Das OLG Düsseldorf hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass im Rahmen von Google-Ads-Anzeigen aufgrund der nur geringen Werbefläche entsprechend großzügigere Maßstäbe an eine etwaige Irreführung gestellt werden können.
Vorraussetzung ist allerdings, dass die Angaben nicht objektiv falsch sind, und auf der verlinkten Werbeseite selbst entsprechend eindeutige Erläuterungen vorzufinden sind.
How much is the Entschädigungszahlung abzüglich Erfolgsprovision?
Im Vorfeld der Entscheidung hatte ein Dienstleistungsunternehmen damit geworben, bei Flugverspätungen für die Reisenden Entschädigungen bei den Fluggesellschaften zu erwirken. Im Rahmen der Google-Ads Anzeige wurde mit dem Slogan „bis zu 600 Euro Entschädigung für Sie“ auf das Angebot aufmerksam gemacht. Folgte man dem Link, kam man auf die Landing-Page, auf der sich folgender Hinweis befand:
„Sie erhalten ihre Entschädigung (…) Ihr Geld ist da. Wir leiten ihre Entschädigung umgehend an sie weiter und behalten eine Erfolgsprovision von 20 bis 30 % zuzüglich Mehrwertsteuer ein. Haben wir keinen Erfolg, entstehen ihnen keine Kosten.“
Tatsächlich wurde also von dem Unternehmen ein Anspruch gegen die Fluggesellschaft in Höhe von 600 Euro geltend gemacht, angesichts der Erfolgsprovision aber nur ein Maximalbetrag von 456 Euro an den Kunden ausgezahlt.Ein konkurrierendes Inkasso-Unternehmen sah hierin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht in Form einer irreführenden Werbung, und erhob Klage vor dem Landgericht Mönchengladbach.
Kleine Werbung ganz irreführend
Und das mit Erfolg: Sowohl das Landgericht als auch das OLG Düsseldorf als Berufungsinstanz sprachen der Klägerseite einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch zu (LG Mönchengladbach, Urteil v. 2.7.2019, Az. 22 O 46/18; OLG Düsseldorf, Urteil v. 17.7.2020, Az. 15 U 76/19).
Nach Ansicht der Richter seien im Rahmen von Google-Ads Anzeigen zwar grundsätzlich andere Maßstäbe anzusetzen. So müsse dem Umstand Rechnung getragen werden, dass naturgemäß bei solcher Werbung nur eine vergleichsweise geringe Fläche zur Vermittlung von Informationen gegenüber dem Kunden zur Verfügung steht. So dürfe es sich lediglich nicht um eine objektiv unrichtige oder leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Angabe handeln. Solange erkennbar ist, dass es sich um eine unvollständige Kurzangabe handelt, liege keien Irreführung vor. Allerdings müsse die hinter der Anzeige verlinkte Landing-Page eindeutige, etwaige Irrtümer ausschließende Angaben hinsichtlich der Anzeige enthalten.
Dennoch erfüllte die strittige Werbung im vorliegenden Fall nach Ansicht der Richter beide Kriterien nicht. Bereits der Slogan “bis zu 600 Euro Entschädigung für Sie” sei – trotz der Grundsätze zu Google-Ads Werbung – irreführend, da schlichtweg falsch. Es handele sich hier um eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Angabe, für die auch in Anbetracht der geringen Fläche kein Grund bestehe. Ein entsprechender Hinweis zur Provision sei dem Unternehmen möglich gewesen, da bei anderen Google-Ads Anzeigen unter anderem Angaben zur Anspruchsfrist oder Fallbeispielen gemacht wurden.
Diese Irreführung werde auch nicht durch die Hinweise auf der Landing-Page korrigiert. So gehe der Nutzer trotz des Hinweises auf die Provision aufgrund des irreführenden Wortlauts der Google-Werbung regelmäßig davon aus, dass an ihn am Ende bis zu 600 Euro ausgezahlt werden. Im Einzelnen hieß es hierzu in der Urteilsbegründung:
„(Der Kunde) geht davon aus, dass die Beklagte eine ihr (…) zustehende Provision bei der Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der Fluggesellschaft „einpreist“, in dem gegenüber dieser eine Forderung in Höhe von 600,00 € plus Provision geltend gemacht wird, so dass für den Fluggast selbst letztlich 600,00 € „übrig bleiben“. Dass der Entschädigungs- bzw. Ausgleichsanspruch infolge der Fluggastrechte-VO auf maximal 600,00 € begrenzt ist, ist, wie ausgeführt, nicht bekannt (…).“
Fazit
Im Umgang mit Google-Ads Werbung ist folglich Vorsicht geboten. Zwar sind die Ansprüche an eine Irreführung “milder”, allerdings ist erforderlich, dass auf der verlinkten Seite anschließend eindeutig über die Umstände aufgeklärt wird. Die Richter in Düsseldorf haben allerdings betont, dass ein solcher “Ausgleich” dann von vorneherein ausgeschlossen ist, wenn es sich im Rahmen der Google-Ads Anzeige um eine “dreiste Lüge”, also objektiv anlasslos falsche Angaben handelt.