Bei der Verfolgung und Ahndung von Rechtsverletzungen im Internet schreiten immer mehr Rechteinhaber gegen solche Dienste zur Tat, die zwischen dem Nutzer und der Plattform, welche die rechtsverletzenden Inhalte zur Verfügung stellt, stehen.
Das Unternehmen Cloudflare bietet ein Content-Delivery-Network (CDN) an, das oft von urheberrechtsverletzenden Websites missbraucht wird, um durch Anonymität rechtlich nicht belangt werden zu können.
Dem hat das OLG Köln nun mit seinem Urteil vom 9.10.2020 einen Riegel vorgeschoben. Cloudflare hafte als Störer für Urheberrechtsverletzungen seiner Kunden, wenn der Dienst Inhalte nicht sperrt, die ihr von Rechteinhabern gemeldet wurden. Damit bestätigte das OLG Köln die Entscheidung des Landgerichts Köln vom 30.01.2020.
Haftung für das Betreiben eines Content-Delivery-Networks?
Auf der Plattform DDL waren viele urheberrechtswidrige Inhalte abrufbereit. Die Plattform DDL Music machte dabei Gebrauch von den verschiedenen Leistungen von Cloudflare, wie z.B. den Betrieb eines Namenservers, eines Content-Delivery-Networks (CDN) und von DNS-Servern (DNS-Resolver). Darunter befand sich auch ein Musikstück, an dem die Klägerin, ein Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI), die Rechte hatte.
Die Klägerin wies Cloudflare auf unter anderem diese Urheberrechtsverletzung hin und forderte, den Zugang zu der rechtsverletzenden Webseite zu sperren. Dieser Aufforderung kam Cloudflare jedoch nicht nach, sondern verwies die Klägerin an den Webseiten-Betreiber.
Dagegen setzte sich die Klägerin gerichtlich zur Wehr.
Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen
Schon das Landgericht Köln war der Auffassung, dass Cloudflare als Betreiber eines Content-Delivery-Networks als Störer hafte und verurteilte das Unternehmen daher zur Unterlassung (LG Köln, Urteil vom 30.1.2020, Az. 14 O 171/19). Im Berufungsverfahren schloss sich das OLG Köln der Entscheidung der Vorinstanz an. Es knüpfte dabei an die von Cloudflare ausgeübte Tätigkeit an und bezog Stellung zu einer möglichen Enthaftung von Cloudflare nach den §§ 8, 9 TMG:
§ 8 TMG sei zugunsten des Betreibers eines Content-Delivery-Networks nicht anzuwenden, da diese Norm unter anderem verlange, dass der Dienstanbieter die fremden Informationen lediglich übermittele. Vorliegend habe sich Cloudflare allerdings nicht auf die bloße Übermittlung beschränkt. Vielmehr habe Cloudflare die Inhalte der Webseiten der Kunden auf eigenen Seiten zwischengespeichert, was jedoch über das hinausgehe, was zur reinen Übermittlung normalerweise notwendig sei.
Cloudflare nehme die Speicherungen auch vor,
„um die Anzahl der Aufrufe auf die Seiten ihrer Kunden zu reduzieren“ und da es in seiner Werbung „sowohl auf die Beschleunigung als auch den Schutz der Kundenwebseiten abstellt, ergibt sich, dass das Speichern auf den Servern ihres Netzwerks nicht allein der Übermittlung der angefragten Informationen dient.“
Vielmehr ermögliche das
„Speichern Ihrer Webseite auf lokalen Datenzentren und das Blockieren bösartiger Besucher (…) D., Ihre Bandbreitennutzung um über 60% und die Anzahl der Anfragen auf Ihre Webseite um 65% zu reduzieren.“ (…). Damit dient das Speichern auf den lokalen Servern auch dazu, den Zugriff auf die Kundenwebseite zu verringern und wird danach nicht allein zum Zwecke der effizienteren Übermittlung vorgenommen.“
Demnach sei Cloudflare ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Rechtsverstöße als Mitstörer anzusehen.
Nach Ansicht des Gerichts habe Cloudflare sich
„hinsichtlich des Datenverkehrs zwischen der Kundenwebseite und Nutzern mit ihrem Server-Netzwerk zwischengeschaltet, sodass sämtlicher Internetverkehr von und zur Webseite des Kunden über ihren Server läuft.“
Daher sei das Einschalten der Server
„damit adäquat kausal für die rechtswidrige öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums über die Seite ihres Kunden.
Ferner könne ein Störer, der
„ein Dienstanbieter, dessen Dienst in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht“,sei, auch dann „nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich erst dann durch gerichtliche Anordnung zur Unterlassung verpflichtet werden, wenn es nach einem Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung erneut zu einer derartigen Rechtsverletzung gekommen ist, weil der Dienstanbieter nicht unverzüglich tätig geworden ist, um den rechtsverletzenden Inhalt zu entfernen oder den Zugang zu diesem zu sperren und dafür zu sorgen, dass es zukünftig nicht zu derartigen Rechtsverletzungen kommt (…).“
Vorliegend sei Cloudflare nicht tätig geworden, obwohl dad Unternehmen von den Urheberrechtsverletzungen gewusst habe, sodass die Störerhaftung greife und Cloudflare damit zur Unterlassung verpflichtet werden könne, so das OLG Köln.
Auch eine Anwendbarkeit des § 9 TMG lehnte das Berufungsgericht mit der Begründung, dass Cloudflare das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Haftungsprivilegierung nicht glaubhaft gemacht habe, ab. Der Betreiber des Content-Delivery-Network trage für das Bestehen der Haftungsprivilegierung die Darlegungs- sowie die Beweislast. Von dieser habe Cloudflare vorliegend jedoch keinen Gebrauch gemacht und nicht vorgetragen,
„inwieweit es sich bei der Speicherung um einen automatisierten Vorgang handelt, welche vertraglichen Vereinbarungen es hierzu gibt und dass und in welchem Rahmen die Kunden, hier die Verantwortlichen der Seite „ddl-music.to“, die Zwischenkopien bei ihrer Anlegung dezidiert als zeitlich begrenzt widmen. Weiter fehlt es an Vortrag und Glaubhaftmachung, wie die konkrete Konfiguration der eigenen Server der Antragsgegnerin diesbezüglich aussieht und ob sich das „Ob“ und „Wie“ der Speicherung ganz im Sinne einer Effizienzsteigerung nach Speicherkapazität, der Größe und Aktivität der Nutzergemeinde sowie der Abrufhäufigkeit richten.“
Praxistipp
Mit der Entscheidung des OLG Köln hat erstmals ein deutsches Oberlandesgericht eine einstweilige Verfügung gegen einen Anonymisierungsdienst erlassen, die es ihm verbietet, andere dabei zu unterstützen, illegale Angebote zu verbreiten und die Identität der Server rechtsverletzender Webseiten zu verbergen.
Betreiber dieser Seiten können meist nicht von Rechteinhabern in Anspruch genommen werden.
Die Entscheidung des OLG Köln erleichtern die Rechtsverfolgung nun. Jedenfalls in Bezug auf den Unterlassungsanspruch. Betreiber von Content-Delivery-Networks wie Cloudflare müssen damit rechnen, vermehrt gegen Verletzungen von Urheberrechten zur Rechenschaft gezogen zu werden.