Ein renommierter Modefotograf begehrt von der Beklagten Schadensersatz auf der Grundlage des Verletzergewinns wegen der unzulässigen Verwendung von Fotografien über den ursprünglich vereinbarten Lizenzzeitraum hinaus.
Hierbei ging es u.a. um die Frage, ob für die Ermittlung des Verletzergewinns auch der Gewinn zu berücksichtigen ist, den der Verletzer mit den abgebildeten Produkten erzielt hat.
Die unlizenzierten Bilder wurden auf Produktpackungen von Haarfärbemitteln in den Niederlanden verbreitet und involvierte hierbei eine niederländische Tochtergesellschaft (OLG Frankfurt, Urteil v. 13.03.2020, Az. 11 U 6/19).
Zum Sachverhalt
Der Kläger erstellte aufgrund eines mit der Beklagten abgeschlossenen Lizenzvertrages Fotografien von Models, welche die Beklagte für die Gestaltung von Produktpackungen für Haarfärbemittel benutzte. Die Beklagte verwendete diese Fotos ohne Zustimmung des Klägers auch nach der Beendigung des Lizenzvertrages. Die Fotografien wurden von der Beklagten zunächst in einer Druckerei in Deutschland vervielfältigt. In der Folge wurden sie auf Produktpackungen in den Niederlanden durch die niederländische Tochtergesellschaft der Beklagten in den Verkehr gebracht.
Bisheriger Verfahrensgang
Das LG Frankfurt hat der auf Zahlung von 1.684.748,49 € gerichteten Klage in Höhe von 317.282,16 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, dem Kläger stehe nach § 97 Abs. 2 UrhG ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach den Grundsätzen des Verletzergewinns zu. Der Verletzer habe denjenigen Gewinn herauszugeben, der kausal auf seine verletzende Tätigkeit zurückgehe. Dabei sei jeder ursächliche Zusammenhang ausreichend.
Die Beklagte müsse sich zudem als Konzernmutter nach der konzerninternen Weitergabe auch das Inverkehrbringen durch die niederländische Konzerntochter als eigene Handlung zurechnen lassen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
OLG Frankfurt: Umfang des Schadensersatzanspruches
Bei der unbefugten Verwendung von Fotos wird als Schadensersatz regelmäßig die angemessene Lizenzgebühr verlangt. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann aber auch der Gewinn berücksichtigt werden, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, § 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG. Vorliegend seien somit auch die Gewinne aus dem Verkauf der mit den Fotos versehenen Haarfärbemitteln zu berücksichtigen. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass für die Entscheidung des Kunden, das Produkt zu kaufen, auch die auf der Verpackung abgebildeten Fotos eine Rolle gespielt haben.
Dem Kläger war jedoch nicht bekannt, welchen Gewinn die Beklagte mit den Haarfärbemitteln gemacht hatte. Zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruches hatte der Kläger daher einen Anspruch auf Auskunft gegen die Beklagte, wonach die Beklagte Angaben zu machen hatte über den mit den Haarfärbemitteln erzielten Umsatz, die Gestehungskosten und den Gewinn.
Nach der daraufhin erteilten Auskunft belief sich der Gewinn, den sie nach Beendigung des Lizenzvertrages erzielt hatte, nach den Feststellungen des OLG Frankfurt am Main auf rund 2,45 Mio. Euro. Die Beklagte zahlte jedoch an den Kläger vorgerichtlich einen Betrag in Höhe von pauschal 65.000,00 €.
Das OLG Frankfurt nahm hierbei einen Kausalitätsanteil der Verpackungsfotos an der Entstehung des Verletzergewinns von 2,5 %. Daraus ergab sich ein dem Kläger zustehender Schadensersatz, der knapp unter der von der Beklagten bereits geleisteten Zahlung lag. Aus diesem Grund wies das OLG Frankfurt die Klage ab.
Keine Vervielfältigung in Deutschland
Der Kläger machte ausschließlich Ansprüche nach deutschem Urheberrecht geltend. Voraussetzung einer Haftung nach dem deutschen Urheberrecht ist eine im Inland begangene Verletzungshandlung.
Zwar fand die Vervielfältigungshandlung aufgrund der Reproduktion der Fotos in einer deutschen Druckerei statt. Allerdings sei dem Kläger hierdurch kein Schaden entstanden. Die Beklagte habe durch diese Handlung „weder einen Gewinn erzielt noch hätten vernünftige Parteien in Kenntnis aller Umstände hierfür eine Lizenzgebühr vereinbart“.
Hinsichtlich der Verbreitung der Fotos in Deutschland fehle es an einer Verbreitungshandlung der Beklagten. Die Weitergabe zum Vertrieb sei ausschließlich in den Niederlanden durch die niederländische Tochtergesellschaft erfolgt. Durch die Auslieferung gelange die Ware noch nicht in den freien Handel. Es handele sich somit um eine rein konzerninterne Warenbewegung. Dies stelle allerdings kein „Inverkehrbringen“ und somit keine Verbreitungshandlung nach deutschem Urheberrecht dar.
Ob die Beklagte für die Verbreitung der Produktpackungen in den Niederlanden verantwortlich ist, bestimmt sich nach niederländischem Recht. Hierüber entschied das OLG Frankfurt a.M. allerdings nicht. Denn ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des niederländischen Urheberrechts war nicht Gegenstand des Verfahrens.
Praxishinweise
Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ist die Klärung der Rechtslage und die Regulierung des Schadens häufig recht komplex. Sind dabei mehrere Gesellschaften eines Konzerns involviert, empfiehlt es sich in erster Linie zu prüfen, welche Handlung die jeweilige Gesellschaft vorgenommen hat und welche Möglichkeiten der Zurechnung von Handlungen bestehen. Nur bei genauer Prüfung lässt sich feststellen, gegen welche Gesellschaft sich ein Vorgehen lohnen könnte. Bei Ergreifung gerichtlicher Maßnahmen soll zunächst überprüft werden, an welchem Gerichtsstand ein Verfahren zu führen ist und welches Recht Anwendung findet.