Das Urteil hat nicht nur Rechtsanwalt Arno Lampmann, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz aus Köln erwartet: Das Landgericht Hamburg hat einem starken Mitbewerber um die Gunst von Mandanten in so genannten Massenschadensfällen einiges an Wind aus den Segeln genommen.
Die Kammer stellt aktuell fest, dass rechtsdienstleistende „Legal Tech-Portale“, die z.B. für eine massenhafte Abwicklung von Schadensersatzsprüchen stehen, mit dem Attribut „Kostenlose Beratung“ nur dann werben dürfen, wenn diese Beratung auch in jedem Fall kostenlos ist und auch bleibt. Alles andere sei irreführend und rechtswidrig und damit Auslöser eines Unterlassungsanspruchs. Im vorliegenden Fall hatte ein Portal mit kostenloser Rechtsberatung geworben – aber nur für den Fall, dass das Verfahren auch erfolgreich abgeschlossen werden könnte.
Was sich lapidar anhört, hat für Legal Tech-Unternehmen einen ernst zu nehmenden Hintergrund: Mit dem Argument der kostenlosen Rechtsberatung will man möglichst viele Mandanten zur Anmeldung bringen, um dann aussichtsreiche Fälle schnell von den weniger Erfolg versprechenden trennen zu können. Nach kurzer, meist elektronisch-automatisierter Prüfung, wird dann einigen eine kostenlose Beratung gewährt, anderen wieder nicht.
Gegen diese Taktik wehrte sich der Deutsche Anwaltverein erfolgreich. Der Verfahrensgegner hatte für seine Dienstleistungen mit Aussagen wie „Alle entstandenen Kosten werden übernommen“ und „Kostenlos Bußgeld los“ geworben. Für das Landgericht war klar: Eine Werbung mit kostenlosen Leistungen ist zulässig, aber dann müssen sie auch tatsächlich für alle kostenlos sein, nicht nur für eine ausgewählte Gruppe. Dafür stehe das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb klar und deutlich ein.
Portale wie zum Beispiel „geblitzt.de“ werben mit sehr attraktiven Vergünstigungen.
Rechtsanwalt Arno Lampmann, Partner bei LHR – Kanzlei für Marken, Medien, Reputation: „Das Gericht hat keinerlei Aussagen zur Zulässigkeit von kostenloser Rechtsberatung getroffen und damit Legal Tech-Unternehmen das Recht gelassen, auch in Massen kostenlose Rechtsberatung anzubieten. Allerdings dürfen Unternehmen nicht uneingeschränkt die Werkzeuge der neuen Möglichkeiten nutzen und im Vorfeld der versprochenen Beratung erst einmal aussortieren, was erfolgversprechend ist und was nicht – Eine kostenlose Beratung muss letztendlich auch bis zum Ende und für alle durchgeführt werden, wenn sie in dieser Form angeboten wird!“
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht die jüngst vor dem BGH geführte Diskussion um die Zulässigkeit kostenloser Erstberatung nicht in die Entscheidungsfindung einfließen lassen. Der BGH hatte noch im Juli die grundsätzliche Zulässigkeit kostenloser Erstberatung festgestellt. Das war in Hamburg jedoch nicht Gegenstand des Streits: Denn die vom Legal-Tech-Unternehmen angebotene Gratis-Leistung erschöpfte sich gerade nicht in einer Erstberatung, sondern suggerierte die gesamte Beratung und Abwicklung des Falls.