Das Urheberrecht schützt den Urheber umfassender, als man denken mag. Bei einem unerwarteten Erfolg kann sogar ein nachträglicher Vergütungsanspruch entstehen. Der Kameramann des Erfolgsfilms „Das Boot“ klagte einen solchen erfolgreich ein.
Unerwarteter Erfolg: „Das Boot“
Bei der Produktion des Filmes „Das Boot“ rechnete noch keiner mit dem Erfolg, den der Film haben sollte. Zu diesem Zeitpunkt hielten alle Beteiligten für die Arbeit des Kameramanns eine Pauschalvergütung für seine Arbeit in Höhe von circa 100.000 € angemessen.
Als eine der erfolgreichsten deutschen Produktionen aller Zeiten wurde das Werk von Regisseur Wolfgang Petersen dann jedoch für sechs Oskars nominiert. Eine Nominierung erhielt der Film für die beste Kamera. Im Nachhinein erschien der Betrag daher etwas niedrig. Der Kameramann forderte vor Gericht eine angemessene Nachvergütung ein und bekam erstinstanzlich Recht. Jetzt hatte das OLG München über die Sache zu entscheiden.
Fairness im Urheberrecht
Die Richter am OLG München bestätigten in ihrem Urteil einen Nachvergütungsanspruch (OLG München, Urteil v. 21.12.2017, Az. 29 U 2619/16). Dieser ergibt sich aus dem „Fairnessparagraphen“ des Urheberrechts. § 32a UrhG gewährt einen Anspruch auf Einwilligung zur Vertragsänderung, die zu einer angemessenen Bezahlung des Urhebers führt. Der Anspruch besteht immer dann, wenn die Rechte zur Benutzung des urheberrechtlich geschützten Werkes unter Bedingungen eingeräumt wurden, die im Verhältnis zu den Vorteilen der Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen.
In diesem Fall waren folglich die 100.000€ Pauschalvergütung gegen die gesamten Erträge des Filmes abzuwägen. Dabei kam es auch maßgeblich darauf an, wie groß der Anteil des Kameramanns an dem Erfolg des Films war.
Was ist fair?
Nach der Ansicht der Richter bestand ein Missverhältnis, was sich auch daraus ergebe, dass der Kameramann einen wesentlichen Anteil am Erfolg des Films habe. Dieser Umstand ergebe sich vor allem aus der Oskar-Nominierung für die beste Kamera. Dem Kläger wurden Ansprüche auf eine Nachvergütung gegen die Filmherstellerin, eine Rundfunkanstalt, sowie ein Unternehmen, das den Film auf DVD verbreitet.
Insgesamt setzte das Gericht die Nachvergütung inklusive Zinsen auf rund 600.000 € fest. Zusätzlich wurden ihm Ansprüche auf eine angemessene zukünftige Beteiligung an den weiteren Nettoerlösen (2,25%) und tarifgemäße Vergütungen für die Ausstrahlung im Rundfunk zugesprochen.
Auswirkungen auf die Vertragspraxis
Der Fall zeigt, dass der „Fairnessparagraph“, trotz seines regelmäßigen Schattendaseins in der Praxis, ein mächtiges Werkzeug für Urheber sein kann, vorher vielleicht aus einem ungleichen Machtverhältnis heraus verhandelte Beträge um nicht unerheblich Summen heraufzusetzen.
Genau diese Möglichkeit wird auf der anderen Seite von Kritikern stark kritisiert. Es ist dem deutschen Recht aufgrund des Prinzips, dass Verträge grundsätzlich zu erfüllen sind, tatsächlich fremd, diese nachträglich einseitig nachbessern zu können. Insbesondere im vorliegenden Fall hatte keiner der Beteiligten mit dem durchschlagenden internationalen Erfolg des Werks gerechnet. Da ist die Frage berechtigt, weshalb derjenige, der im Vorfeld das gesamte wirtschaftliche Risiko des Projekts trägt, die Früchte dieser Risikobereitschaft später mit zwar elementaren, jedoch letztendlich lediglich „einfachen“ Arbeitnehmern teilen müssen soll. Wird ein filmisches Projekt ein Reinfall, beteiligen sich Schauspieler, Kameraleute und sonstige Mitwirkende ja auch nicht an den Verlusten.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmung urheberrechtliche Verträge stark entwertet, muss der Verwerter doch auf unbestimmte Zeit damit rechnen, dass die vereinbarte Vergütung ungeachtet der vereinbarten Beträge ohnehin heraufgesetzt wird, wenn das Werk den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg erzielt. Ob der so genannte „Fairnessparagraph“ tatsächlich für alle Beteiligten „fair“ ist, darf man vor diesem Hintergrund mit Recht bezweifeln.