Vom Tellerwäscher zur einstweiligen Verfügung

Wer kennt es nicht? Das typische Szenario aus der Spülmittel-Fernsehwerbung, bei der zwei Teller in ein Becken getaucht werden. Ein Teller kommt strahlend sauber wieder raus, während der andere noch total verschmutzt ist. Manche Verbraucher werden solche Tests kritisch beäugen und in Zweifel ziehen: “Im Fernsehen ist halt alles möglich“.

Im Fernsehen ist vieles möglich, aber nicht alles erlaubt. So war es auch im vorliegendem Fall mit dem sich das Oberlandesgericht Köln in seiner Entscheidung vom 19.04.2013 (OLG Köln, Urteil v. 19.04.2013, Az. 2 U 206/12) befassen musste.

Was war geschehen?

Die Antragsgegnerin warb für ein Spülmittelkonzentrat unter anderem in einem Internetvideo. Dazu führte sie ein angebliches Experiment durch, bei dem ein rechteckiges gläsernes Gefäß mit Wasser gefüllt, darauf Öltropfen gleichmäßig verteilt und danach an den Schmalseiten des Gefäßes Teller in die Flüssigkeit getaucht wurden, die zuvor mit dem Spülmittel der Antragsgegnerin in grüner Farbe und einem anderen, blauen Spülmittel benetzt worden waren. Die Öltropfen auf der Wasseroberfläche sammelten sich auf der Seite des blauen Spülmittels. Sodann folgte der Werbeslogan „G kämpft am besten gegen Fett“.

Die Antragsstellerin hielt den Versuch für irreführend und für einen unzulässigen Werbevergleich. Sie selbst vertreibt Spülmittel in blauer Farbe.

Vor dem Landgericht Köln erwirkte sie sodann eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin (LG Köln, Urteil vom 25.10.2012, Az. 31 O 312/12). Die Antragsgegnerin legte hiergegen Berufung ein. Diese blieb ohne Erfolg.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln

Das Oberlandesgericht Köln bejahte den Unterlassungsanspruch gem. § 8, 3, 6 Abs. 2, 5 Abs. 1, Nr. 1 UWG.

Streitgegenständlich sei nicht die Werbeaussage „G kämpft am besten gegen Fett“ oder die Behauptung als solche, dass das Produkt der Antragsgegnerin über eine höhere „Fettlösekraft“ verfüge als andere Spülmittel. Zur Täuschung geeignet sei die beanstandete werbliche Präsentation. Dies gelte in dem Fall, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen ein falscher Eindruck von der Beweiskraft des Schauversuchs erweckt werde. Nach dem Verständnis der Verbraucher bestätige der Verlauf des Experiments eine besonders hohe „Fettlösekraft“ des Spülmittels der Antragsgegnerin. Und zwar in dem Sinne,

„dass molekulare Bestandteile ihres Produkts („die Tenside der G-Formel“) sich besser als die Bestandteile anderer vergleichbarer Produkte mit Fettteilchen (den Öltropfen auf der Wasseroberfläche) verbinden und sie im Wasser „lösen“.“

Ein wissenschaftlicher Nachweis sei jedoch tatsächlich nicht gegeben. Die Antragsgegnerin habe auch keine nur mittelbare Aussagekraft ihres Experiments für die fettlösende Werbung glaubhaft gemacht. Das Experiment beweise keineswegs eine sichtbare „Auflösung“ von Fettpartikeln. Zu sehen sei der nach dem italienischen Physiker Carlo Marangoni benannte Effekt („Marangoni-Konvektion“), der bei einer – hier auf den beiden Seiten des Gefäßes unterschiedlich starken – Herabsetzung der Oberflächenspannung des Wassers auftrete. Dabei werden die auf der Wasseroberfläche verteilten Öltropfen von der entstehenden Strömung mitgeführt und sammeln sich im Bereich der verbleibenden höheren Oberflächenspannung. Mit dem wissenschaftlichen Nachweis einer höheren „Fettlösekraft“ habe dies dagegen nichts zu tun. Dies ergebe sich unstreitig daraus, dass dieser Effekt auch mit jedem anderen schwimmenden Gegenstand und statt mit einem tensidhaltigen Spülmittel auch mit einem Fettalkohol oder einem anderen ambiphilen (sowohl wasser- als auch fettlöslichen) Stoff erzielt werden könne.

Aber selbst wenn dieses Verfahren nicht umstritten wäre, könnte das Schauexperiment deshalb nicht als Veranschaulichung der Werbeaussage dienen, dass Fettpartikel durch das Spülmittel der Antragsgegner besser aufgelöst würden als durch ein Konkurrenzprodukt.

Hier ist der amtliche Leitsatz zu lesen:

„Irreführend wirbt, wer die Aussage über ein Spülmittel „… kämpft am besten gegen Fett“ durch ein physikalisches Experiment veranschaulicht, bei dem auf einer Wasseroberfläche schwimmende Fettpartikel nicht aufgelöst, sondern nur von der Strömung mitgeführt werden, die bei Veränderungen der Oberflächenspannung entsteht.“

Fazit

Werbung darf halt doch nicht alles! Insbesondere darf der Verbraucher durch sie nicht in die Irre geführt werden. (jr)

(Bild: © caruso13 – Fotolia.com)

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