Streamingdienste wie Netflix erfreuen sich seit längerer Zeit wachsender Beliebtheit. In Zeiten von „Social Distancing“ und Homeoffice gilt dies umso mehr.
Das Geschäft läuft so gut, dass Netflix gemeinsam mit anderen Anbietern bereits seine Streaming-Qualität reduziert hat, um das Internet nicht zu überlasten. Netflix profitiert daher wie kaum ein anderes Unternehmen von der bestehenden Krisensituation.
Dies wirft die Frage auf, ob Kunden in naher Zukunft Preiserhöhungen befürchten müssen. Das Kammergericht Berlin hat dazu eine klare Meinung: In seinem Urteil vom 20. Dezember 2019, Az. 5 U 24/19, urteilte es, dass Netflix seine Kunden nicht mit willkürlichen Preiserhöhungen konfrontieren darf. Eine entsprechende Klausel in den AGB’s wurde für unwirksam erklärt.
Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der das Urteil am 13. März 2020 veröffentlichte. Ein Urteil, das Signalwirkung haben könnte.
Sachverhalt
Der vzbv war der Ansicht, dass folgende Nutzungsbestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Netflix Verbraucher unangemessen benachteiligt:
„(Nutzungsbedingungen, Abschnitt 3.4., Änderungen am Preis und Abo-Angebot.) Unser Abo-Angebot und die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tage vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“.
Netflix hielt die Klausel für rechtmäßig. Das Unternehmen sah die Rechte der Verbraucher hinreichend durch ihre Möglichkeit zur Kündigung gewahrt. Damit wiederholte es seinen Vortrag aus der ersten Instanz, mit dem es vor dem LG Berlin, Urteil vom 14. Februar 2019, Az. 52 O 92/18, Recht behielt.
Preisanpassungsklauseln in AGB’s nicht grundsätzlich unwirksam
Das KG teilte unter Bezugnahme auf ein Urteil des BGH die Ansicht des LG Berlin das Preisanpassungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht grundsätzlich unwirksam seien.
Preiserhöhung jedoch nur zur Mehrkostendeckung zulässig
Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist nach Auffassung des KG nur dann ausgeschlossen, wenn die Preiserhöhung nicht der Gewinnerzielung, sondern der Deckung von Mehrkosten dient. Die zitierte Klausel räumte der Beklagten einen zu großen Spielraum bei der Preisanpassung ein. Aus diesem Grund hielt das Gericht die Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB für unwirksam.
Verstoß gegen Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB
Des Weiteren hielt das KG die Klausel auch wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam. Sie nenne keinerlei Faktoren, von denen eine Preisanpassung abhängig sein solle, sondern stelle diese vollständig in das Belieben der Beklagten.
Kündigungsmöglichkeit steht Unwirksamkeit nicht entgegen
Auch die Kündigungsmöglichkeit steht nach Ansicht des KG der Unwirksamkeit der Klausel nicht entgegen. Dies begründeten die Richter damit, dass der Verbraucher durch diese nicht jegliche Beeinträchtigung abwenden kann. So betont das Gericht, dass der Verbraucher im Falle der Kündigung zwar nicht verpflichtet ist den erhöhten Kostenbetrag zu bezahlen. Die Beklagte nehme ihm jedoch die Möglichkeit die Zulässigkeit der Preiserhöhung überprüfen zu lassen. Des Weiteren verweist das Gericht darauf, dass der Kunde Netflix nicht dazu zwingen kann bis zum Wirksamwerden einer ordentlichen Kündigung am Vertrag zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen festzuhalten.
Auswirkungen des Urteils
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde nicht zugelassen. Abzuwarten bleibt, ob auch andere Unternehmen jetzt damit rechnen müssen, dass entsprechende Klauseln in ihren AGB’s für unwirksam erklärt werden. Des Weiteren ließ das Gericht offen, ob die Klausel auch insofern unzulässig ist, als sie eine Änderung des Abonnements zulässt.