Besteht ein erheblicher Grund für eine Terminsverlegung nach § 227 Abs. 1 ZPO, kann der Prozessbevollmächtigten einer Partei – meist unproblematisch – einen Fristverlängerungs- oder Terminverlegungsantrag stellen. Das gilt grundsätzlich auch im einstweiligen Verfügungsverfahren.
Dort ist jedoch Vorsicht geboten: Fristverlängerungs- oder Terminverlegungsanträge des ungesicherten Antragstellers im einstweiligen Verfügungsverfahren sind nämlich regelmäßig dringlichkeitsschädlich.
Fristverlängerungs- oder Terminverlegungsantrag des ungesicherten Antragstellers
Das hat das Oberlandesgericht München in einer aktuellen Entscheidung nochmals betont (OLG München, Beschluss v. 16.09.2021, Az. 29 U 3437/21).
Bereits das Landgericht München (LG München I, Az. 37 O 3138/21) hatte den Verfügungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Nach Meinung des OLG München zu Recht. Denn auch die Berufung habe nach derzeitiger Aktenlage keine Aussicht auf Erfolg, so die Richter. Dies weil der für den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund weggefallen war.
Verfügungsgrund als Zulässigkeitsvoraussetzung
Grundsätzlich hat der Antragsteller nach §§ 936, 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) darzulegen und glaubhaft zu machen, warum es einer Eilentscheidung über die behaupteten Ansprüche bedarf – es muss demzufolge ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Eilverfahrens gegeben sein, da ansonsten der Antrag als unzulässig abzuweisen ist. Eine Ausnahme dazu ist gegeben, wenn im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder aufgrund vergleichbarer Vorschriften eine Dringlichkeitsvermutung besteht. Doch unabhängig davon, ob ein Verfügungsgrund glaubhaft zu machen ist oder vermutet wird, sei er zu verneinen, wenn sich der Antragsteller oder dessen Prozessbevollmächtigter dringlichkeitsschädlich verhält, so das Gericht.
Der Antragsteller muss sich beeilen – vor und nach Antragstellung
Dringlichkeitsschädlich verhält sich derjenige, der durch sein Verhalten erkennen lässt, dass es dem Antragsteller mit der Durchsetzung seiner Ansprüche eben nicht eilig ist, so dass die Durchführung eines Eilverfahrens mit all den damit zu Lasten des Antragsgegners verbundenen Einschränkungen gegenüber einem Klageverfahren einerseits und die mit dem Eilverfahren verbundene Bevorzugung der Sachbehandlung nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nicht nur Verhaltensweisen vor Antragstellung dringlichkeitsschädliche Auswirkungen auf den Verfügungsgrund entfalten, sondern die mangelnde Dringlichkeit könne sich laut des Gerichts auch aus dem prozessualen Verhalten eines Antragstellers ergeben. Die Richter machen deutlich, dass sich auch das zögerliche Betreiben des Verfahrens nachteilig auf den Verfügungsgrund auswirken könne. Und damit nicht genug, denn die durch einen Prozessbevollmächtigten verursachten Verzögerungen müsse sich der Antragsteller gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Dieser habe die Verfügungssache vorrangig zu erledigen und könne sich grundsätzlich weder auf eigene starke berufliche Beanspruchung noch auf Urlaub berufen.
Aus diesen Gründen seien im Regelfall jegliche Anträge auf Fristverlängerung oder Terminverlegung als dringlichkeitsschädlich anzusehen. Vor allem dann, wenn sie vom noch ungesicherten Antragsteller gestellt werden. Denn mit einer solchen gerichtlichen Entscheidung, die einem solchen Antrag stattgibt, geht zwangsläufig eine Verfahrensverlängerung einher. Durch den Antrag erkläre sich der Antragsteller mit dieser Verlängerung konkludent einverstanden und bringe daher zum Ausdruck, dass ihm die Sache nicht derart eilig ist, dass es diesbezüglich einer Eilentscheidung bedarf. Dies auch dann, wenn einem derartigen Antrag seitens des Gerichts nicht entsprochen wird oder sich eine etwaige Stattgabe des Antrags im Ergebnis ausnahmsweise nicht auf die Verkehrsdauer auswirkt. Die Richter argumentierten, dass das dringlichkeitsschädliche Verhalten sich bereits aus dem Antrag an sich ergebe. In diesem Fall gibt es dann kein „zurück“ mehr.
Das gilt auch im Berufungsverfahren
Im gleichen Zuge erklärte das Gericht, dass der Antragsteller den geltend gemachten Anspruch auch im Berufungsverfahren zügig weiterverfolgen. Ihm sei es daher jedenfalls zuzumuten, eine Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist zu begründen. Anhand dieser Maßstäbe sei ein Verfügungsgrund zu verneinen, so das Oberlandesgericht.
Die Dringlichkeit entfällt bereits mit dem Fristverlängerungsantrag
Die Entscheidung zeigt: Es ist ausreichend, dass die Antragstellerseite zum Ausdruck gebracht hat, dass sie eine mit der Bewilligung der beantragten Fristverlängerung eingehende Verfahrensverlängerung in Kauf nimmt und ihr die Sache nicht derart eilig ist, dass sie eine Eilentscheidung rechtfertigen würde. Unerheblich ist in solchen Fällen dann, ob die Antragstellerin die verlängerte Frist ausschöpft oder nicht. Denn das dringlichkeitsschädliche Verhalten ergibt sich ja bereits aus der Antragstellung.
Ähnliches gilt für die Durchsetzung einer bereits erlassenen Verfügung
Ähnliche Gefahren drohen, wenn der Antragsteller nach Erlass der Verfügung keinen Ordnungsmittelantrag stellt, obwohl er von (vermeintlichen) Verstößen gegen die einstweilige Verfügungen bereits längere Zeit Kenntnis hat. Auch damit zeigt er nachträglich, dass sein Anliegen letztlich doch nicht so dringlich gewesen sein kann.