Influencer sollen Einfluss nehmen auf Menschen.
Sie sollen Menschen beeinflussen, derart, dass diese Menschen die gleichen Erfahrungen machen wollen wie der Influencer und dazu idealerweise auch die gleichen Produkte und Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
Sie sollen aus Usern in der virtuellen Welt ganz reale Kunden machen.
Die Macht des „influz“
Das deutsche Wort Einfluss stammt aus dem Späten Mittelalter. Erfunden hat es der Dominikaner Meister Eckhardt, der damit die starke Wirkung Gottes auf den Menschen bezeichnete: „götlicher influz“ – wie ein dem damaligen Zuhörer bestens vertrauter Wasserstrom, der eine Mühle antreibt.
Die religiöse Komponente ist beim heutigen Influencer eher zu vernachlässigen, geblieben ist die Macht, die bei der Einflussnahme mitschwinkt, die Kraft eines strömenden Flusses, der sich – und das ist der Ankerpunkt der Kritik – nicht als solcher zu erkennen gibt, sondern eher harmlos dahinplätschert.
Auf diese Weise sorgt der Influencer regelmäßig für steigende Umsätze und staunende Mediensoziologen. Die Werbebranche setzt längst auf den Einfluss der Influencer. Studien zufolge kann man durch einflussreiche Einzelpersonen in den Sozialen Medien ein viel breiteres Publikum zielgerichtet erreichen als mit herkömmlichen Werbemaßnahmen in Fernsehen, Radio und Printmedien.
Vorwurf: Schleichwerbung
Gerade in ihrer Funktion als mehr oder weniger versteckt für Produkte und Dienstleistungen Werbende beschäftigen Influencer mitunter auch die Juristen. Der Vorwurf der „Schleichwerbung“ steht dabei oft im Raum, aber auch undurchsichtige Bezahlmodelle.
Rund 700 Jahre nachdem Eckhardt an der Kölner Universität wirkte und über den „influz“ nachdachte, hatte sich das Landgericht Köln mit einem Fall von unlauterem Wettbewerb durch Influencer zu befassen. Dabei entschied es, dass eine wettbewerbswidrige Influencer-Schleichwerbung auch dann vorliegt, wenn der Influencer keine direkte Geldauszahlung, sondern nur einen Rabatt auf den Kaufpreis erhält (LG Köln, Beschluss v. 17.3.2020, Az.: 31 O 352/18 SH I).
Jura-Nachhilfestunde für 12.000 Euro
Die „Instagram“-Influencerin war bereits verurteilt worden, ihre werblichen Beiträge entsprechend zu kennzeichnen. Indem sie dies nicht tat, verstieß sie gegen des Urteil; der Gläubiger beantragte ein Ordnungsgeld. Das LG Köln entsprach seinem Antrag, auch wenn sich die Influencerin damit herauszureden versuchte, kein Geld erhalten zu haben, sondern nur Rabatte beim Einkauf von Waren ihres Auftraggebers.
Doch darauf, wie genau sie finanziell profitiert, komme es gar nicht an, klärte das Gericht auf. Und profitiert hat sie ohne jeden Zweifel: Die Höhe des Ordnungsgeldes entspricht der Höhe der gewährten Rabatte – 12.000 Euro.
Man kann nur hoffen, dass die Branche über den Einzelfall hinaus Konsequenzen zieht und für mehr Transparenz sorgt. Dann wäre es um den Einfluss des Rechtsstaats doch noch nicht so schlecht bestellt, wie ein Blick in die so einflussreichen Sozialen Medien vermuten lässt.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.