken birgt. Hier ist die Schufa in der Praxis ohnehin oft die letzte Instanz, die den Daumen heben oder senken kann. Nun sogar auf festerem Fundament? „CheckNow“ könnte zum Bumerang werden.

Vom Regen in die Traufe?

Journalisten verschiedener Öffentlich-Rechtlicher Rundfunkanstalten und einer großen Münchner Tageszeitung wollten es genauer wissen und forschten nach. Sie gelangten an interne Dokumente der Schufa, die belegen, dass die sensiblen Daten aus den Kontoauszügen in Zukunft systematisch ausgewertet und weiterverarbeitet werden sollen. Mögliches Ziel: die Ermittlung eines Schufa-„Super-Scores“. Denn die „CheckNow“-Daten sind für die Schufa Gold wert. Bisher weiß die Firma lediglich, dass eine Person über ein Konto verfügt, in Zukunft – nach Erteilung der Einblickserlaubnis – auch noch, was auf dem Konto so alles passiert.

Gläserner Verbraucher wider Willen

Zudem kennt sie, die Schufa, dann nicht nur die Zahlen, sondern erhält auch Einblick in die Lebensführung der Person. Nicht nur das Gehalt wird offenbar, sondern auch, wofür es ausgeben wird. Damit werden nicht nur die Verpflichtungen, sondern auch die Vorlieben der Verbraucher erkennbar und können eigens bewertet werden. In einer Präsentation aus dem Jahr 2019 träumt die Schufa schon von „Affinitätsscores“. Man sollte also sehr gut überlegen, ob man bereit ist, sich mit der „freiwilligen Datenspende“ vor der Schufa „wirklich nackig“ (so der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar) zu machen.

Im Visier der Datenschützer

Datenschützer von Nord bis Süd sind jedenfalls schon alarmiert: Thilo Weichert, ehemals Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, findet „CheckNow“ angesichts dieser Weiterungsoptionen „hochproblematisch“, das zuständige Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht prüft die rechtliche Zulässigkeit. Unabhängig vom Ergebnis muss jeder Verbraucherin und jedem Verbraucher klar sein: Erlaubt ist noch nicht lange nicht gut. Darum: Augen auf, bevor man Einblick gewährt.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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