Meldung rechtsverletzender Inhalte auf eBay…
Die Abkürzung VeRI steht für das Verifizierte Rechteinhaber-Programm, das die Betreiber des Internetauktionshauses eBay den Inhabern von Schutzrechten zur Verfügung gestellt haben, um etwaigen Rechtsverstößen auf der Plattform möglichst wirkungsvoll zu begegnen, aber auch (oder vielleicht in erster Linie) der eigenen Inanspruchnahme als „Störer“ vorzubeugen.
Das Prinzip ist denkbar einfach. Die herkömmliche Meldung von rechtsverletzenden Inhalten auf eBay funktioniert so, dass man sich per Fax für das VeRI-Programm anmeldet und eine entsprechende “eidesstattliche Versicherung” abgibt (die aber im rechtlichen Sinne gar keine eidesstattliche Versicherung ist), um dann angebliche Verstöße beispielsweise gegen das Marken- oder Urheberrecht (per E-Mail) anzeigen zu können.
Die gemeldeten Auktionen werden in der Regel ohne weitere Prüfung innerhalb von wenigen Tagen durch eBay gelöscht. Der Betroffene erhält daraufhin eine Mitteilung, in der eBay anregt, sich an den jeweiligen Rechteinhaber zu wenden, um zu erfahren, warum dieser die Entfernung der Angebote verlangt hat und ob man die Artikel nunmehr wieder einstellen darf.
…als Grund für eine Sperrung des eBay-Accounts
In der gleichen Nachricht weist eBay darauf hin, dass der eBay-Account des Betroffenen bei weiteren Verstößen (sprich bei weiteren VeRI-Meldungen) gesperrt werden kann:
„Beachten Sie bitte, dass Ihr Mitgliedskonto bei weiteren Verstößen gegen diesen Grundsatz [gemeint war im konkreten Fall der eBay-Grundsatz Markenrechtsverletzungen – Anmerkung des Autors] gesperrt werden kann. Wir haben volles Verständnis, dass Sie diese Situation möglicherweise beunruhigend finden.“
Dieser Warnhinweis ist gerade das Fatale an dem beschriebenen System. So können beispielsweise hartnäckige Markeninhaber durch viele unberechtigte Löschungen irgendwann sogar den Ausschluss “unerwünschter” Verkäufer bzw. Mitbewerber von der eBay-Plattform provozieren. Das kann Existenzen vernichten. Denn wenn sich die Auktionslöschungen häufen, löst dies ab einer gewissen Anzahl bei eBay offenbar eine vollautomatische Verbannung des Händlers aus.
Man kann sich erfolgreich zu Wehr setzen
Genau vor diesem Problem befand sich ein Mandant, als er vor anderthalb Monaten zu uns kam. Aufgrund mehrerer nacheinander folgenden Löschungen seiner eBay-Angebote sah er sich veranlasst, den Verkauf der betreffenden Artikel komplett einzustellen, um mit eBay nicht in Konflikt zu geraten und seinen eBay-Shop nicht zu „verlieren“.
Nach Prüfung der Verkaufsangebote unseres Mandanten kamen wir zum Schluss, dass er sich keine Markenrechtsverletzung vorzuwerfen hat. Denn er bot ausschließlich Zubehörartikel an und erwähnte die in Anspruch genommene Marke lediglich an wenigen Stellen seiner Artikelbeschreibungen (eingeleitet mit den Wörtern „passend für“ / „geeignet für“ / „kompatible Marke“), um die Zweckbestimmung des jeweiligen Produkts zu beschreiben.
Die Nutzung des eingetragen Markenzeichens durch unseren Mandanten war daher durch den Ausnahmetatbestand des 23 Nr. 3 MarkenG gerechtfertigt und konnte durch den Markeninhaber nicht untersagt werden:
Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr […]
3. die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt.
Über die festgestellte Rechtslage haben wir umgehend eBay unterrichtet und eine vollständige Auskunftserteilung über den Absender und Inhalt der eingereichten VeRI-Meldungen verlangt. In zwei Tagen erhielten wir die geforderte Auskunft nebst einer Mitteilung, dass eBay aufgrund unseres Schreibens die betreffenden Verstöße aus dem Mitgliedskonto des Mandanten entfernt hat (selbstverständlich aus reiner Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht).
Die anzeigende Firma – einen, nach eigenen Angaben, registrierten „Hersteller, Distributor und Erstinverkehrbringer“ des im Ausland ansässigen Markeninhabers – haben wir sodann für unseren Mandanten wegen eines Behinderungswettbewerbs bzw. eines Eingriffs in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb in Anspruch genommen und eine einstweilige Verfügung gegen sie erwirkt. Das angerufene Landgericht Bremen gab der Antragsgegnerin auf,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,
gegenüber dem Betreiber der Internetplattform eBay wörtlich oder sinngemäß, insbesondere im Rahmen des von eBay bereitgestellten Verifizierten Rechteinhaber-Programms (VeRI) zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, dass der Antragsteller durch seine auf eBay eingestellten Angebote die Wort-/Bildmarke […] verletze und/oder solche Behauptungen Dritter an den bezeichneten Empfänger weiterzuleiten, wie dies insbesondere in Bezug auf das aus Anlage ASt1 ersichtliche Angebot des Antragstellers geschehen ist.
Die Antragsgegnerin hat mittlerweile über ihre Rechtsanwälte angekündigt, die einstweilige Verfügung mit einem Widerspruch anfechten zu wollen. Das Gericht habe bei seiner Entscheidung angeblich eine Reihe von Umständen nicht berücksichtigt, welche das markenrechtsverletzende Verhalten unseres Mandanten bestätigen würden. Eine Widerspruchsschrift liegt uns jedoch noch nicht vor. Wir sind gespannt.
Fazit
Unabhängig davon, wie sich der geschilderte Fall weiter entwickeln wird, zeigt er, dass betroffene Verkäufer keinesfalls untätig bleiben sollten, wenn sie von eBay die berühmte E-Mail “Ihre Auktion wurde gelöscht” erhalten. Ratsam ist vielmehr, die Berechtigung der vorgenommen Löschungen durch einen auf dem jeweiligen Fachgebiet spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Viele Verkäufer tun es nicht und nehmen die Löschungen hin – obwohl oft gute Chancen bestehen, sich gegen ein solches Vorgehen der Rechteinhaber erfolgreich zur Wehr zu setzen. (pu)