Es gibt bald ein neues Verpackungsgesetz. Das „Gesetz zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Getrennterfassung von werkstoffhaltigen Abfällen“ oder kurz das Verpackungsgesetz (VerpackungsG) wird mit seinem Inkrafttreten am 01.01.2019 die Verpackungsverordnung ersetzen. Das Verpackungsgesetz enthält neue Verpflichtungen für die Betroffenen, die weiter als die der Verpackungsverordnung gehen. Doch wer ist überhaupt von dem Verpackungsgesetz betroffen? Welchen Verpflichtungen hat man nachzukommen? Was passiert, wenn ich gegen diese Verpflichtungen verstoße? Mit diesen Fragen wollen wir uns im Folgenden beschäftigen, um ein wenig Klarheit zu schaffen.
1. Wer ist betroffen?
Zunächst ist festzustellen, dass das neue Verpackungsgesetz nach § 2 Abs. 1 VerpackungsG für alle Verpackungen gilt. Hierzu zählen gem. § 3 Abs. 1 VerpackungsG untern anderem sog. Verkaufs-, Service-, Um-, Transport- aber auch Versandverpackungen. Solche Versandverpackungen sind nach der Verpackungsverordnung noch nicht erfasst gewesen. Hierunter sind nach der gesetzlichen Definition in § 3 Abs. 1 Nr. 1 b) VerpackungsG solche Verpackungen zu verstehen, die
den Versand von Waren an den Endverbraucher […] ermöglichen oder […] unterstützen.
Aber auch sog. Umverpackungen werden mittlerweile vom Verpackungsgesetz erfasst (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 VerpackungsG). Damit sind solche Verpackungen gemeint, welche mehrere Produkte enthalten und dem Endverbraucher angeboten werden. Allein die gesetzlichen Definitionen lassen den Rückschluss zu, dass der Internethandel nun vollends von dem Verpackungsgesetz betroffen ist.
Klarer wird dies, wenn man sich die Definition hinsichtlich der Vertreiber und Hersteller anschaut. So ist derjenige gem. § 3 Abs. 12 VerpackungsG Vertreiber,
der, unabhängig von der Vertriebsmethode oder Handelsstufe, Verpackungen gewerbsmäßig in Verkehr bringt.
Hersteller ist nach § 3 Abs. 14 VerpackungsG
derjenige Vertreiber, der Verpackungen erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt. Als Hersteller gilt auch derjenige, der Verpackungen gewerbsmäßig in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einführt.
Damit steht fest: Nutzt man als Internethändler Verpackungen, um seine Ware an die Kunden zu versenden, so fällt man in den Anwendungsbereich des neuen Verpackungsgesetzes. Auch wenn man nach der alten Verpackungsverordnung in den Anwendungsbereich fiel, wurden vor allem kleinere Internethändler bevorzugt behandelt. Diese mussten, insofern sie unter die die Bagatellgrenze nach § 10 Abs. 4 VerpackungsVO fallen, keine Vollständigkeitserklärung an die zuständige Industrie- und Handelskammer abgeben. Dieselbe Verpflichtung sowie dieselbe Bagatellgrenze lassen sich nun auch in dem neuen Verpackungsgesetz finden.
Doch ist hier Vorsicht geboten. Das neue Verpackungsgesetz enthält neue Verpflichtungen, die trotz des Genusses der Bagatellgrenze eine Meldepflicht darstellen (hierzu mehr an späterer Stelle). Somit sind selbst kleine Internethändler nicht mehr von dem bürokratischen Aufwand befreit.
2. Welchen Zweck verfolgt das neue Verpackungsgesetz
Um die neuen Regelungen in dem Verpackungsgesetz besser nachvollziehen zu können, lohnt es sich einen Blick auf die Zielsetzung des Gesetzes zu werfen. In erster Linie sollen die Auswirkungen von Verpackungsabfällen auf die Umwelt vermieden oder aber zumindest verringert werden. Um diesen Ziel zu genügen, soll die Wiederverwertung oder das Recycling gewährleistet werden. Dies kann laut § 1 Abs. 1 VerpackungsG nur gelingen, insofern die Betroffenen zu bestimmten Verhaltensweisen verpflichtet werden.
Die eben genannte Zielsetzung lässt sich bereits in der Verpackungsverordnung finden. Das neue Verpackungsgesetz soll laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz Bau und Reaktorsicherheit die ökologischen Ziele nun weiterentwickeln. Zum einem sind höhere Recycling-Quoten für Verpackungen vorgesehen. Zum anderen soll das Verpackungsgesetz zu einer erhöhten Kontrolle führen. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass die Verpackungsverordnung Schlupflöcher aufwies, die nun durch entsprechende Regelungen geschlossen werden sollen.
3. Welche Verpflichtungen kommen auf die Betroffenen zu?
Grundlegende Verpflichtung nach dem Verpackungsgesetz ist, dass man als Internethändler in der Verantwortung steht, dass selbst in Umlauf gebrachten, Verpackungen auch wiederverwertet werden können. Hierzu hat man sich an einem sog. dualen System zu beteiligen. Solch ein System ist mit der Aufgabe betraut, die Verpackungen zurückzunehmen und wiederzuverwerten. Das wohl bekannteste System in Deutschland ist „Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH“. Diese Verpflichtung ist allerdings nicht neu. Sie lässt sich gem. § 6 Abs. 1 S. 1 VerpackungsVO in der Verpackungsverordnung wiederfinden.
