Es handelt sich um das zweite große Verfahren, das nach einem Wettbewerbsstreit zweier Rechtsanwälte (wir berichteten hier) beim Oberlandesgericht Düsseldorf zur Wettbewerbswidrigkeit der Werbung mit „Fake-Bewertungen“ verhandelt wurde. Das Oberlandesgericht bestätigt in unserem Verfahren seine strenge Haltung im Umgang mit Kundenbewertungen und entscheidet erneut zulasten des Werbenden. Das Gericht stellt fest, dass das Freischalten von Bewertungen auf Bewertungsplattformen das „zu eigen machen“ dieser Inhalte durch den Werbenden und damit eine geschäftliche Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG darstellt und ihn somit haftbar macht.
Veröffentliche Kundenbewertungen sind Werbemaßnahme
Bei dem Betrieb einer Profilseite auf einer Bewertungsplattform (in diesem Fall der Plattform „ProvenExpert“ ) und der Freigabe darauf eingestellter Bewertungen, handelt es sich nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf um eine klassische Werbemaßnahme, mit der die Antragsgegnerin den Absatz ihrer Produkte/Dienstleistungen zu fördern sucht.
Fake-Bewertungen sind wettbewerbswidrig
Wer im geschäftlichen Verkehr mit Bewertungen wirbt, handelt wettbewerbswidrig, wenn er im Prozess nicht darlegen kann, dass den Bewertungen ein echter Kundenkontakt zugrunde lag. In Betracht kommen Verstöße gegen § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 23c (Übermittlung oder Beauftragung von gefälschten Bewertungen) sowie Nr. 23b (bloße Unterlassung verhältnismäßiger Maßnahmen zur Überprüfung der Echtheit der Bewertungen) des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG (sog. „Blacklist“).
Wesentliche Punkte der Urteilsbegründung:
- Eindeutige Haftung: Unternehmen, die Bewertungen freischalten, gelten als Verantwortliche für den Inhalt, selbst wenn die Bewertungen von Dritten stammen.
- Strenge Prüfungspflicht: Es wird von den Unternehmen erwartet, dass sie die Authentizität der Bewertungen sicherstellen und im Zweifel kenntlich machen, dass eine Überprüfung nicht stattgefunden hat.
- Verbraucherschutz im Fokus: Das Gericht stellt klar, dass die Argumentation der Antragsgegnerin, Bewertungen ohne Prüfung öffentlich machen zu können, eine Aushöhlung des Verbraucherschutzes bedeuten würde. Die Entscheidung betont, dass es nicht um den Schutz der werbenden Unternehmen geht, sondern um den Schutz der Verbraucher vor irreführenden oder gefälschten Bewertungen.
Das Urteil verweist auf den Erwägungsgrund 47 der Omnibus-Richtlinie sowie die §§ 5a Abs. 1 und 5b Abs. 3 UWG. Diese Vorschriften zielen darauf ab, Verbraucher vor der Bewerbung von Waren und Dienstleistungen mit gefälschten oder nicht ausreichend überprüften Kundenbewertungen zu schützen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die veröffentlichten Bewertungen authentisch sind oder eindeutig darauf hinweisen, wenn eine Überprüfung der Authentizität nicht möglich war.
Implikationen für die Praxis
Unternehmen müssen die Kontrolle und Veröffentlichung von Kundenbewertungen sorgfältig handhaben, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Dies erfordert eine gründliche Prüfung der Bewertungen und gegebenenfalls eine deutliche Kennzeichnung. In Zeiten des stetig weiter anwachsenden Online-Handels ist die Werbung mit Kundenbewertungen ein brisantes Thema, das die Rechtsprechung sicherlich noch intensiv beschäftigen wird.
Besonders relevant wird dies für Plattformen, auf denen Bewertungen ohne jegliche Vorprüfung durch den Unternehmer eingestellt werden können, wie beispielsweise Google Maps.
Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf kann sich hier ein erhebliches Haftungsrisiko daraus ergeben, dass das Unternehmen kein hinreichendes Prüfungssystem zur Sicherung der Authentizität der Bewertungen eingerichtet hat. Unternehmen sind daher gut beraten, ihre Bewertungsmanagement-Prozesse zu überdenken und entsprechende Maßnahmen zur Überprüfung und Sicherstellung der Echtheit von Kundenbewertungen zu implementieren.