Online-Bewertungen sorgen immer wieder für Zwist vor Gericht. Denn bei Bewertungen geht es am Ende um Kunden-Haben oder Kunden-nicht-Haben und im Zweifel um Geld. Ein neues Urteil des Landgerichts Hannover dreht sich um die Frage, ob man Vorteile gewähren darf für die Abgabe von Bewertungen (LG Hannover, Urteil vom 22.12.2022, Az. 21 O 20/21).
Eher nein. Denn dies ist dem LG Hannover zufolge jedenfalls dann irreführend, wenn nicht erkennbar ist, welche Bewertung ‚echt‘ und welche ‚gekauft‘ sind. Bei den meisten Plattformen sind gekaufte Bewertungen jedoch schon gar nicht vorgesehen und erst recht nicht als solche erkennbar zu machen.
Die Beklagte, ein Online-Handel für Designmöbel, Wohnaccessoires und Leuchten im Premiumbereich, zahlte Kunden „100 X-Points“ für die Abgabe einer Bewertung.
Vorteile gewährt für eine Bewertung
Bei dem Online-Shop war die Abgabe einer Bewertung nur möglich, wenn ein Kundenkonto angelegt war. Teilnehmern eines Bonusprogramms „X Plus“ versprach der Online-Shop für jede abgegebene Bewertung „100 X Points“, im Wert von umgerechnet einem Euro.
Das LG Hannover entschied, dass der Kläger einen Anspruch auf Unterlassung aus den §§ 8 Abs. 1, 3 und 5 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) hat. Nach § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, „wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“. Das Werben mit Bewertungen, für die der Shop sogenannte „X Points“ gewährte, sei „irreführend“, so das LG Hannover.
Geklagt hatte ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher und selbständiger beruflicher Interessen gemäß § 8 Abs. 3 Nummer 2 UWG.
Unabhängige Rezension trotz Teilnahme an Bonusprogramm?
Relevant ist das Urteil des LG Hannover vor allem für Bonusprogramme von Unternehmen. Immer dann, wenn ein Vorteil in direktem Zusammenhang mit einer Bewertung steht, kann dies nämlich wettbewerbsrechtlich problematisch sein. Denn Bewertungen, die vor allem deshalb getätigt wurden, weil der Kunde dadurch einen Vorteil erlangt, sind in der Regel nicht so glaubwürdig wie Rezensionen, die aus freiem Antrieb verfasst wurden. Für andere Kunden können sie eine Irreführung darstellen, da nicht unbedingt ohne weiteres ersichtlich ist, welche Bewertung ‚echt‘ ist und welche ein Kunde vor allem deshalb hinterlassen hat, weil er dafür einen geldwerten Vorteil erhielt.
LG Hannover: Positive Bewertungen gegen Belohnung
Einträge in Bewertungsportalen, die Erfahrungen von Kunden wiedergeben, seien für viele Verbraucherinnen und Verbraucher eine überaus wichtige Informationsquelle, heißt es im Urteil des LG Hannover. Auch wenn Verbraucher „subjektiv gefärbten positiven wie negativen Bewertungen erfahrungsgemäß mit größerer Skepsis begegnen“ würden. Jedenfalls erwarteten Verbraucher, dass ein Bewerter dafür kein Entgelt erhalten habe und dass es sich um keine gekauften, erfundenen Beiträge handelt.
Die Bewertungen im konkreten Fall seien jedoch zumindest teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden. Es sei davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurde, weil die Bewerter durch „X Points“ belohnt wurden. Es liege auf der Hand, dass solche Bewertungen eher positiv ausfielen und nicht als objektiv anzusehen seien, urteilte das LG Hannover.
Es verurteilte den Online-Shop, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Produkte mit „Bewertungen“ zum Kauf anzubieten, wenn auf die Bewertungen Einfluss seitens der Beklagten genommen wurde durch die Ermöglichung des Erwerbs von „X-Points“.