Neu hingegen ist die Registrierungspflicht (§ 9 Abs. 1 VerpackungsG). So müssen sich Internethändler künftig bei der Zentralen Stelle registrieren lassen. Hierzu sind unter anderem Angaben hinsichtlich des Namens, der Anschrift, der Kontaktdaten, der nationalen Kennnummer des Herstellers sowie des Markennamens zu machen. Auch muss in der Registrierung angegeben werden, durch welches System oder durch welche Branchenlösung die grundsätzlichen Verpflichtungen erfüllt werden. Diese Registrierungspflicht erinnert stark an die Registrierungspflicht von Elektro- oder Elektronikgeräten, über die wir bereits im Mai 2017 berichteten. Kommt man seiner Registrierungspflicht nicht nach, so ist auch der Vertrieb von Verpackungen verboten. In diesem Fall darf man als Internethändler keine Versandverpackungen nutzen.
Darüber hinaus normiert § 10 Abs. 1 VerpackungsG eine Datenmeldungspflicht. Internethändler haben hiernach unverzüglich der Zentralen Stelle mindestens folgende Daten zu übermitteln:
- Registrierungsnummer;
- Materialart und Masse der beteiligten Verpackungen;
- Name des Systems, bei dem die Systembeteiligung vorgenommen wurde;
- Zeitraum, für den die Systembeteiligung vorgenommen wurde.
Im Gegensatz zur Vollständigkeitserklärung, welche aus der Verpackungsverordnung in das Verpackungsgesetz übernommen wurde, gilt für die Datenmeldungspflicht, wie eingangs erwähnt, keine Bagatellgrenze, sodass selbst kleinste Internethändler von dem Bürokratieaufwand betroffen sind.
Weiterhin muss selbst der Versandhandel, welcher Getränke vertreibt, nach § 32 Abs. 3 VerpackungsG in seinen Darstellungsmedien angeben, ob es sich bei den Verpackungen um „EINWEG“ oder „MEHRWEG“ handelt.
4. Konsequenzen eines Verstoßes gegen das VerpackungsG
Um den ökologischen Zielsetzungen gerecht zu werden und die Einhaltung der Verpflichtungen des Verpackungsgesetzes zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber nunmehr einschneidende Bußgeldvorschriften im Verpackungsgesetz normiert. In § 34 Abs. 1 VerpackungsG wurde so eine Aufzählung vorgenommen, welche Handlungen gegen das Verpackungsgesetz als Ordnungswidrigkeiten einstuft. Bereits fahrlässige Verstöße genügen hier, um als ordnungswidrig zu gelten.
So wird bei einem Verstoß gegen die Systembeteiligungspflicht nach § 7 Abs. 1 S. 1 VerpackungsG eine Geldbuße bis zu 200.000 € fällig. Kommt man seiner Registrierungsverpflichtung nicht nach und vertreibt trotz dessen Verpackungen, sind immerhin Bußgelder bis zu 100.000 € möglich. Selbst bei einer Verletzung der Datenmeldepflicht können Beträge bis zu 10.000 € gefordert werden.
Abgesehen von den Bußgeldvorschriften läuft man bei einem Verstoß Gefahr, von seinen Konkurrenten abgemahnt zu werden.
5. Wie kann ich mich als redlicher Händler gegen unlautere Konkurrenten wehren?
Stellt man fest, dass sich die Mitkonkurrenten nicht an die gesetzlichen Verpflichtungen halten, löst dies Unmut aus. Doch ist die Feststellung, ob sich die Konkurrenten redlich verhalten, unter der Verpackungsverordnung äußerst schwierig. Bisher gibt es keine Möglichkeiten, einzusehen, ob sich die Konkurrenz an die Systembeteiligungspflicht hält. Dies wird sich nach Einführung des Verpackungsgesetzes ändern.
Nach dem Verpackungsgesetz soll eine sog. Zentrale Stelle geschaffen werden. Diese wurde nun am 28.06.2017 von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, dem Handelsverband Deutschland, der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen sowie dem Markenverband unter dem Namen „Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister“ gegründet und hat ihren Sitz in Osnabrück. Zu den Kernaufgaben der Zentralen Stelle gehört die Registrierung der Hersteller sowie die Veröffentlichung des Registers im Internet. Mit der Schaffung dieser Zentralen Stelle wird es möglich sein zu überprüfen, ob die Mitkonkurrenten sich entsprechend registriert haben und somit ihrer Systembeteiligungspflicht nachkommen.
Im Rahmen des Elektrogesetzes entschied der Bundesgerichtshof bereits (BGH, Urteil v. 09.07.2015, Az. I ZR 224/13), dass ein Verstoß hiergegen als wettbewerbswidrig einzustufen ist. Ähnlich dem Verpackungsgesetz unterliegen die Betroffenen des Elektrogesetzes ebenfalls einer Registrierungspflicht, sodass davon auszugehen ist, dass auch Verstöße gegen das Verpackungsgesetz als wettbewerbswidrig einzustufen sein werden. Allein der Umstand, dass die durch die Systembeteiligungspflicht entstehenden Kosten bei denjenigen nicht anfallen, die ihren gesetzlichen Verpflichtungen nach dem Verpackungsgesetz nicht nachkommen, lässt die Annahme zu, dass Wettbewerbsverstöße vorliegen. Doch auch der Gesetzgeber gibt Hinweise darauf, dass es sich bei einem Verstoß um wettbewerbswidriges Verhalten handelt. So heißt es in § 1 Abs. 1 S. 4 VerpackungsG:
Dabei sollen die Marktteilnehmer vor unlauterem Wettbewerb geschützt werden.
Daraus folgt, dass ordnungsgemäß handelnde Hersteller und Vertreiber gegen Konkurrenten, die gegen die Registrierungspflichten verstoßen, wettbewerbsrechtliche Ansprüche haben. Es bietet sich insofern an, diese – falls nötig – abzumahnen und eine Unterlassungserklärung zu erwirken.