Schauspiel: BGH entscheidet über Musikproduzenten-Klage

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Darf ein Schauspielhaus einmal lizenzierte Musik ohne erneute Vergütung des Urhebers nutzen, solange es an die GEMA zahlt? Und stellt Musik, abgespielt von einem USB-Stick, eine bühnenmäßige Darstellung im Sinne des Urhebergesetzes dar? Über diese und weitere Rechtsfragen hatte nun der Bundesgerichtshof (BGH) zu befassen (BGH, Urteil v. 07.04.2022, Az. I ZR 107/21). Ein Musikproduzent war gegen ein Schauspielhaus vor Gericht gezogen.

Im Rahmen einer Koproduktion mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus hatte das Staatsschauspiel Dresden den Kläger, ein Autor und Produzent für Bühnenmusik, mit der Komposition der Bühnenmusik für eine Inszenierung des Theaterstücks „Der Idiot“ von Fjodor Dostojewski in der Spielzeit 2015/2016 beauftragt. 

Räumlich und zeitlich unbeschränktes Nutzungsrecht

Der Kläger übertrug dem Staatsschauspiel Dresden die Rechte, sein Werk zeitlich und räumlich unbeschränkten zu verwerten – und zwar unveränderter, bearbeiteter oder umgestalteter Form.

Weiter komponierte der Beklagte Musiksequenzen, die er auf einem USB-Stick speicherte und dem Staatsschauspiel Dresden übergab. Dieses spielte die Musik während der Aufführung des Stücks „Der Idiot“ ohne Orchester ab.

Pauschale Vergütung

Es handelte sich um eine Koproduktion mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus, was dem Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bekannt war. In der Spielzeit 2016/2017 verwendete das Düsseldorfer Schauspielhaus für die dortige Aufführung eine Kopie des USB-Sticks. Dafür erhielt der Kläger eine pauschale Vergütung.

Der Kläger erfuhr dann, dass das Düsseldorfer Schauspielhaus „Der Idiot“ unter Verwendung seiner Musik auch in der Spielzeit 2017/2018 aufführte. Das Schauspielhaus lehnte weitere Zahlungen mit der Begründung ab, sie zahle bereits für jede Aufführung des Stücks an die GEMA. Daraufhin klagte der Musikproduzent gegen das Düsseldorfer Schauspielhaus.

Meldung an die GEMA

Der Kläger klagte auf Unterlassung, Auskunft und Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten. Das Landgericht verurteilte das Schauspielhaus zur Unterlassung sowie zur Auskunft über erfolgte Aufführungen sowie zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Abspielen von USB-Stick keine Tonträgerverbreitung

Der Bundesgerichtshof bestätigte in Teilen die Entscheidungen des Berufungsgerichts. Dieses hatte entschieden, dass die Tonträgerrechte des Klägers nicht verletzt worden seien. Die vorgenommene Vervielfältigung habe der Kläger genehmigt, in dem er sich mit der Vergütung für die Spielzeit 2016/2017 einverstanden erklärt habe. Eine erneute Vervielfältigung für die Spielzeit 2017/2018 habe der Kläger nicht behauptet. Die Nutzung des USB-Sticks stelle keine Verbreitung des Tonträgers dar.

Verletzung des Aufführungsrechts

Mit dem Abspielen der Musik des Klägers sei jedoch dessen Urheberrecht verletzt worden. Bei den Aufführungen handle es sich um bühnenmäßige Darstellungen im Sinne des § 19 Abs. 2 Halbsatz 2 Urhebergesetz (UrhG). Bei den Musikstücken handle es sich um persönliche geistige Schöpfungen in Gestalt von Werken der Musik im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 UrhG.

Das Berufungsgericht entschied auch, die Musik werde vom GEMA-Berechtigungsvertrag nicht erfasst und könne nur durch den Kläger selbst lizenziert werden. Dem erteilt der BGH in seinem Urteil jedoch eine Absage.

Der BGH sieht eine Verletzung des Aufführungsrechts des Klägers gemäß § 19 Abs. 2 UrhG. Das Aufführungsrecht sei von der im GEMA-Berechtigungsvertrag vereinbarten Rechtseinräumung nicht umfasst.

Keine bühnenmäßige Aufführung: Bloße Untermalung

Auch eine bühnenmäßige Darstellung liege nicht vor, so das BGH-Urteil. Musik, die im Rahmen einer Sprechtheateraufführung erklinge, werde nur dann als mit dem Sprachwerk verbundenes Werk im Sinne des § 19 Abs. 2 Fall 2 UrhG bühnenmäßig aufgeführt, „wenn sie integrierender, organischer Bestandteil des Spielgeschehens ist und nicht nur der bloßen Untermalung dient“.

Enger innerer Zusammenhang erforderlich

Erforderlich sei ein enger innerer Zusammenhang zwischen Musik und Spielgeschehen, der im Einzelfall gerichtlich festgestellt werden müsse. Ohne diesen engen inneren Zusammenhang werde die Musik aus Anlass des Spielgeschehens im Sinne des § 19 Abs. 2 Fall 1 UrhG aufgeführt. Der innere Zusammenhang sei allerdings nicht schon deshalb gegeben, weil die Musik auf die Inszenierung des Stücks abgestimmt ist und ausschließlich für diese komponiert wurde, also ohne Schauspiel nicht sinnvoll verwendbar ist.

In dem Rechtsstreit ging es ferner um die Frage, ob von einem Komponisten geschaffene Bühnenmusik auch dann integrierender Bestandteil eines Spielgeschehens ist, wenn sie nicht der Fortführung der dramatischen Handlung des Bühnenstücks dient. Diese Frage sei „nicht abstrakt klärungsfähig“, urteilte der BGH. Auf welche Weise ein Werk dem Publikum akustisch vermittelt werde, also durch Abspielen von einem USB-Stick oder auf andere Weise, sei jedoch für die Beurteilung als bühnenmäßige Aufführung ohne Bedeutung.

Trotz nun vorliegender höchstgerichtlicher Entscheidung ist der Kläger noch nicht an seinem Ziel: Der BGH hat das angegriffene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

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