Im digitalen Zeitalter ist das Vertrauen in Online-Bewertungen zu einem wesentlichen Bestandteil bei der Auswahl von Produkten und Dienstleistungen geworden. Doch kann man diesen Bewertungen immer trauen? Tatsächlich gibt es im Internet nicht selten sogenannte „Fake-Bewertungen“, bei denen Unternehmen entweder versuchen, sich selbst positiv darzustellen oder Konkurrenten zu schaden.
Doch was kann man als Unternehmen tun, den Kauf von positiven Bewertungen bei der Konkurrenz zu unterbinden?
Das fragte sich eine Anbieterin von Balkonkraftwerken und erwirkte eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Düsseldorf.
Sprunghafter Anstieg positiver Bewertungen auf „ProvenExpert“
Die Antragstellerin hatte bemerkt, dass die Anzahl der Bewertungen und deren Veröffentlichungsrate für die Antragsgegnerin auf der Plattform „ProvenExpert“ innerhalb kurzer Zeit sprunghaft um hunderte positiver Bewertungen angestiegen war. Daher lag der Verdacht nahe, dass die Antragsgegnerin gefälschte positive Bewertungen gekauft hatte. Tatsächlich stellte sich heraus, dass viele der neueren Bewertungen, insbesondere jene, die positiv ausfielen, sprachliche und inhaltliche Anomalien aufwiesen, die darauf hindeuteten, dass sie nicht authentisch waren.
ChatGPT? Kombination aus formaler Perfektion und inhaltlichem Unsinn
Die neuen Bewertungen auf „ProvenExpert“ zeigten zudem eine Inkonsistenz mit denen auf anderen Plattformen wie Google und Trustpilot. Darüber hinaus wiesen die verdächtigen Bewertungen eine ungewöhnlich hohe Einhaltung von Rechtschreib- und Grammatikregeln auf, während ihr Inhalt oft keinen Sinn ergab. Das deutete darauf hin, dass sie möglicherweise durch eine automatisierte Software (KI) generiert worden waren.
In einigen Bewertungen wurde auf Merkmale und Verwendungsmöglichkeiten der Produkte der Antragsgegnerin hingewiesen, die in der Realität nicht existieren, oder sie enthielten inhaltliche Fehler. All diese Merkmale legten nahe, dass die Bewertungen nicht von echten Kunden stammen, sondern vielmehr von der Antragsgegnerin in Auftrag gegeben und bezahlt wurden.
LG Düsseldorf erlässt Verbot von 5 gefälschten Bewertungen
Da die Antragsgegnerin keine Unterlassungserklärung abgab, wurde ein Antrag auf einstweilige Verfügung notwendig. Um den Rahmen dieses Antrags nicht zu sprengen, machte die Antragstellerin lediglich fünf Bewertungen streitgegenständlich, bei denen es aufgrund ihrer Formulierungen auf der Hand lag, dass diese nicht von echten Kunden stammen können, sondern vielmehr vermutlich bei entsprechenden Anbietern gekauft wurden.
Das Landgericht Düsseldorf erließ die einstweilige Verfügung bereits am nächstem Tag und hat sie nach Widerspruch auch per Urteil bestätigt (LG Düsseldorf, Urteil v. 10.11.2023, Az. 38 O 176/23, nicht rechtskräftig, hier abrufbar).
Die Beweisführung bei Betriebsinterna ist schwierig
Im vorliegenden Fall war die Beweisführung eine Herausforderung. Wenn der Antragsteller – in diesem Fall das betroffene Unternehmen – keine genauen Kenntnisse über bestimmte innere Abläufe hat und diese nicht aufklären kann, während der Antragsgegner – hier der mutmaßliche Urheber oder Käufer der Fake-Bewertungen – diese Informationen besitzt, wird die Beweislast kompliziert.
In solchen Fällen kann der Grundsatz der vollen Darlegungslast des Antragstellers eingeschränkt sein und der Antragsgegner eine sekundäre Darlegungslast tragen. Sollte er dieser nicht nachkommen, kann die Behauptung des Antragstellers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden angesehen oder durch freie Beweiswürdigung auf eine Irreführung geschlossen werden Allerdings bedeutet diese sekundäre Darlegungslast nicht automatisch eine Umkehr der Beweislast. Der Antragsteller muss immer noch greifbare Anhaltspunkte für die behauptete Irreführung darlegen und bei Bestreiten durch den Antragsgegner sowohl die Indiztatsachen als auch ihre Indizwirkung beweisen.
Im vorliegenden Fall konnte das Unternehmen jedenfalls für 5 Bewertungen zahlreiche Indizien für die Fälschung der Kundenbewertungen vorlegen und glaubhaft machen. Diese haben das Gericht offensichtlich überzeugt.
Es drohen bis zu 250.000 € Ordnungsgeld oder Ordnungshaft
Im Falle der Zuwiderhandlung drohen der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € oder bis zu sechs Monate Ordnungshaft. Die Antragsgegnerin kann dagegen Berufung einlegen oder die Antragstellerin zur Hauptsacheklage zwingen.
Neben dem Unterlassungsanspruch bestehen Schadensersatzansprüche, die die Antragstellerin in einem separaten Verfahren geltend machen wird.
Offenlegung: LHR vertritt in dem Verfahren die Antragstellerin.