Miteinander reden – es gibt keine bessere Form der Konfliktbewältigung. Wie wichtig der Dialog ist, zeigt sich gerade im Zuge der „Cancel Culture“, die als Teil ihrer Konfliktlösungsstrategie auf Diskursverweigerung und Ausschluss des Anderen setzt. Die Argumente der Gegenseite werden nicht gehört, sondern systematisch zum Verstummen gebracht. Mit dieser Absage an den Dialog verschärft die „Cancel Culture“ die Probleme und vertieft die weltanschaulichen Gräben, die schließlich unüberwindbar werden.
Kultur des Dialogs, oder: Im Gespräch bleiben
Wenden wir es zum Positiven: Wir wissen, wie wir es besser machen können. Eine Kultur des Dialogs ist gewissermaßen der Gegenentwurf zur „Cancel Culture“, die Beachtung des Audiatur et altera pars methodischer Garant der Verständigung. Zumindest bietet es die Chance, den Anderen zu verstehen, wenn man ihn erstmal anhört. Macht man ihn mundtot, hat man diese Möglichkeit nicht.
Eine neutrale Person kann helfen
Doch: Miteinander reden fällt oft schwer, wenn bereits Konflikte bestehen. Hier kann es ratsam und hilfreich sein, eine neutrale Person als Moderatorin hinzuzuziehen. Nicht als Schiedsrichter oder gar als Entscheider, sondern als Begleiter auf dem Weg zu einer Lösung. Diese außergerichtliche Mediation ist ein wertvoller Beitrag zu einem Rechtssystem, das Gesetze nicht als Gängelung und Gerichte nicht als Orte der Macht begreift, sondern für die Menschen wirken will und ihnen daher Platz einräumt, durch den Dialog ein Verfahren zu verhindern.
Mediationschats gegen hate speech
Doch auch im Alltag, wenn es gar nicht um eine strukturelle Alternative zum formalen Rechtsweg durch die Instanzen geht, sondern einfach „nur“ darum, einigermaßen gut miteinander auszukommen, kann eine Mediation helfen, den Anderen und seine Argumente wirklich ernst- und vielleicht ja am Ende sogar anzunehmen. In einer Zeit wie unserer, in der ein Großteil der Kommunikation online stattfindet und gerade dort Konflikte schnell eskalieren, sollten Bedingungen für eine dialogbasierte Vermittlung zwischen den Konfliktparteien geschaffen werden, etwa Mediationschats, in denen der Austausch von kompetenten Personen begleitet wird.
Auch dann ist und bleibt es schwierig, zu Lösungen zu kommen, mit denen beide Seiten leben können. Dialog ist ein mühsames Geschäft. Doch es geht am möglichst offenen Gespräch kein Weg vorbei – wenn man nicht in einer destruktiv-toxischen „Cancel Culture“ landen will.
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.