Amazon hat offenbar kein gutes Händchen für E-Zigaretten. Das Unternehmen handelt sich in kurzer Zeit die nächste einstweilige Verfügung im Zusammenhang mit den Verdampfern ein.
Diesmal geht es aber nicht um die Duldung von pflichtwidrig nicht registrierten Händlern auf der Plattform, sondern um die Werbung für (unter anderem auch solche eben nicht registrierte) Amazon-Händler mittels AdWords-Advertising und die Reichweite des Werbebegriffes des TabakerzG.
Werbung für E-Zigaretten innerhalb von AdWords
Die Online-Plattform Amazon hatte eine Google-AdWords-Anzeige geschaltet, die unter anderem den Handelsnamen eines Verdampfers für E-Zigaretten mit anschließendem Zusatz „bei Amazon.de“ beinhaltete. Problematisch nur, dass § 19 Abs. 2, 3 TabakerzG jede Internet-Werbung für E-Zigaretten grundsätzlich unter Verbot stellt. Einem entsprechenden Vorwurf entgegnete Amazon, dass durch diese Anzeige keine Tabakprodukte beworben würden. Der Anzeige seien – was zutrifft – keinerlei Hinweise zu entnehmen, aus denen sich schließen ließe, dass sich der angegebene Handelsname gerade auf E-Zigaretten beziehe. Vielmehr mache das Unternehmen mit der beanstandeten AdWords-Anzeige auf sich selbst aufmerksam.
Diese Argumentation überzeugte nicht: Beim LG Frankfurt a.M. ging ein entsprechender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein, dem vollumfänglich stattgegeben wurde. Mit einem im einseitigen Verfahren erlassenen Verfügungsbeschluss wurde Amazon aufgegeben, die Schaltung derartiger AdWords-Anzeigen in Zukunft zu unterlassen (LG Frankfurt a.M., Beschluss v. 25.01.2019, Az. 3-08 O 9/19). Der Beschluss ist aufgrund der im Ausland zu bewirkenden Zustellung noch nicht wirksam und dementsprechend auch noch nicht rechtskräftig.
Werbebegriff für E-Zigaretten und Grund für die weite Auslegung
Aus dem durch das Gericht erlassenen Unterlassungsgebot lässt sich folgern, dass AdWords-Anzeigen, wie die im Verfahren beanstandete, Werbung für E-Zigaretten i.S.d. § 19 Abs. 2, 3 TabakerzG darstellen. Dabei reicht für die Annahme derartiger Werbung aus, dass der bloße Handelsname eines Bestandteils für E-Zigaretten genannt wird.
Es kommt nicht darauf an, dass dieser Handelsname darauf schließen lässt, dass er eine E-Zigarette oder deren Bestandteil bezeichnet. Ebenso unerheblich ist das Fehlen etwaiger Beschreibungen zum bestimmungsgemäßen Gebrauch. Somit kann sich der Werbende nicht damit rechtfertigen, dass lediglich der Handelsname genannt, ansonsten aber keine werblichen Hervorhebungen erkennbar werden. Allein die Nennung des betreffenden Handelsnamens innerhalb einer AdWords-Anzeige reicht für die Annahme von Werbung für E-Zigaretten aus.
Diese weite Auslegung des Werbebegriffes im Sinne des § 19 Abs. 2, 3 TabakerzG steht vor allem damit im Zusammenhang, dass der Erwägungsgrund 43 der EU-Tabak-Richtlinie (RL 2014/40/EU) ausdrücklich einen „restriktiven Ansatz in Bezug auf die Werbung für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter“ vorsieht. Dieser resultiert aus der Eigenschaft von E-Zigaretten, sich als „Mittel für den Einstieg in die Nikotinabhängigkeit“ zu entwickeln.
Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das LG Frankfurt a.M. genügte auch deshalb bereits das schlichte Werben mit dem Handelsnamen eines Verdampfers für E-Zigaretten, ohne dass dieser Aufschluss über die Möglichkeiten der konkreten Verwendung gegeben hätte.
Im zugrundeliegenden Fall ließen aber auch weitere Umstände den Schluss zu, dass es sich sich bei der konkreten AdWords-Anzeige um Werbung für das dort benannte Produkt handelte. Gibt z.B. eine Online-Plattform in einer AdWords-Anzeige zu verstehen, dass das bezeichnete Produkt – so hieß es ausdrücklich – „bei“ dem Unternehmen zu erhalten sei, so kann dieser Zusatz bereits für die Annahme einer produktbezogenen Werbung ausreichen: Das Produkt steht im Mittelpunkt, nicht hingegen das ebenfalls genannte Unternehmen.
Zudem kann für die Qualifikation als Werbung sprechen, dass die AdWords-Anzeige – was zweckmäßigerweise immer der Fall sein wird – über einen Link unmittelbar zu der Internetseite führt, auf der das Produkt käuflich zu erwerben ist.
Fazit: Werbeverbot bleibt Werbeverbot
Aus guten Gründen steht Werbung für E-Zigaretten im Internet unter Verbot. Zweck des Verbotes ist der Verbraucherschutz. Gerade E-Zigaretten werden gerne verharmlost und sind oft der erste Schritt in die Abhängigkeit. Damit Verbraucher nicht unnötig dazu verleitet werden, sich selbst und andere durch Rauchen zu schädigen, ist restriktives Bewerben von Tabakprodukten ebenso wie die möglichst restriktive Annahme etwaiger Ausnahmen förderlich.
Wer sich in Spitzfindigkeiten zur Rechtfertigung unzulässiger Werbung verliert, hat schlechte Karten. Die einstweilige Verfügung des LG Frankfurt a.M. zeigt eine eindeutige Tendenz: Die Hürde der Zulässigkeit von Werbung für E-Zigaretten oder deren Bestandteile ist hoch. So erstreckt sich das Verbot auch auf die bloße Nennung des betreffenden Handelsnamens innerhalb einer AdWords-Anzeige. Eine „Tarnung“ von Werbung, etwa durch Einbettung der Produktwerbung in eine vermeintliche Unternehmenswerbung, wird leicht entlarvt.
Update
Amazon setzte sich gegen die Entscheidung zur Wehr, musste jedoch in der ersten Instanz erneut eine Niederlage hinnehmen. Das in der Berufungsinstanz sodann angerufene OLG Frankfurt a.M. hielt demgegenüber unter anderem eine teleologische Reduktion des § 19 Abs. 2, 3 TabakerzG für geboten und hob die einstweilige Verfügung auf.