„Influencer“ auf Plattformen wie Instagram müssen bei einer fehlenden Werbekennzeichnung von Posts, in denen mit Tags auf Unternehmen hingewiesen wird, weiter mit wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen rechnen.
Dies verdeutlicht ein aktuelles Urteil des Landgerichts Karlsruhe. Das Gericht hat entschieden, dass Influencer Beiträge, in denen Produkte markiert und verlinkt werden, als Werbung kennzeichnen müssen, auch wenn nicht für alle von den jeweiligen Unternehmen gezahlt wurde. (LG Karlsruhe, Urteil v. 22.3.2019, Az. 13 O 38/18 KfH)
Verband Sozialer Wettbewerb mahnt Influencerin ab
Gegenstand des Verfahrens waren Fotos der Influencerin Pamela Reif. Die 22-jährige Bloggerin hat rund 4,1 Millionen Follower auf Instagram und ist damit eine der reichweitenstärksten „Influencerinnen“ aus Deutschland. Ihre Postings betreffen größtenteils Mode und Fitnessprodukte. Regelmässig stellt sie ihren Followern auf Instagram Produkte vor. Dazu heftet sie eine Verlinkung an ihre Instagram-Posts an, die zu den jeweiligen Instagram-Profilen der Hersteller von Kleidung und Accessoires, die von ihr auf den Fotos getragen wurden, führen.
Der „Verband Sozialer Wettbewerb (VsW)“ mahnte Reif wegen eines Verstoßes gegen § 5a Abs. 6 UWG ab. Der Verband hatte ihr in einer Abmahnung vorgeworfen, Werbung für Markenprodukte in etlichen Fällen nicht ausreichend kenntlich gemacht und damit Schleichwerbung betrieben zu haben.
Wettbewerbswidrig handelt i.S.d. § 5a Abs. 6 UWG, wer
„den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“
Da der Adressat nicht in ausreichendem Maße darauf hingewiesen werde, dass es sich um Werbung handele, würden die Postings von Reif den Eindruck privater Erklärungen erwecken. Reifs Anwälte wiesen diesen Vorwurf zurück. Die Argumentation: Es handele sich nur dann um Werbung, wenn sie für ein Social-Media-Posting tatsächlich bezahlt werde.
Nachdem Reif eine Unterlassungserklärung verweigerte, erwirkte der VSW eine einstweilige Verfügung, die das Landgericht Karlsruhe nun nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung bestätigte.
Auch die Influencerinnen Vreni Frost und Cathy Hummels sahen sich mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert. Frost konnte sich Anfang 2019 weitgehend durchsetzen, das Urteil im Fall Hummels steht noch aus. Wir hatten über die Fälle von Cathy Hummels und Vreni Frost bereits berichtet.
LG Karlsruhe: Authentisches Image gehört zum Business
Das Landgericht Karlsruhe wertete die beanstandeten Instagram-Beiträge als geschäftliche Handlungen. Die Posts, so die Richter, weckten das Interesse an den getragenen Kleidungsstücken und Accessoires. Indem die Nutzer durch nur zwei Klicks auf die Herstellerseite gelangen könnten, würde zwangsläufig das Image und der Absatz des jeweiligen Herstellers gefördert.
Dass Reif durch das Taggen nach eigener Darstellung vorrangig Nachfragen der Follower („Woher hast du dein Kleid?“) vermeiden wolle, stehe dem zugleich verfolgten geschäftlichen Zweck nicht entgegen, so die Urteilsbegründung.
Daran ändere auch nichts, dass manche der Posts anscheinend privat seien und Reif nicht für alle Posts bezahlt würde. Das Geschäftsmodell von „Influencern“ beruhe gerade darauf, Privates und Werbung zu mischen. Dies erhöhe die Glaubwürdigkeit und schaffe die Bindung zur Zielgruppe. Bilder mit betont privatem Charakter gehören demnach zur Imagepflege und verfolgen immer auch geschäftliche Ziele. Wolle Pamela Reif tatsächlich nur als Privatperson posten, könne sie dazu einen eigenes Instagram-Profil eröffnen, so das Gericht.
Mithin förderten solche Einträge auch den Unternehmenserfolg der Social-Media-Stars selbst.
„Es ist das Wesen der Influencer-Werbung, dass der Influencer immer zugleich an seinem Image und seiner Authentizität arbeitet, wozu er die passenden Marken und Artikel bewirbt, und den Kreis seiner Follower ‚pflegt‘, die seine Glaubwürdigkeit schätzen und Teil der Community ‚ihres‘ Influencers sein möchten. Insofern fördert die Beklagte durch ihre Posts stets auch ihre eigenen geschäftlichen Aktivitäten. Denn Unternehmen sind für ihre Werbung an möglichst glaubwürdigen Werbeträgern interessiert.“
„Treibt er „nur noch“ Werbung, setzt er seine Nähe zur Community und seine Glaubwürdigkeit – also wesentliche Assets seines Unternehmens – aufs Spiel.“
Eine Kennzeichnung als Werbung sei auch nicht entbehrlich. Keinesfalls wüssten alle Follower den werblichen Charakter des Auftretens von Influencern einzuschätzen; dies gilt insbesondere für die zumeist sehr jungen Instagram-Nutzer.
Fazit
Ob bezahlt oder nicht – die Unternehmenshinweise von Influencern sind nach der Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe immer eine geschäftliche Handlung.
Im Fall von Vreni Frost hatte das Kammergericht Berlin kürzlich eine andere Auffassung vertreten. Auch wenn Influencer Werbeeinnahmen erzielen wollten, müssten sie nicht jeden Post als Werbung kennzeichnen. Eine solche unterschiedslose Kennzeichnung sei nicht im Interesse der Verbraucher (KG Berlin, Urteil v. 8.1.2019, Az. 5 U 83/18).
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Eine grundsätzliche Klärung der Problematik wäre wünschenswert, um Rechtssicherheit im „Influencer“-Marketing zu schaffen. Grundsätzliche Regeln, auf die „Influencer“ zu achten haben, und eine Checkliste zur Kennzeichnung von Beiträgen als Werbung haben wir bereits veröffentlicht.
Ansonsten gilt bis zu einer Grundsatzentscheidung weiterhin: Aus rechtlicher Hinsicht ist eine Kennzeichnung zu viel besser, als eine zu wenig.