Wird ein Unternehmen unwahr als Referenzkunde auf einer Website genannt, besteht ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs.1 S.2 analog iVm 823 BGB wegen Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts.
Unterlassungsklage stattgegeben – Nachweis der Zusammenarbeit liegt nicht vor
Die Klägerin ist ein deutscher Versicherungskonzern. Die Beklagte betätigt sich u.a. als Vortragsrednerin, Autorin und Coach für Persönlichkeitsbildung und bezeichnet sich selbst als „Profilerin“. Es erfolgt eine Vermittlung über Agenturen, wobei aber in der Regel im Vorfeld der verbindlichen Buchung und Durchführung der Veranstaltung eine Korrespondenz zwischen Auftraggeber und Beklagten stattfindet. Unter dem Link „References“ gelangt man innerhalb dieses Internetauftritts auf eine Seite, auf der eine Vielzahl juristischer Personen, darunter auch die Klägerin, in alphabetischer Reihenfolge gelistet sind, wobei für jeden Anfangsbuchstaben ein eigener Abschnitt besteht. Hervorgehoben ist zu Beginn der meisten dieser Abschnitte ein lobendes Zitat unter Angabe des Urhebers und seiner Zugehörigkeit zu einem Unternehmen. Überschrieben ist die Seite mit „Kunden & Referenzen“.
Im September 2018 hatte die Klägerin die Beklagte aufgefordert, die Namen ihrer Unternehmensgruppe aus dem oben genannten Internetauftritt zu entfernen. Diesem Verlangen kam die Beklagte zunächst nach. In der Folgezeit wurden die Namen allerdings wieder auf der Internetseite genannt.
Es erfolgten eine weitere Abmahnung durch die Klägerin sowie die Aufforderung zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung. Dieses Verlangen wies die Beklagte allerdings zurück.
Die Klägerin behauptete, es habe nie eine Zusammenarbeit zwischen ihr und der Beklagten stattgefunden. Es seien keine Einträge im IT-System und der zentralen Finanzbuchhaltung sowie der konzernübergreifenden Kommunikationsabteilung vorhanden und die Beklagte sei diesen Abteilungen unbekannt. Die Beklagte verwies auf zwei Veranstaltungen in den Jahren 2008 und 2009, bei denen sie für die Klägerin gearbeitet habe. Buchungs- oder Rechnungsbelege habe sie diesbezüglich jedoch mittlerweile vernichtet, da sie nicht mehr damit habe rechnen können, diese nach so langer Zeit noch einmal zum Nachweis ihrer Tätigkeit zu benötigen.
Das LG Bielefeld hat der Unterlassungs- und Zahlungsklage weitestgehend stattgegeben.
Beeinträchtigung des sozialen Geltungsanspruchs als Unternehmen
Nach Auffassung des LG hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der Nennung ihres Namens sowohl als Kundin als auch als Referenz aus 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB.
Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Anspruchsgegner ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Rechtsgut oder Recht des Anspruchsstellers als Störer beeinträchtigt, keine diesbezügliche Duldungspflicht des Anspruchstellers besteht und weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind, mithin eine Wiederholungsgefahr besteht.
Das LG entschied, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt seien. Indem die Beklagte den Namen der Klägerin auf ihrem Internetauftritt unter der Überschrift „Kunden & Referenzen“ nenne, beeinträchtige sie diese in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Unternehmen, welches eine speziell für Unternehmen geltende Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG iVm § 19 Abs. 3 GG darstellt und als sonstiges Recht von § 823 Abs. 1 BGB erfasst wird. Dieses Recht werde nicht dadurch verdrängt, dass möglicherweise wettbewerbsrechtliche Ansprüche, etwa aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG, bestehen. Der Anwendungsbereich dieser Normen ist freilich begrenzt. Das Wettbewerbsrecht schützt das Unternehmen lediglich im Wettbewerb, setzt demnach ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien voraus. Nach Auffassung des LG liege auch keine vorrangige Betroffenheit des Namensrechts aus § 12 BGB vor, da weder ein Fall der Namensleugnung noch der Namensanmaßung gegeben sei.
Eine rechtswidrige Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts liegt vor, wenn eine umfassende Güter- und Interessenabwägung hinsichtlich der getätigten Äußerung ergibt, dass das Schutzinteresse des Rechtsinhabers die berechtigten Belange des Anspruchsgegners überwiegt. Bei der Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts handelt es sich um einen offenen Tatbestand, das heißt, die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern ist im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen.
Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, welche Sphäre des Persönlichkeitsrechtsschutzes durch die angegriffene Behauptung betroffen ist und wie intensiv diese Betroffenheit ausfällt. An dem durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsbereich nimmt die juristische Person nur insoweit teil, als sie aus ihrem Wesen und ihren Funktionen dieses Schutzes bedarf, weil sie in ihrem sozialen Geltungsbereich als Wirtschaftsunternehmen betroffen ist (BGH, Urteil v. 08.02.1994, Az. VI ZR 286/93)
In den Entscheidungsgründen stellt das LG heraus, dass die Klägerin durch die Angabe ihres Namens in der Rubrik „Kunden & Referenzen“ durch die Beklagte in der Sozialsphäre ihres Persönlichkeitsrechts betroffen sei, da die Beklagte damit jedenfalls zum Ausdruck bringe, mit der Klägerin in der Vergangenheit zusammengearbeitet zu haben. Dadurch werde der Name der Klägerin in einen Zusammenhang zu dem vielgestaltigen Leistungsangebot der Beklagten und ihrem öffentlichen Auftreten gesetzt.
Schutzwürdiges Interesse der Klägerin überwiegt in der Güter- und Interessenabwägung
Insbesondere habe die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse daran, nicht als Kundin oder Referenz für die Beklagte im Rahmen des Internetauftritts genannt zu werden, da sie selbst das Recht hat, ihre soziale Geltung zu definieren und zu entscheiden, für welche Zwecke ihr Name angegeben wird. Dieses Interesse überwiege auch die berechtigten Belange der Beklagten.
Das gegenläufige Interesse der Beklagten an Werbung mit den Namen von Kunden und Angabe von Referenzen sei zwar generell von der Berufsfreiheit, Art. 12 Abs. 1 GG, geschützt, da die Werbung für die Beklagte mittels Internetpräsenz zu ihrer geschäftlichen Tätigkeit gehört.
Jedoch könne dieses Interesse vorliegend keine Schutzwürdigkeit beanspruchen, da nicht ausreichend dargelegt sei, dass eine Zusammenarbeit mit der Klägerin in der Vergangenheit stattgefunden habe, so das LG Bielefeld.
Das Vorbringen, der Beklagten Sie habe nach so langer Zeit nicht mehr damit rechnen können, entsprechende Belege zum Nachweis einer Tätigkeit zu benötigen, hat das Gericht nicht überzeugt.
Im Gegenteil : Als ihre aus § 14b b Abs. 1 UStG folgende Pflicht zur Aufbewahrung einer Rechnung für eine Veranstaltung aus dem Jahr 2008 mit Schluss des Jahres 2018 ablief, hätte ihr bewusst sein müssen, dass sie ihre Tätigkeit möglicherweise noch einmal nachzuweisen hat. Denn sie wurde bereits 2018 von der Klägerin per E-Mail aufgefordert, die Namen von Unternehmen der Beklagten aus der Kunden- und Referenzliste zu streichen, und kam dieser Aufforderung zunächst nach.
Im Ergebnis stellt das Gericht fest : Die Beklagte ist als Zustandsstörerin dazu verpflichtet, es zu unterlassen, die Klägerin als Kundin oder Referenz auf der Website zu führen. Denn von ihrem Willen hängt die künftige Unterlassung ab, da sie den Internetauftritt unterhält. Die Klägerin ist nicht verpflichtet, diese Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts zu dulden. Es besteht Wiederholungsgefahr.
Unternehmenspersönlichkeitsrecht in der Rechtspraxis
Das Urteil verdeutlicht insbesondere die immer größer werdende Rolle des Unternehmenspersönlichkeitsrechts in der Rechtspraxis. Trotz der grundsätzlichen Anerkennung von Unternehmenspersönlichkeitsrechten sind aber noch viele Einzelfragen in Bezug auf Umfang, Ausgestaltung einzelner Schutzgüter, Anwendbarkeit und Abgrenzung ungeklärt.
Insbesondere der BGH hat klargestellt, dass das Persönlichkeitsrecht von Unternehmen existiert, aber gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht natürlicher Personen nur in begrenztem Umfang anzuerkennen ist und sich auf einen Funktionsschutz beschränkt. Daraus folge, dass Unternehmen eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend machen könnten, wenn und soweit sie nach ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren zugewiesenen Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürften. Dies sei insbesondere der Fall, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsbereich als Wirtschaftsunternehmen oder Arbeitgeber betroffen seien. Dabei müssen die organisationsspezifischen Interessen, die das Funktionieren eines Unternehmens ermöglichen oder bei Beeinträchtigung behindern, berücksichtigt werden. (BGH, Urteil v. 8.2.1994, Az. VI ZR 286/93)