Wer nicht hören will, muss fühlen. Das dachte sich auch ein Wettbewerbsverband und schaltete nach Versand einer Abmahnung noch einen Anwalt ein.
Ob nach einer Eigenabmahnung Anwaltskosten überhaupt erstattungsfähig sind, darüber entschied das OLG Frankfurt a.M.
Mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, das kann – buchstäblich – nach hinten losgehen. Dies bekam der Kläger, ein Wettbewerbsverband, vor dem OLG Frankfurt a.M. (Beschluss vom 09.04.2019, Az. 6 U 13/19) zu spüren.
Er hatte dem Beklagten wegen Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Informationspflichten eine Abmahnung geschickt. Dieser hegte Zweifel an der Rechtmäßigkeit und bat den Verband daher – mittels anwaltlichen Schreibens – um Mitteilung der Gründe. Der Verband mandatierte daraufhin seinerseits einen Rechtsanwalt, der dem abgemahnten Beklagten die Gründe der Abmahnung schriftlich erläuterte.
Der Beklagte gab nach Erhalt des Anwaltsschreibens zwar die strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, der Verband blieb jedoch auf seinen Kosten sitzen. Seine Klage auf Kostenerstattung für das Anwaltsschreiben wurde vom Landgericht Darmstadt abgewiesen.
Erläuterung eines Abmahnschreibens durch Anwalt?
Das OLG Frankfurt schloß sich dem Votum des LG Darmstadt an und stufte die Kosten des Anwaltsschreibens nach Eigenabmahnung des Verbands in diesem Fall als nicht erstattungsfähig ein.
Es verwies zur Begründung auf die Entscheidung „Kräutertee“ des BGH. Darin wurde die erste Abmahnung als Angebot des Unterlassungsgläubigers gewertet, den Konflikt außergerichtlich zu lösen. Wenn dieser dann direkt im Anschluss doch noch einen Anwalt einschalte, sei dies in der Regel unnötig und nicht erstattungsfähig.
Einfache Erläuterungen muss der Verband selbst vornehmen
So auch in diesem Fall. Der Beklagte erkundigte sich nach Erhalt der Abmahnung schlicht nach einer näheren Begründung. Die Erstabmahnung war somit nicht bereits erfolglos, sondern bedurfte zunächst nur einer Erklärung. Diese einfache Erläuterung des Sachverhalts und grundsätzlicher rechtlicher Erwägungen müsse ein Wettbewerbsverband selbst vornehmen können. Vornehmlich deshalb, weil der Verband sich mit dem Sachverhalt und dessen rechtlicher Einordnung ja bereits im Vorfeld der Abmahnung beschäftigt hat. Darüber hinaus musste er sich über die Konsequenzen einer Eigenabmahnung – z.B. Klärungsbedarf seitens des Abgemahnten – im Klaren und entsprechend vorbereitet sein. Vor diesem Hintergrund kam das OLG Frankfurt zu der Entscheidung, dem Verband die Erstattung der Anwaltskosten zu verwehren.
Gilt dies auch bei anwaltlicher Vertretung der Gegenseite?
Es ist jedoch auch eine andere Bewertung denkbar. Die Einschaltung eines Anwalts durch den Verband hätte als gerechtfertigt angesehen werden können, denn schließlich wurde der abgemahnte Beklagte ja seinerseits anwaltlich vertreten. Die anwaltliche Forderung, eine Abmahnung zu erläutern, erfordert in der Regel eine rechtlich entsprechend fundierte Erwiderung, da der Anwalt sich mit der schlichten Wiederholung allgemeiner Aussagen zur Abmahnung nicht zufrieden geben wird.
Diese Variante kann im konkreten Fall jedoch dahingestellt bleiben, da es sich hierbei um einen eindeutigen, rechtlich verhältnismäßig einfach darstellbaren Verstoß handelte. Seitens des Verbands wurde auch nichts Gegenteiliges vorgetragen.
Bei unklarer Rechtslage: Anwalt einschalten!
Die Rechnung des Verbands ging jedoch insofern auf, als dass der abgemahnte Beklagte die Unterlassungserklärung nach Erhalt des Anwaltsschreibens unterzeichnete. Möglicherweise, weil er das Unrecht einsah, vielleicht aber auch aufgrund des latenten Drucks, sich einem Anwalt gegenüberzusehen und eine weitere rechtliche Eskalation vermeiden zu wollen.
Die Einschaltung eines Anwalts nach einer Abmahnung kann durchaus notwendig sein. Etwa, wenn es einer vertieften rechtlichen Darstellung der Problematik bedarf, die über die schlicht allgemeine Skizzierung der Gründe für die Abmahnung hinausgeht. Auch die Entstehung neuer rechtlicher Probleme kann dazu führen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts angezeigt ist.
Wir haben uns auf den Schutz von Unternehmen und Persönlichkeiten spezialisiert. Falls Sie zu den Betroffenen von unzulässigen Abmahnungen gehören, rufen Sie uns gern an oder schreiben uns eine E-Mail.